28. September 2004

Auf meinem Weg über die Felder kreuzt mein Weg manchmal den eines Bauern, der aussieht, als haben Jacques Tati ihn erdacht und nach Dreharbeiten in der Oststeiermark vergessen. Dieser Bauer fährt einen Steyr-Traktor, der gut 40 Jahre drauf hat. Das ist die Art Traktor, über die mir erzählt wurde, ein Bauernsohn habe nach Kräften versucht, dem Ding einen Motorschaden beizubringen, damit der Vater endlich was Moderneres kauft. Was soll ich sagen? Der Vater fand keinen Grund, was Moderneres zu kaufen. Der Sohn hätte den Steyr abfackeln müssen. Wofür ihm die Courage fehlte. Aber. Ich meine ja einen anderen Bauern. Der gelegentlich mit steinerner Miene an mir vorbeifährt. Dabei mit unglaublicher Langsamkeit und Grandezza die mir zugewandte Hand eine Geste des Grußes machen läßt.

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Von einer Anrainerin, mit der ich ins Gespräch kam, erfuhr ich, daß er alleine lebe, noch einige Stück Vieh habe und für andere Menschen allerhand Dienste ausführe. So auch das Mähen, das sonst überall vernachlässigt werde, da könne das Gras Meterhoch stehen, was furchtbar aussehe, da verkomme alles. Warum? Weil niemand mehr Vieh habe, also das Gras nicht gebraucht werde.

Außer von Leuten wie ihm, der besonders hier heroben gerne mähen würde, weil das Gras, das die Wasserschutzbehörde habe säen lassen, besonders gut sei.

Cut!

Das aktuelle profil hat mir nun mit dem präzisen Wortlaut Wilfried Seipels Anrede ausgeholfen. Der Direktor des Kunsthistorischen Museums Wien (KHM) war heuer nicht nur durch merkwürdige Geschäfte mit altägyptischen Grabbeigaben ins Gerede gekommen. Er hatte sich auch Cellinis unbezahlbare "Saliera" klauen lassen. (Rauf übers Baugerüst, Scheibe eingeschlagen, ab durch die Mitte. So simpel war das gelaufen.)

Vorige Woche gab er innenpolitischen Stoff, weil er den Herr Dr. Otto Habsburg-Lothringen mit folgenden Worten begrüßt hatte:

"Im Schatzhaus der kaiserlichen Sammlungen stehe ich nicht an, das Oberhaupt der Familie Habsburg als Seine Kaiserliche Hoheit begrüßen zu dürfen."

Da haut es einem ja die Schindeln vom Dach. Na sowas! "... stehe ich nicht an ..." Wer sagt den sowas? So redet gewöhnlich nur ein Streber, der den Kopf bis zum Anschlag in den Hintern von gut situierten und einflußreichen Herren kriegen will. Was bei Herrn Dr. Otto Habsburg-Lothringen wahrscheinlich aussichtslos bliebe, weil mehr als ein halbes Jahrtausend Herrschaft im Stammbaum einen gegen Bücklinge vermutlich ziemlich immun macht.

Aber zu gegebenem Anlaß wird sich allerhand republikanisches Personal an die gut gestellten Kreise ranhauen. Ein Knistern im Zustand der Republik kann ich darin nicht begründet sehn. Weil unsere Republik das verkraften wird. Hoffe ich. Daß sich Aufstrebende an gut gestellte Leute ranhauen.

Auch daß jemand so gestelzt formuliert und obendrein Unfug redet. Denn der Dr. Otto Habsburg-Lothringen weiß natürlich, wo er steht. Er soll dem Autor Gerhard Roth verraten haben, daß er Erzherzog sei, weshalb die Anrede Kaiserliche Hoheit als unkorrekt erachtet werden müsse. Was sind wir doch für ein lustiger Operettenstaat!

Cut!

Nachsatz #1:
Wow! Für Euro 26,20 bekomme ich im Shop des KHM die "Krone des Heiligen Römischen Reiches". In einer Version von zwei Zentimetern Höhe. (Naja was! Für 26,20!)

Nachsatz #2:
Der Herr Dr. Otto Habsburg-Lothringen heißt nach alter Facon Franz Josef Otto Robert Maria Anton Karl Max Heinrich Sixtus Xavier Felix René Ludwig Gaetano Pius Ignazius von Habsburg. Da frag ich mich, wie die Leute das in den kleinen EU-Paß reinkriegen. Vielleicht mit einer Art eingeklebtem Leporello, ... Ah! Schluß! Licht aus!


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