8. September 2004

Diese Bilder von gequälten und getöteten Kindern. Das Gemetzel von Beslan, in der Konfrontation von tschetschenischen Terroristen und russischen Sondereinheiten über hunderte Menschen hereingebrochen, ließ den russischen Präsidenten Wladimir Putin sagen, man habe Schwäche gezeigt. Um daraus zu folgern: "Schwache Menschen werden geschlagen."

Ist das eine Sachverhaltsdarstellung? Oder eine Drohung? Ist es ein trauriger Bericht?

Warum werden schwache Menschen geschlagen? Warum ist es so verlockend, sich an anderen auszulassen? Warum dürfen Schwache nicht verläßlich damit rechnen, in Schutz genommen zu werden?

Sehr einfach! Es gibt immer Nutznießer, die von solchen Grausamkeiten profitieren. Sie begegnen einem im Alltag. Sie sitzen aber auch oft genug in Regierungen. Oder pflegen dahin vorzügliche Kontakte.

Fast hundert Jahre, überschaubar. Ein Ereignisbogen, der von meinen Großeltern zu mir reicht. Also eine Zeit umfaßt, deren handelnde Menschen ich noch persönlich gekannt habe.

Von Verdun über Auschwitz zu Beslan haben wir die Schule der Brutalisierung nicht zu beenden verstanden. Gewalt und Gegengewalt sind ein zentrales Kräftespiel der Gesellschaften geblieben. Über die alten kulturellen Grenzen hinweg erweitert. Wir bringen ein bitteres Erbe ein.

Nach einigen bemerkenswerten Thesen der Soziologie gibt es seit Menschengedenken auf dieser Welt nichts gefährlicheres, als Rudel von Knaben und jungen Männern, die für sich keine Zukunft sehen. Die keine Chance sehen, ihrem Leben eine solide Basis zu verschaffen. Und es pfeifen ja längst die Spatzen von den Dächern, daß man Menschen, die ihr Leben wegzuwerfen bereit sind, weder bedrohen kann, noch von Orten der Lebendigkeit verläßlich fern halten kann.

Wenn demnach Lebensraum nicht zu Schlachtfeldern werden soll, auf denen offenbar keine Armee mehr Frieden herbeiführen kann, wie uns das die USA und Rußland momentan demonstrieren, wenn er nicht zur Festung werden soll, wie das Israel gerade erprobt, wird die Politik wohl neue Strategien finden müssen. Strategien, die sich nicht mehr aus dem versunkenen 19. oder 20 Jahrhundert schöpfen ...


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