15. Juni 2004 In Graz wird kommenden Mittwoch der B100
gefeiert. Der hundertste BLOOMSDAY. (Hans Fraeulin: "Leopold Bloom ist der
Schutzpatron aller Menschen, welche das freie Wort zu schätzen wissen.")
Cut!
Die vaterländische FPÖ entsendet den im
Völkischen einigermaßen fitten Andreas Mölzer ins EU-Parlament. Hab ich schon erwähnt.
Gut. Muß man nicht weiter strapazieren. Wird seine Konsequenzen zeigen. Die
vaterländische FPÖ ist zum wiederholten Mal bei einer Wahl so eklatant in den Graben
gefahren, daß man sich sorgen muß, der Landeshauptmann Kärntens könnte demnächst eine
Gruppe formieren, die sich abspaltet, um eine neue Partei zu gründen. Denn aus der alten
wird wohl nichts mehr werden. Da das Jahrhundert des Nationalismus vorbei ist. Es war
historisch bloß Episode. Wenn auch mit derart grausamen Konsequenzen, daß einem heute
noch schlecht werden könnte. Vorbei. Das Völkische. Für nichts, außer Menschen zu
verletzten. Naja ...
Doch während ich noch darüber
nachdenke, wie und was ich hier über die Erfindung des Vaterlandes erzählen
könnte, bekomme ich neonazistische Post ins Haus, daß es nur so raschelt. Deutschland
- Heiliges Wort! erfahre ich von einem Volksgemeinschafts-Wart, der mich
zutiefst im Unklaren läßt, aus welchen Quellen er jene Heiligkeit schöpft, die dieses
Wort adeln soll.
("Aufgenordet"
oder naturdeutsch?)
Dafür zeigt er mir auf seiner
Kontakt-Page im Web, was ihm gefällt. Der Name der Bilddatei des völkischen
Andachtsbildchens lautet nordisch. Na sowas! Da denk ich doch gleich an
frühere Promotoren des Nordisch-Völkischen, die sich mit diesem Motiv so gar nicht in
Einklang bringen ließen. Man lege die Bildchen nebeneinander.
Der stocksteife und klobige Hitler. Der
äußerst dicke Göring und der äußerst hagere Goebbels. Der tantige Himmler und der
schmächtige Eichmann. Ach diese ganzen Nazi-Barbaren sahen alle nicht so aus, als könnte
man aus ihnen, selbst mit Hammer und Meißel, so eine nordische Ikone machen.
Wie schon der düstere Adolph ein
miserables und geschraubtes Deutsch pflegte, hauen auch seine Epigonen mit grober Kelle
zu, wenn verkündet werden muß. Und verkünden tut anscheinend Not:
Es wird Zeit, sich unser Land zurückzuholen!
Bingo! Da wären wir plötzlich mitten im
Thema. Die Erfindung des Vaterlandes.
Denn! Wie wurde denn unser
Land, das man sich zurückholen möchte, statt daß wir uns
was zurückholen möchten? Tja. Welches Land wurde wem wann mit welcher Grenze von wem mit
welcher Legitimation zugesprochen?
Eben! Das klappt nicht! Nämlich. Gerade
diese deutschtümelnden Recken. Haben ja das Problem. Dieses Deutschland wollte über so
viele Jahrhundert kein Deutschland sein. Nicht mal Friedrich II., immerhin der
Große, ist so freundlich gewesen. Sich um all die Fürsten was zu pfeifen. Während
er unserer Maria Theresia am Zeug flickte. Die immerhin einem großen Reich vorstand. (Und
einer miserablen Armee. Was ja vielleicht für uns ein enormes Glück war.)
Also. Die Deutschtümler können nicht
mal mitplaudern, wenn wir vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
reden wollen. In dem wir gschlamperten Österreicher immerhin wer waren. Und sie nicht.
Die Vaterländischen. Ha! Das ist alles ein grimmiger Witz. Vom Imperium Romanum schweigen
wir sowieso. In diesem Zusammenhang. Und die Osmanen. Wir sagen heute:
"Türken". Aber das ist etwas upräzise. Also. Die Osmanen. Die hatten auch ein
Reich. Erorbert und durchorganisiert. Da gibts kein Deutschland, als reich, das irgendwann
hätte mithalten können. Tja ...
Also wären da -- "bei uns" --
drei Reiche zu nennen. Zwei habe ich hier schon erwähnt; das Dritte Reich blöiebe noch
anzuführen. Das ja in imperialen Kategorien gar nichts ist. War. Außer ... ja, was
eigentlich? Eben. Wie schon Mussolini angedeutet hatte: bei ihm zuhause wurden Kaiser
beweint, da ist dort im Norden noch alles auf Bäumen herumgeklettert. Na, das war nicht
fein vom Duce, dem düsteren Adolph so eine Lampe zu bauen. So eine Laterne umzuhängen.
(Autsch!)
Wie die rabiaten Kleinbürger der NSDAP
kritische Einwände haßten, da sie ihnen so gut wie nie gewachsen waren, notiert auch der
junge Volksgemeinschafts-Wart:
Die Diskussion ist die
schwatzhafte Begleiterin des Liberalismus! Niemals dürfen Ideen und Vorhaben der
Zerpflückung und Miesmacherei nicht geeigneter allgemeiner Kreise überlassen werden.
Schwätzertum und Besserwisserei sind die unmittelbaren Folgen. Die Disziplin findet damit
ihr Ende.
Behalten wir das im Auge. Schon die Nazi
der 30er-Jahre hatten den Primat der Aktion jeder feineren Art der Klärung von
Auffassungsunterschieden entgegengestellt. Dieses Draufhauen statt Reden darf man getrost
als eine Grundzutat des Faschismus ansehen.
Nicht Diskussion in
ungeeigneten Kreisen ist das Gebot der Stunde, sondern Beratschlagung innerhalb geeigneter
Kreise.
Wir dürfen annehmen, der eifrige Bub
zählt sich zur befugten Seite. Gut Laß ichs mal so stehn. Ich spare hier Links zu den
Quellen aus. Erstens widerstrebt es mir übermäßig, solche Websites mit meiner zu
verknüpfen. (Obwohl ich da nicht gerade zimperlich bin.) Zweitens wird der
Verfassungsschutz oder eine andere relevante Einrichtung den völkischen Lars Käppler
sicher bald am Wickel haben und ihm mindestens seine menschenverachtende Website zudrehen.
Lohnt also nicht, sie zu verlinken. (Huh! Das müßte dann wohl besser und klardeutsch
verknüpfen heißen. Aber nein! Von seiner Position her betrachtet ist
verlinken doch sehr passend.)
Ja, so treib ich meine Scherze mit den ernsten Dingen. Zur
Überbrückung. Denn bezüglich der Erfindung des Vaterlandes muß ich, wie
erwähnt, noch ein wenig nachdenken.
[kontakt]
[reset] |