7. September 2004

In meiner Nachbarschaft lebt ein kleiner Bub aus Rumänien, den ich bisher nichts sagen hörte, was ich verstanden hätte. Außer "hallo". Das Rumänische ist eine wohlklingende Sprache. Ich höre sie gerne. Gestern hatte der Bub offenbar eine Trillerpfeife geschenkt bekommen.

Eine meiner Nachbarinnen fragte mich, ob ich ihm das nicht austreiben könne, es würde schon nerven. Ja, es nervt. Aber es wird mir ein ewiges Rätsel im österreichischen Wesen bleiben, was eine erwachsene Frau daran hindert, einem Kind solche Botschaft selbst zu übermitteln.

Als er des Pfeifens müde war, hat mich der rumänische Gabriel mit einem ersten kompletten Satz in vorzüglichem Deutsch überrascht. An dem er offenbar selbst so viel Freude hatte, daß er ihn mehrmals über den Hof rief: "Ja bist du deppert!"

Cut!

Franjevic hat mir die gewünschte Erde aus seinem Graben in Estland zur Post gebracht. Ich werde sie dann für The Junction hinaustragen.

Franjevic ist auf dem Weg zu einem Symposium in Kroatien.

Franjevic hatte bei der Abreise seine Brille zuhause vergessen. Und mußte umkehren. Damit fiel der ganze Zeitplan, in dem Züge und Flüge sich fügen müssen, zusammen. Eine Serie von Unmöglichkeiten war die Folge. Mit einer Konsequenz, die weiter erzählt sein will:

"was mir gutes passierte ist, dass mich vom klotener bahnhof zwei albaner in ihrem arbeitswagen zum flughafen brachten, weil ich kein taxi am bahnhof fand! zuerst wollte er dafuer 20.00 sfr. was fuer mich in ordnung war aber dann sagte er zu mir ich soll in kroatien der mannschaft eine runde zahlen und ihnen sagen, das ist von ihm!!!"

Cut!

Vogeltanz hat mir schon einen Blick in sein neues Buch aus dem Anger-Universe gestattet. Beunruhigend. Sehr beunruhigend!

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Hinter diesem Ausschnitt aus dem inoffiziellen Cover von "Funkschatten" tun sich noch allerhand Dinge auf. (J. F. Sebastian: "Komm in die Gänge, sonst spielen wir Lazarus ... aber ohne Auferstehung.")

Cut!

Beograd (8)

Jesa Denegri würden wir leicht finden. Im Zentrum. Beim Café Plato. Denegri gilt als maßgeblicher Theoretiker Serbiens, was die zeitgenössische Kunst betrifft. Wo aber wohnt Svetlana Volic? Hinter der amerikanischen Botschaft. Mrdjan Bajiæ , von dessen "Yugomuzej" ich ein Modell in Wien gesehen hatte, und Dragan von Š kart, das war alles klar. Denn wir hatten aktuelle Adressen. Aber eine alte Adresse warf erhebliche Probleme auf.

Mika suchte verzweifelt auf dem Stadtplan. Sie kennt die Viertel, die Straße blieb unauffindbar. Dann fragte sie Goran nach einem alten Stadtplan. "Wir haben alle drei Jahre eine neue Nation", sagte er, "wen scheren da schon Straßennamen?" In Beograd sind die Namen und Plätze häufig umbenannt worden. "Manche Straßen haben zwei Straßenschilder." Das sei für die Briefträger oft sehr verwirrend. Da seien eben ganz verschiedene Anhängerschaften in Serbien.

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Aber immerhin. Es wird daran gearbeitet, es darf sich was ändern. In Österreich tut sich da kaum etwas. Man hängt an den alten Barbaren und erhält ihnen Denkmäler wie Straßenschilder. Woran ja nichts auszusetzen wäre. Wenn Geschichte auf die Art sichtbar bliebe. So man bereit wäre, den einen oder anderen Kommentar anzubringen.

So ist einer der Boulevards der steirischen Landeshauptstadt Graz die Conrad von Hötzendorf-Straße. Damit ehrt man Franz Freiherr Conrad von Hötzendorf, den k.u.k. Generalstabschef, der auf österreichischer Seite heute unbestritten als einer der maßgeblichen Kriegstreiber gilt, der Europa völlig unsinnig in eine unfaßbare Katastrophe gestürzt hat.

Denn man hat ja nicht bloß im imperialen Wien leise applaudiert, nach dem der Serbe Gavrilo Princip den unbeliebten Franz Ferdinand erschossen hatte. Serbien erfüllte das eigentlich unannehmbare Ultimatum Österreichs in einem Ausmaß, das auch damals nicht zu erwarten war. Aber Kaiser Franz Josef, die Deutschen im Rücken, entfachte einen Weltbrand.

In Gleisdorf, wo ich lebe, wohnt man auch heute noch in einer Jahngasse oder Kernstockgasse. "Turnvater" Jahn war ein energischer Nationalist, der die Bereitschaft zum Krieg auf ideologischer Ebene wesentlich betreut hat.

Der oststeirische Priester und Dichter Kernstock hat propagandistisches Reimwerk vorgelegt, die von so tiefer Menschenverachtung ist, von so abscheulicher Geringschätzung des Lebens seiner Mitmenschen, daß man sich nur wundern kann, warum ihm heute noch wer die Denkmäler poliert. Die Pflege der Barbaren hat selbst in der Demokratie nicht geendet.

Das literarische "Landesheiligtum", Peter Rosegger, ist übrigens mit dem Barbaren Kernstock bei all dem Hand in Hand gegangen. Zeit für neue Stadtpläne!

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