29. Februar 2004

Das hat was mit James Joyce zu tun: Theatermensch Hans Fraeulin setzt sich ein, daß es heuer auch in Graz einen „Bloomsday“ geben wird. Wir haben dabei eine kurze Erörterung geführt, was denn die Politik zur Zeit am deutlichsten zeige. Was nach außen dringe. Immerhin hat gerade ein Verfassungsrechtler festgestellt, unser Finanzminister mache den Eindruck, er würde sich im Vorfeld von Korruption bewegen. Medienanwendung ist Realitätserzeugung. Das sage ich gerne, wenn ich mit anderen über die aktuelle Mediensituation rede. Fraeulin sagt es anders:
„Sie scheuen keine Kosten, um keine Verantwortung tragen zu müssen.“
Was mag er damit wohl gemeint haben, hm? Für zweckdienliche Hinweise wäre ich dankbar.

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„Pictures of your town“ ... Klemens Golf und Anne Mommertz bespielen für drei Monate eine Düsseldorfer Hausfassade. Mit Bildern aus Städten. (Zu denen nun auch Gleisdorf gehört.) Das Projekt trägt den Titel: "Where is your home?"

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Mel Gibsons Film „The Passion of the Christ“ steht im Ruf antisemitische Tendenzen zu zeigen. Das problematische Motiv darin hat Tradition. Die Vorstellung von Juden als Mördern des Gottessohns war über viele Jahrhunderte ein populärer Vorwand für Pogrome.

Dabei gab es einen Richter und ein herrschendes Regime. Beides hat nichts mit dem Judentum zu tun. Die Kreuzigung war laut römischem Strafrecht für politische Verbrecher vorgesehen, die keine römischen Staatsbürger waren. Die Pose der Pontius Pilatus, seine Hände in Unschuld zu waschen, leuchtet mir gar nicht ein. So zimperlich dürften hohe Repräsentanten des Imperiums kaum gewesen sein.

Rückblickend zeigt die Christenheit erhebliches politisches Kalkül, wo sie Juden als Mörder Jesu stilisiert, also genau genommen ihren Erlöser gegen „die Anderen“ instrumentalisiert. Ein ziemlich schmutziges Geschäft.

Hinzu kommt: Ich stelle mir vor, es hätte Prozeß und Kreuzigung nicht gegeben, der Nazarener wäre in seinem Bett gestorben. Ein Populist, der uns keine Texte hinterlassen hat, ein Wanderprediger mit lebhafter Gefolgschaft. Würde sein Märtyrertod fehlen, fehlte unserer Kultur dieses zentrale Symbol, das Kreuz. Ein Zeichen, das nicht nur spirituelle Inhalte symbolisiert, sondern auch für eine beispiellose politische Erfolgsgeschichte steht.

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Wenn er nun nicht ans Kreuz geschlagen worden wäre, der widerspenstige Sektierer, es fehlte, was offenbar die eigentliche Mission des Menschgewordenen war: Die Sünden der Menschen auf sich zu laden, einen Opfertod zu vollziehen, der Himmel und Erde versöhnt, verbindet. Mit der wuchtigen Botschaft: Mensch zu sein. Das heißt leiblich in der Welt zu sein. Leib zu sein, das bedeutet verletzbar und bedrohbar zu sein, dem Tode ausgesetzt, den man nicht meiden kann. Denn dieser Kelch geht an keinem von uns vorbei. All das heißt auch: Der Angst ausgesetzt zu sein. Und versucht genau darin Trost zu sein: Der Geschundene, der Sterbende -- „ecce homo!“ --, der seine Leiblichkeit und diese Verletzbarkeit hinter sich läßt, steht am Übergang zu einem anderen Sein, steht am Ausgang des Leidensweges.

Deshalb frage ich mich: Was haben all die guten Christen für ein Problem mit den Mördern Christi? Wie grotesk, einem ganzen Volk das anzurechnen, was das größte und wichtigste Ereignis ist, mit dem sich Jesus der Nachwelt mitgeteilt hat. Vor der Wucht seiner Botschaft verblassen doch jene, die Hand an ihn gelegt haben, zu Randfiguren. Ganz zu schweigen davon, daß Jesus selbst, so die Überlieferung, gerade zu Tätern und Täterinnen ein besonderes Verhältnis pflegte und an ihnen gerne deutlich machte, was er von den „Gerechten“ hielt.

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Die Pflege von Pogromen ist eine höchst effiziente Schule des Hasses gewesen, aus welcher der Faschismus schöpfen konnte. In den Methoden der Menschenverachtung und in den Rechtfertigungen, mit denen man die Täter ermutigte. Ein kämpferisches, ein höchst politisches Christentum, das sich über klar formulierte Prinzipien seines Erlösers hinweggesetzt hat, war darin Steigbügelhalter des Faschismus.

In dieses Bild fügt sich passabel, daß Papst Pius XII darauf verzichtet hat, das Nazi-Regime zu ächten. Wenn man einrechnet, was einstige Nazigrößen nach dem „Zusammenbruch“ an atemberaubender Unterstützung aus Rom erfuhren, staunt man fassungslos, welcher Rahmenbedingungen sich die Protagonisten des Faschismus erfreuen durften.

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