26. September 2004Solche Fragen kommen vor: Was meine Freundin dazu meint, daß ich
derart in Autos vernarrt bin. Naja, sie hört mir dabei nicht endlos zu. So einfach ist
das. Sie ist Ingenieur und arbeitet in der Motorenentwicklung. Autos, das ist für sie
also Job. Da hat sie in ihrer Freizeit andere Leidenschaften.
Käme noch dazu, daß ich im Alltag manchmal auf die
Bremsen steige und mich aus dem Auto wuchte. Wenn ich Beute entdeckt habe. Oder aus diesem
Grund plötzlich über die Straße renne, in einer Seitengasse verschwinde. Weil ich meist
nur ein Stück von einem Auto sehen muß, eine bestimmte Form, eine bestimmte Lackfarbe,
eine bestimmte Chromleiste, die mich erkennen lassen: das ist was! Dann springt der
Automobil-Paparazzo in mir an und treibt mich.
Zum Beispiel. Weil einem das ja sonst gar nicht auffällt.
Gepflegter Lack der Jahrzehnte überdauert hat, bekommt eine Art, eine Tiefe, einen
eigentümlichen Farbton, den kann man nicht simulieren. So sieht neuer Lack niemals aus.
An all dem hängen viele Geschichten und Emotionen. Nicht bloß die von
maschinenverliebten Rasern.
Ich finde es hinreißend, wenn einer wie Hans, von dem ich
erzählt habe, nach einem Saurer sucht, den er sich aufbauen möchte. Aber was ist das,
ein Saurer? Vor vierzig Jahren standen die in meinem Alltag herum:
Cut!
Was für ein Geschrei um den Beginn von
EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Ob hier religiöse, ob kulturelle Barrieren
bestehen mögen, interessiert mich dabei wenig. Wie die Rassisten unterschlagen, daß die
biologisch dingfest machbaren Unterschiede INNERHALB einer Großgruppe häufiger und
variantenreicher sind als von einer Großgruppe zur anderen, so unterschlagen uns die
Nationalisten, daß die menschlichen Differenzen INNERHALB eines Volkes kaum geringer sind
als von einem Volk zum anderen.
Schieben wir also die Falschmünzer und Marktschreier
beiseite, tauchen ja interessante Fragen auf. Was das nämlich für eine Art von
"Wir-Konstruktion" sein möchte. Dieses EU-Europa. Hier seh ich nach all der
Augenauswischerei nicht all zu klar. Freilich hatten wir diese Militägrenze im heutigen
Kroatien. Wo sich "das Abendland" gegen die Osmanen stemmte. Aber das war doch
immer vor allem ein Ringen von Herrscherhäusern um ihre Vorteile. Und das Beschäftigen
von "überschüssigen" Männern, die zuhause nichts werden konnten; die daher
ein steter Quell der Unruhe waren, also Gefahr für die Herrschenden.
"Das christliche Abendland", welches nun einige
erneut bedroht sehen möchten, ist bloß ein Elitenkonzept. Deren Opinion Leaders mit den
eigenen Leuten kaum christlicher verfuhren, als Türken oder Hunnen. Oder fragen wir heute
noch nach, wie die blutige Gegenreformation mit den Evangelischen umgesprungen ist? Haben
wir uns die offene Judenhatz nicht erst vor lumpigen sechzig Jahren mühsam abgewöhnen
lassen? Drum: Worum genau geht es nun in diesen Debatten?
(P.s.: Die Rechtschreibprüfung auf meiner Maschine kennt
das Wort "Rassisten" nicht und bietet mir dafür die "Rassigsten" an.
Charmant!)
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