18. Mai 2004

Robert Adrian X., Austrokanadier und zentrale Figur der österreichischen Netzkultur-Szene, weigert sich Websites anzulaufen, die Cookies setzen. Also kleine Dateien auf die privaten Rechner legen, in denen das Suchverhalten auf der jeweiligen Website dokumentiert wird.

Ich hasse diese Art von Datamining, nehm sie aber immer kurz in Kauf, zähneknirschend, weil ich sonst an manche Inhalte einfach nicht herankäme. Allerdings lösche ich die Cookies. Oft mehrmals täglich. Es gibt ja nicht nur diese Verhaltensschnüffelei, wenn man Websites besucht. Es werden einem auch gelegentlich Tracking Cookies und bösartige Scripts aufgedrückt, die noch etwas mehr tun.

Gestern war ich allerdings sehr überrascht, daß beim Löschen eines Cookies von Google der Virenalarm losging. Rummmms, landete ein Netsky-Bröckerl in der Isolierkammer.

Fünf Tage Polen (8)

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Europa, das finde ich nicht in den Versen von Professoren und anderen Herren in gut geschnittenen Anzügen, mit gepflegten Bärten und oder nacktem Kinn, mit reichlich Haaren auf dem Kopf oder doch eher spärlichem Besatz ... Europa, das finde ich nicht in solchen Studierzimmern.

Europa, das finde ich in Gdansk, wo Arbeiter mit ihren Leibern und ihrem Leben eingestanden sind, um den Lauf der Dinge zu ändern. Europa, das finde ich in Sarajevo, wo Moslems, Juden, Christen und Orthodoxe an ihrer Gemeinschaft geblutet haben.

Europa, das finde ich in Sankt Peterburg, wo ich am Stadtrand über einen Bunker stolpere, welcher an die mehrjährige Blockade durch die Deutsche Wehrmacht erinnert, an das grausame Sterben, das der Hunger und der Mangel an allem den Opfer aufgebürdet hatte. Deren Kindern und Enkeln man dort über den Weg, manchmal in die Arme läuft.

Sind das die Menschen, denen wir nun Latein beibringen wollen?

Da sollte uns nach den letzten 200 Jahren ausgesuchter Grausamkeiten doch etwas besseres einfallen. Etwas das von der Praxis des Kontrastes handelt. Nicht von der Nivellierung der Differenz. Denn die Erfahrung mit Kontrasten, daran ist dieses Europa reich. Ich fand es in einigen Zeilen eines Buches, das ich hier, in Katowice, gelesen hab, sehr treffend skizziert. Der serbische Autor Ivo Andric beschrieb in „Wesire und Konsuln“ solche Kontraste am Beispiel eines Konsuls, der von Napoleon ins osmanisch regierte Bosnien geschickt wurde, dem ein junger Beamter folgte:

„So war der junge des Fossés nach Bosnien gekommen, das seine Versprechen und Drohungen gleich bei der ersten Begegnung wahrmachte, ihn immer mehr mit der schneidenden, kalten Atmosphäre armseligen Lebens umgab und ihn vor allem in seiner Stille und Einsamkeit begrub, mit der er nunmehr so viele Nächte rang, wenn sich der Schlaf seiner nicht erbarmte und von keiner Seite Hilfe kam.“

Das handelt von den „anderen Stellen in Europa“, die ich eingangs erwähnt habe, die freilich auch in den wohlhabenden Ländern des Westens zu finden sind, die da wachsen, weil reiche Menschen sich selbst bestätigen, daß ihr Reichtum der beste Beweis sei, wie tüchtig sie ihre Mittel erworben hätten. Das nimmt besorgniserregend zu. Das lernt man auch in anderen Ländern von uns. Die daraus resultierenden sozialen Folgen und Nachteile sind Anlaß, wieder in die alten Waffenschränke des Nationalismus zu greifen.

Wir haben wenig Anlaß Hymnen zu singen. Schon gar nicht in Latein, dem alten Code des weströmischen Reiches. Eva Ursprung bemerkte dazu, da standen wir zu Füßen eines mächtigen Reiterstandbildes von Polens Nationalheld Jozef Pilsudski: „Na wenn schon eine Hymne, dann wenigstens eine in Esperanto. Das versteht dann gar keiner.“

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