22. Oktober 2004Jabuka. Ist das serbische Wort für Apfel. Worauf man als
"Lateiner" von selbst nicht so leicht kommt. Diese Sprache funktioniert zudem
völlig anders als die unsere. Ich habe es zuletzt in Wien gehört, daß ein
Österreicher, Gast in einem slawischen Lokal, die Leute dort in diesem typischen
"Gastarbeiter-Deutsch" anquatscht, weil er offenbar meinte, man würde ihn sonst
nicht verstehen.
Das österreichische Gestammel reflektiert den anderen
Satzbau und das Fehlen von Artikeln im Slawischen. Es reflektiert überdies jene heimische
Arroganz. Mit der sich etwa Immigranten nach vielen Jahren sagen lassen müssen: "Oh,
sie sprechen aber gut deutsch." Worauf mein Mädchen gerne lächelt und sagt:
"Ja, ich esse auch schon mit Messer und Gabel."
Das serbische Wort Kruka bedeutet Birne. Wovon sich
mein Name "Krusche" herleitet. Weshalb Nina mich vorzugsweise "Herr
Birne" nennt. Oder manchmal mit aller Verschmitztheit einer Sechsjährigen sagt:
"Ich würde gerne eine Biiirne essen. Aber die ist mir zu groooß." Nun gibt es
allerdings ein aktuelles Birnen-Portrait, das sie angefertigt hat.
Cut!
Der amerikanische Schriftsteller Gore Vidal meinte im
"profil" der Vorwoche:
"Wenn die Mafia eine Bank ausraubt,
bombardieren wir ja auch nicht Palermo."
Aber auf diesem Niveau wird eben immer noch Weltpolitik
gemacht. Awmerika, also die Bush-Administration, hat in Guantanamo die Justiz verhöhnt,
mit der Irak-Mission das Völkerrecht verletzt, schließlich der Al Quaida dort überhaupt
erst die Wege geebnet. Und Voraussetzungen geschaffen, daß Gerätschaften verschwinden
konnten, mit denen man der Herstellung von Atombomben zuarbeiten kann. Von der
verschnarchten Plünderung jener Museen, aus denen unersetzliches Kulturgut verschwunden
ist, höre ich heute nichts mehr. Was die Folterungen und sexuellen Demütigungen der
Muslime, sowohl in Guantanamo als auch im Irak, in der arabischen Welt bewirken, ist dem
arroganten Christen Bush und seiner Kamarilla offenbar auch unklar. Die darin enthaltene
Attacke auf die "Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte" scheinen diese Christen gelassen in Kauf zu
nehmen.
Kurzum, diese Leute bürden der Welt Konsequenzen auf, die
sich durch keinerlei Sicherheitstechnik werden aus der "zivilisierten" Welt
rausschaffen lassen. Logistische Probleme haben die amerikanischen Dienste daran
gehindert, verfügbares Material, das auf die WTC-Attacke hinwies, auszuwerten. Die Täter
waren offenbar keine "derangierten" Wüstensöhne, sondern unauffällige
Männer, die längst im Westen gelebt haben und da nicht sonderlich auffielen etc. etc.
Das alles ergibt nur einen von mehreren Höhepunkten im
unfaßbaren Zeitraum der letzten tausend Jahre: Landnahmen, Raubzüge, Schlachten und
Massaker ... nichts hat gefehlt, was sich menschliche Phantasie auszumalen vermag. (Denn
vom Overkill haben wir keine plausible Vorstellung. Den Bildern aus Hollywood würde ich
dabei mißtrauen. Das Pentagon steckt zu viel Geld in die Traumfabrik.)
Ein Jahrtausend der Grausamkeiten aller gegen alle ...
außer jenen, die zu schwach waren sich durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund klingt mir
all dieses Geblöke unerträglich, in dem die Idee ausgeschlagen wird, mit der Türkei
Verhandlungen zu beginnen, was in 15 Jahren (15!!!!) Grundlage von Allianzen in Europa
sein KÖNNTE.
Endlich! Endlich werden denkbare Veränderungsschübe auf
diesem Kontinent nicht zu allererst mit Säbelrasseln behandelt, sondern schon PROSPEKTIV
mit der Bereitschaft zu Verhandlungen ins Auge gefaßt. Welch ein Agent der Blödheit muß
man sein, diese Chance zu blockieren? In Unkenntnis oder völliger Ignoranz eines Packens
von Landkarten, die das heutige Europa und Kleinasien bloß während der letzten 200 Jahre
zeigen. In ihren veränderten Grenzen und Machtsituationen.
Man würde solchen Knalldeppen ja keine Übersicht der
tausend Jahre abverlangen. Bloß ZWEI-HUN-DERT Jahre. Die uns demonstrieren: da haben doch
meist alle gegen alle die Waffen gezückt. Um die Kräfteverhältnisse zu verschieben.
GERADE mit der Türkei zu VERHANDELN, über Inhalte,
Möglichkeiten, Bedingungen, Perspektiven, ist ein Lichtblick am Horizont europäischer
Geschichte. Denn genau DAS ist der Kontrast zu unüberlegten Kampfhandlungen, durch die
man Flächenbrände entzündet oder Böden unterminiert.
Da man uns grade ganz gerne an die "christlichen Werte
des Abendlandes" erinnert, wenn von Europa die Rede ist, sollte an BYZANZ erinnert
werden. Die "andere Hälfte" des "Imperium Romanum". Jenes Byzanz, das
im genannten Zeitraum über Jahrhunderte sich mit Arabern, Seldschuken, Turkvölkern und
und und geschlagen hat. Aber der völlige Zusammenbruch des "oströmischen
Reiches" ist das "Verdienst" von Kreuzrittern und venzianischen Kaufleuten
gewesen.
Dieses Abendland hat noch eine Menge Arbeit VOR sich, um
herauszustellen, was seine Werte seien, die sich in der Praxis einer Welt empfehlen
ließen. Dabei die Ambitionen von Kreuzrittern und Kaufleuten etwas zurückzustellen und,
beispielsweise, mit den Türken in Gespräche zu kommen, statt Wachtürme zu befestigen,
wäre ein interessanter Ansatz. Nach einem Jahrtausend der Landnahmen, Raubzüge,
Schlachten und Massaker ...
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