7. März 2004
Das, oh Hilfe, ist ja harte Konkurrenz
für ernsthaftes Kunstschaffen. Mehr als 3.000 Bilder avisiert ein
Kitsch-Schnalzer seine Website. Ich erinnere mich, daß es in meinen Kindertagen eine
Passage in der Grazer Herrengasse gab, die mit erbärmlichen Gemälden vollgeräumt war.
Und ich habe mich später manchmal gefragt, ob mir das zuhause auch geblüht hätte, wenn
mein Vater nicht zufällig mit einem echten Maler befreundet gewesen wäre,
der gewiß keinen Schrott fabriziert hat. Doch die Kitsch-Liga lockt gewaltig.
Besser als Sex, schöner als
Fußball. So was läßt aufhorchen. Was tröstet Mannsbilder, die anscheinend über
die Jahre miserablen Sex haben und (daher?) gerne zum Fußball gehen. Eine
Reklamebörse. Emailschilder, Werbefiguren, Plakate, Dosen, Aschenbecher ...
Ha! Das scheinen ja noch respektable Bezugspunkte für Sammelleidenschaft zu sein. Aber da
gibt es, wie ich gerade herausgefunden hab, noch ganz andere Kategorien. Und vor allem
Di-men-sio-nen.
Ich wußte bisher nicht, daß man sich
Trödel-Sortimente beim Großhändler zusammenstellen kann. Wie bei De Wijsjes. Antik und Stil. Das
klingt fast wie ein Schlachtruf. Aus Hendriks Welt, deren englische Schreibweise gewiß
Kompetenz signalisieren möchte. (Geht wohl nix über exclusive Repros.) Die
Kitschburg Deko Trends
setzt auf cash & carry. Ich bin ... total fertig.
Cut!
Es läßt sich all dem freilich genug
entgegenstellen. Wäre nochmal der Fraeulinsche Bloomsday zu erwähnen,
wozu eben von Johannes J. Musolf
ein kühnes Bildnis hereingeflattert ist: ÜBERRASCHENDE BEGEGNUNG ZWISCHEN MOLLY
BLOOM UND J.J ... ein Ausschnitt davon ist hier zu sehen, das ganze Bild hier.
Cut!
In meiner Plauderei über Dollfuß,
Österreich und dem Faschismus hat es nun schon einige Hinweise gegeben, daß dies nicht
begriffen werden kann, wenn man über die Brutalisierungsmaschine Erster
Weltkrieg hinwegblickt. Serbien. Das uns aus den vergangenen 90er-Jahren mit einer
kriegerischen Haltung ins Blickfeld gerückt ist, die sehr ekelhafte Seiten hatte.
Was war es denn damals, nach den
Schüssen von Sarajevo, daß
Österreich sich so auf dieses Land gestürzt hatte? Dem Erzherzog hat man bei Hofe nicht
nachgetrauert. Gavrilo
Princip hatte einen unbeliebten Aristokraten erschossen.
Und warum hatte das Deutsche Reich diesen
Konflikt so sehr forciert, obwohl Serbien dem Ultimatum der Habsburger fast vollständig
nachgekommen war? Es gibt heute keinen Zweifel, daß das Attentat ein Vorwand gewesen ist.
Serbien, 500 Jahren osmanischer Herrschaft durch Rußlands Beistand gerade erst entkommen
... war bloß ein willkommener Anlaß für ein Kräftespiel in anderen dimensionen.
Österreich-Ungarn hatte mit der Annexion Bosniens und der
Herzegowina im Jahre 1908 klar demonstriert, daß es die Vorherrschaft auf dem Balkan
beanspruchte. (Das war zwar eine Botschaft an Serbien, vor allem aber an Rußland.)
Deutschlands Wilhelm II, ein ausgesprochener Rassist und Slawenhasser, sah seine
Expansionspläne durch England, Frankreich und Rußland behindert. Es war die Zeit
blühender Kolonialherrschaft, da Europa längst begonnen hatte, sich die Welt
aufzuteilen. Für Deutschlands aufgeblähtes Selbstverständnis war nicht genug geblieben.
Und Österreichs operettenhafter Franz Josef war offenbar weder Wilhelm II noch Bismarck
gewachsen.
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