6. Oktober 2004Liebe Elfriede!
Das ist eine so schöne Formulierung, wenn ich daran denke,
wie Boulevardgröße Günther Nenning seine wehleidigen Belehrungen an unter anderem
Autorin Elfriede
Jelinek richtet, wenn ich mir ihren Gesichtsausdruck dazu vorstelle.
Selbst wenn dieser Kontext längst vergessen sein wird,
diese peinliche Austrokoffer-Österreichs-Generalliteratur-Komplex powered by
Kronenzeitung von Ich-war-schon-alles-Nenning, bleibt das ein irgendwie berührendes
Sätzchen: Liebe Elfriede!
Cut!
"Ist eine neue Kraft in diesen Worten, nach diesen
Zeiten endloser Erklaerungen? Billige Effekte oder kraftvolle Zeichen? Banalitaet oder
Wege mit der Banalitaet umzugehen? Rationalismus oder intuitives Glauben? Das Ergebnis von
Traumata oder neuer Mut? Fluechten oder eine Balance der Realitaet?"
... schrieb mir die serbische Malerin Svetlana Volic.
Es geht um das Stichwort "Engel". Kommendes Wochenende geht dazu die erste
Projekt-Site bei "The
Crossing" online.
Cut!
"Europa ist nur die Spitze des unermeßlichen
asiatischen Kontinents", schreibt Historiker Jacques Le Goff. Europa, eine Halbinsel
Asiens. Uuups! Was mit dem Franzosen fragen läßt: "Welches sind die Grenzen Europas
im Osten?"
Der Historiker Immanuel Geiss betont die bis in die
Gegenwart enorm wirksame alte Grenze zwischen "Ostrom" und "Westrom":
"Das geographische Europa zerfällt nach Latinität und Orthodoxie in zwei
Blöcke." Aber offenbar gehen konservativ-katholische Kreise davon aus, das
"lateinische Europa" sei sowieso längst Stand der Dinge. Weshalb wir offenbar
diesen alten INNEREUROPÄISCHEN Bruch nicht mehr zu bearbeiten hätten. Weshalb uns der
Islam als maximale "Problemquelle" vorgeführt wird. Freilich nur implizit. Denn
da sagt ja niemand offen, daß wir Muslime draußen halten sollten.
Als ich unlängst, bei meinem Besuch in Beograd, den Sohn
eines Moslems und einer Serbin gefragt habe, wieso denn wohl Serben und Kroaten seit
Jahrhunderten so ein krisenanfälliges Verhältnis zu einander hätten, meinte er:
"Die Religion. Sie sind Katholiken, wir Orthodoxe."
Geiss meint, daß Europa, welthistorisch betrachtet, die
längste Zeit seiner Geschichte Peripherie der "Oikumene", der von Menschen
bewohnten Welt gewesen sei. "Nach dem Aufkommen der altorientalischen Hochkultur ab
etwa 3000 v. Chr. blieb Europa noch lange unterentwickelte Peripherie."
Islamistik-Experte Chistoph Reuter meint, daß diese
Hochkultur in der Niederlage der Osmanen, 1683 vor Wien, einen entscheidenden Bruch
erlitten habe. Und rund 100 Jahre danach, als Napoleon in Ägypten landete, sei das
aufgeklärte, wissenschaftlich und technisch äußerst leistungsfähige Europa zum Schock
für die Islamische Welt geworden. (Von dem sie sich bis heute nicht erholt habe.)
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