5. November 2004Schreibt mir der Luef: "Dear Martin;
Typisch; vor 1 Stunde wollte ich schon heimfahren, jetzt sitze ich noch immer vor dem
Computer. ..."
Ich kann ihm das nachfühlen. Bei mir isses noch schlimmer.
Ich sitz vor dem Computer und BIN schon daheim. Der Grazer Jazzer hat grade für eine
soziale Initiative (SOEB) gespielt. Und zwar im Grazer Schloßbergstollen:
"... und wie Du sehen kannst war es so kalt, dass
ich im Bergsteiger-Outfit (mit langer Unterhose) gespielt habe."
Gut zu wissen, daß der Mann in solcher Hinsicht belastbar
ist. Denn er hat mir zugesagt, bei "The Junction"
mitzuziehen, was sich ja vor allem im Freien abspielt. Der Sommer ist eindeutig vorbei.
Was den Vorteil bietet, daß die Strecken nicht mehr so üppig bewachsen sind. Wodurch
meine Gänge leichter fallen.
Cut!
Apropos warm anziehen. Hubsi Kramar widmet
sich grade dem "Großinquisitor", jener bewegenden Passage aus Dostojewskijs
großem Roman "Die Brüder Karamasow". Und schickt die Leute dafür auch in die
Kälte:
"folter terror krieg und schlächterei alles im
Dostojewskij-text angelegt - der bunker liefert den richtigen ort .- es ist eben keine
operette und kein kuscheltheater -"
Im
KABELWERK-BUNKER, A-1120 WIEN, OSWALDGASSE 33
1. bis 4. und 7. bis 11. Dezember 04, Beginn: 20.00 Uhr
Info und Karten: 01/577 22 65, www.
hubsikramar.net
Ich hab natürlich ein Faible für Vorhaben, die sich an
Orten entfalten, welche nicht mit gewohnter Kunstinszenierung verknüpft sind. Bei
Dostojewskij treffen wir uns in der Wildnis ...
"also warm anziehen (sollte man sowieso), feste
schuhe, taschenlampen und eine augenbinde (man kann mit verbundenen augen, muß aber nicht
wie ein gefangener hingebracht werden) - siehe im anhang kann schon weitergeleitet werden
- (bin schon gespannt wie die "Theater-Polizei" diesen raum zulässt) liebe
gruesse hubert"
Cut!
So. Der stammelnde Prediger wurde zur Abwechslung
tatsächlich von einer Mehrheit gewählt. Wie gestern schon erwähnt, religiöse Eiferer
an der Macht, das beunruhigt mich Europäer zwar, denn da schauen wir auf dem Kontinent
nun mal auf die letzten tausend Jahre zurück, in denen die "christian
soldiers", von Fürsten und Bischöfen in Gang gesetzt, das Schlimmste waren, was
über ein Volk, ein Land hereinbrechen konnte.
Zwar möchte ich annehmen, daß sich jede Soldateska
gleicht, Hunnen, Osmanen, Kreuzfahrer, ganz egal, aber die politischen Konzepte, denen die
Truppen Wege bahnen, unterscheiden sich doch erheblich. Im Sinne von: was wird den
Menschen im neuen Wirkungsbereich angeboten, was wird ihnen gelassen etc.
Also. Die Bushies haben sich durchgesetzt, wir sollten
unsere Ressentiments gegen Awmerika überdenken, unsere Kritik zurücknehmen. Gut.
Bestenstens. Vielleicht gibt es von der Partie ja was zu lernen. Ich schau mir das jetzt
mal genauer an, weil ja, wie der Volksmund sagt, nein, eine erfolgreiche Werbeagentur: Nur
der Vergleich macht Sie sicher!
Blende!
Ressentiments gegen die Türkei ...
Dabei verstellt der sture Blick auf Kleinasien die Sicht auf Zentralasien. Die ehemaligen
Mitgliedsstaaten der vormaligen UDSSR im Kaukasus sind fast ausschließlich von
Turkvölkern belebt. Mit denen Rußlands Putin ein Programm fährt, da kann einem schlecht
werden. Das weist ein wenig auf eine kommende Katastrophe hin.
Derweil schau ich, wie sich Awmerika ein Stück weiter
östlich aufführt, da wird mir auch schlecht. Was Afghanistan für Rußland war, ein
Trauma, das könnte der Irak für die Vereinigten Staaten werden. Auch wenn man uns
dauernd beteuert, daß mit der Einführung der Demokratie dort alles bestenstens liefe.
Rußlands Engagement im Kaukasus sieht nach einem Fiasko
aus. Awmerikas Engagement im Nahen Osten sieht nach einem Fiasko aus. (Nebenbei: Arafat
liegt im Sterben.) Und wir Alpen-Adria-Europäer wollen mit der Türkei nicht mal ins
Gespräch kommen. Aber Putin freut sich, daß Bush regiert.
Das kann uns hier nicht wurscht sein. Denn sollten nebenan
die Läden hochgehen, nicht ganz ohne dezente Beiträge von Putin und Bush, erreicht uns
das unter Garantie. Wäre also nicht blöd, zum Beispiel schon jetzt mal mit der Türkei
ins Gespräch zu kommen, was sich in den nächsten zwanzig Jahren alles ereignen könnte.
Und wie wir uns da zueinander verhalten wollen.
Zumal ja unsere südslawischen Nachbarn auch noch nicht aus
den Schwierigkeiten heraußen sind. Was uns mit der Türkei gewissermaßen verbindet. Da
unser beider Staaten aus den Reichen von Dynastien hervorgegangen sind, denen der Osmanen
und der Habsburger. Die BEIDE im Lebensraum der Südslawen über Jahrhunderte nach
belieben umgerührt haben, vor allem im 19. und 20., was bedeutet: wir stecken in all dem
tief mit drinnen. Auch wenn wir lieber annehmen, "die Tschuschen" hätten das
alles selber vermasselt. Nö! Denkste!
Die Katastrophe Jugoslawiens haben wir mitfabriziert. So
ist es also schon recht erstaunlich, wie WEIT die Zusammenhänge reichen, wenn man sich
fragt: Wo endet Europa? Ziemlich unscharfe Grenzen, was?
Österreich - Balkan - Türkei - Zentralasien - Naher Osten
... reden wir also drüber, was Bush's Awmerika in Sachen Demokratie drauf hat. Das
möchte ich gerne genauer wissen ...
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