27. September 2004Wir haben also nun einen Kaiser im Himmel, der dort Karriere macht.
Was ihm auf Erden nicht gelungen ist. Karriere zu machen. Demnächst wird es geschehen. Karl I. wird vom römischen Bischof selig gesprochen. Das muß ein
guter Mensch gewesen sein. Unser letzter Kaiser! Was sollen wir von den Giftgaseinsätzen
im Ersten Weltkrieg reden? Er wollte Frieden, heißt es, er habe den Krieg ohnehin nur
geerbt.
Daß sein Großonkel Franz Joseph den Dobermann Conrad von
Hötzendorf von der Kette ließ, um den Ersten Weltkrieg in Gang zu bringen, Serbien
war nur ein Vorwand, daß Karl selbst zu schwach gewesen sein soll, um der Kriegswut des
verbündeten Deutschlands zu widerstehen, das alles ist Gegenstand
geschichtswissenschaftlicher Diskurse. Gut. Und daß Otto Habsburg, der Sohn Karls I., den
vorherrschenden Stand dieser Diskurse mit Häme bedenkt ... geschenkt! Wir haben alle so
unsere Probleme damit, gewesene Söhne zu sein.
Wie man es auch dreht, der Selige, auf dem Weg zur
Heiligkeit, war Chef des Weltkonzerns "Haus Habsburg". Und der Boß, meine ich,
ist nun mal dafür verantwortlich, was die Firma an der Welt, an ihren Menschen bewirkt.
Wohlmeinend, schwach, heilig, ist mir egal. Der multinationale Konzern "Haus
Habsburg" hat essenziell beigetragen, die Hölle auf die Erde zu schaffen.
Nun höre ich auch Einwände der Art, was wir ihnen
kulturell verdanken. Gut. Geschenkt! Diese Qualität gleicht sich in den ungezählten
blutenden Mägden und Knechten aus, die herhalten mußten, daß ein kleiner Kreis
Bevorzugter sich in Geschmack, Bildung und betriebswirtschaftlichem Know how zu besonderer
Größe entwickeln konnte. Naja, ein Teil der Bevorzugten. Unter denen ja auch so manche
durchlauchte Niete die Bauernschaft Lebenskraft gekostet hat.
In Summe erstaunt mich die Wehleidigkeit, die man von
"Kaisers" heute manchmal noch erfahren kann. Denn unterm Strich möchte sich ein
gestandener Habsburger sagen: "Sind wir doch froh, daß wir froh sind." Bei
allen Qualitäten, die einzelne Mitglieder der Dynastie aufweisen mögen, ist die von
Splittern und Trümmern übersäte Schneise durch die Geschichte dieser Ländereien doch
beträchtlich.
Was auch bedeutet: Die Völker haben für die gewiß
singuläre Exzellenz, die durch solche Herrschaften in ihr Leben kam, nicht gering
bezahlt.
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