5. September 2004Mir war klar, ein Spezialist ist mir zu teuer. Es sollte eine andere
Lösung geben. Um einige Gigabyte eher ungesicherter Daten zu bergen, die auf einer
Festplatte verblieben sind. Blockiert von einem
Virus, das vermutlich den Boot-Sektor der Platte erwischt hat. Die Lösung war simpel, ich
war dennoch überrascht, daß es funktioniert hat.
Ich dachte mir, wenn ich die infizierte Platte als "Slave"
HINTER eine andere hänge, die als "Master" eingerichtet ist, müßte der
infizierte Bereich unberührt bleiben, während meine Daten zum wieder ansteuerbaren
CD-Brenner geschaufelt werden könnten.
Das klappte, ich habe geschaufelt. Ein Tag Datenschlichterei. Nach bald 20 Jahren
Bildschirmarbeit, heißt das aber: sich selbst Schmerzen zuzufügen. Stundenlang die
gleichen, extrem langweiligen Bewegungsabläufe, die bei meiner Schulter und Hüfte zu
Verspannungen und Problemen führen. Ich weiß, man könnte Pausen machen. (Dann möchte
es drei Tage dauern.)
Und darum hab ich dann auch solche Phantasien; nicht zum ersten Mal.
Einem Viren-Autor die Hand auf den Tisch zu nageln, ihm eine Kombizange und ein Glas
Wasser in Griffweite zu lassen. Wie lange würde so ein Arschloch, das sich gerne in das
Leben anderer Menschen drängt, brauchen, um von der Idee zum Entschluß zu gelangen, sich
nun selbst Schmerzen zuzufügen, um das Problem zu lösen? Würde so ein aufdringlicher
Mensch auch einen schlechten Tag haben? So wie ich?
Jaaa, ich weiß, das sind höchst unzivilisierte Phantasien. Aber
sie wirken beruhigend. Bei mir auf jeden Fall.
Cut!
Beograd (6)
"If it's coffee, everything stops." sagte
Goran. Wenn es um Kaffee geht, steht alles andere still. Er erinnerte sich daran, daß
Kaffeetrinken seinen Eltern immer ein Sache des Innehaltens und Plauderns war. Das habe
seine Mutter vielleicht am meisten vermißt. Nach dem Tod des Vaters. Jeden Tag mit ihm
ein Gespräch beim Kaffee zu haben.
Der neue Tag in Beograd begann auch für mich mit
türkischem Kaffee. Das eigentliche Frühstück kam später. Wieder mit Kaffee.
Verschiedenem Gebäck. Einem cremigen Käse, der Kajmak genannt wird. Und dünnem Joghurt,
das aus Gläsern getrunken wurde.
Ich hatte schon vergessen, welche Achtsamkeit das Leben
mehrerer Menschen auf engem Raum verlangt. Was der weitgehende Mangel an
Rückzugsmöglichkeiten bedeutet. "Wir leben so. Bei uns ist das eben so."
Jahrzehnte lang die Couch im Wohnzimmer morgens zusammen zu klappen und das Bettzeug zu
verräumen.
Es ist Wochenende, die Olympiade führte Serbiens
Basketballer mit jenen Spaniens zusammen. Serben sind sehr stolz auf ihre Basketballer.
Eben an jenem Samstag Vormittag baute ein Monteur der Satellitenanlage einen neuen
Verstärtker ein. Es gab also während des Spiels nur rudimentären Empfang. Was die Frage
aufwarf, wie der Monteur wieder heil aus dem Haus kommen möchte.
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