16. Oktober 2004 Mein Leben
beschert mir gelegentlich Überraschungen, die sind so schrullig, daß man es nicht
glauben möchte. Eben bekam ich den Tip, ich hätte auf der Website des "Steirischen Seniorenbundes" als
Coverboy reüssiert. Tatsächlich. Ich rangiere hier (ins Gespräch mit Theatermann Hans Fraeulin vertieft) neben
Landeshauptmann Waltraud Klasnic und dem vormaligen Landtagspräsidenten Franz Wegart.
Was insofern Charme hat, als meinen Erfahrungen mit der
steirischen Landes-VP von einigen grellen Seiten geprägt ist. Da fällt nun diese neue
kleine Episode in einen satten Kontext.
Der steirische Ladyboss war mir einmal im Wort und hat es
nicht gehalten. Da ging es um eine peinliche Geschichte. ÖVP-Personal hatte seinerzeit
einen Text von mir geplündert und die Versatzstücke ausgerechnet in das kulturpolitische
Programm der ÖVP geklittert. So unverblümt, daß dieser Raub geistigen Eigentums
unübersehbar blieb. (Siehe DOKU.)
Von links: Landtagspräsident a.D.
und SS-Sympathisant Franz Wegart, Landeshauptmann und Kulturreferentin Waltraud Clasnic,
Autor Martin Krusche und Theatermann Hans Fraeulin auf dem Cover der Seniorenbund-Website.
Zwei Personen, die für diesen Vorfall wesentliche
Verantwortung trugen, sind ausgerechnet im Kulturbereich inzwischen etwas geworden.
Autorin Andrea Wolfmayr dient dem Lande im Parlament und ist Kultursprecherin der ÖVP: "Der Literatur-Nobelpreis ist Ausdruck des Respekts und der
Hochachtung vor einer großen Künstlerin, gratulierte heute, Donnerstag,
ÖVP-Kultursprecherin Abg. Dr. Andrea Wolfmayr der Schriftstellerin zu dieser
Auszeichnung." [Quelle]
Bernhard Rinner wurde zum Geschäftsführer der Kultur Service
GesmbH., die ein mächtiges kulturpolitisches Instrument der steirischen ÖVP ist. Und
OHNE die hier nicht all zu viel geht, wie mir scheint. Soviel zu den schwarzen Jungspatzen
...
Seniorenbund-Obmann Franz Wegart ist mir dadurch in
Erinnerung, daß er sich mehrfach öffentlich zur "Kameradschaft IV" gestellt
und Kritik daran energisch zurückgewiesen hat. Diese Runde ist ein Traditionsverband, der
meines Wissens jener "vierten Waffengattung" (neben Armee, Luftwaffe und Marine)
gewidmet ist, die der Nazi "Schuttzstaffel" war. Man sagt allgemein: die SS.
Journalist Sepp L. Barwisch überbrachte zu dessen Abschied
aus dem Landhaus im Jahre 1993 einst Wegarts Vermächtnis. Wegart, der manches für
verzichtbar hielt, "... aber Fahneneid, Gehorsam, Disziplin und Kameradschaft halte
er für zeitlose Werte", übermittelte uns:
"Als letzter aktiver Politiker der
Frontsoldaten-Generation möchte ich an die jüngere Generation appellieren, sich für das
Land zu exponieren, zeitlose Werte nicht über Bord zu werfen und im Hinblick auf kommende
Herausforderungen Solidarität zu üben."
Somit hätten wir hier gleich einen weiteren authentischen
Beitrag zum Thema "Konservative". Wegart, na, offen gesagt: auf Ratschläge
eines unverbesserlichen Parteigängers der Nazi-SS wird gepfiffen. Die vergangenen hundert
Jahre haben ja wesentlich reputierlichere Ratgeber aufzuwarten ... falls man gerade Rat
sucht.
Wenn solche Herren, die dem Holocaust mit ihrem Treueeid
auf die Reichskriegsflagge den Rücken gestärkt haben, heute wenigstens beschämt
schweigen würden, wär einem ja angesichts des Geschehenen ETWAS leichter. Aber sie
rekommandieren sich aus hohen Ämtern des Landes, worüber einem schlecht werden könnte.
Von dieser Art Kameraden kann man für die Zukunft
Europas nichts lernen. Sie waren schon in der Vergangenheit Europas nicht gerade ein
Segen. Nun stehe ich diesem Kameraden also virtuell zur Seite, bin vermutlich schlechte
Gesellschaft für ihn, und sage mir: das Schicksal ist doch launenhaft ...
Hier sieht man das vollständige
Bild. An dem ich Gefallen hab, denn besser als mit diesem "ready made"
hätte man meinen Akt "Die Pflege der Barbaren" nicht ergänzen können.
[kontakt] [reset] |