27. Februar 2004
Es erscheint ein Inserat ohne Hinweis auf
die Urheberschaft. Die schlichte Textlösung verkündet, Politik brauche ein Gewissen. Das
ist zwar eine völlig trübe Kategorie, Gewissen, aber, naja, gut. Als sich
Präsidentschaftskandidatin Benita Ferrero-Waldner zu dieser Botschaft bekennt,
namentlich, verlautet von Heinz Fischers Wahlkampf-Crew, man habe in seinem Revier
gewildert, worauf aus der Crew von Madame zu erfahren ist, man könne diese anonyme
Frohbotschaft doch guten Herzens unterschreiben. Immerhin. Lustig. Daß man sich
gegenseitig teuer bezahlte Annoncen entreißt. Propaganda-Makuklatur. Stecken ja zum
Glück keine öffentlichen Gelder in solchen Eskapaden. (Oder?)
Es folgen Inserts des Herrn Fischer, die
ihn per Farbfoto zeigen. Mit der Botschaft: "Politik braucht ein Gewissen."
Madame läßt nach wie vor die schlichte typografische Form schalten: "Politik
braucht Menschlichkeit." Herr Fischer, immer noch in Farbe und in der Pose eines
Predigers, läßt verkünden: "Diese Land braucht wieder mehr Anständigkeit."
Was für ein erbärmliches Geschwätz!
Und weil das in nächster Zeit kaum
besser werden wird, hab ich mir ein Training für mehr Frustrationstoleranz verschrieben.
Ich hab mir ein Puzzle mit 500 Teilen gekauft. Meine Freundin meinte, als sie die dicken
Schnauzen der zwei Sattelschlepper sah: "Egoist!" Mein Sohn meinte:
"Cool!"
500 Teile sind eine harte Sache, wenn man
sich vorgenommen hat, nicht auf die Vorlage zu schauen. An einem Nachthimmel kann man
glatt verzweifeln.
Draußen fiel wieder Schnee. Völlig
entlegen, in einem kleinen Dorf im Raabtal, steht ein Spielzeugmarkt. Gegenüber dem
Feuerwehrgebäude. In diesem Laden fand ich meine nächste Herausforderung. Kein
Nachthimmel. Keine amerikanischen Conventionals. Das Clementoni-Puzzle zeigt Vasilij Kandinskys Bild
"Gelb-Rot-Blau" aus dem Jahr 1925. Es hat tausend Teile.
Ich habe diese Woche gelesen, der
unscheinbare Karl Habsburg habe Sehnsucht nach enteigneten Besitztümern, erfahrene
Anwälte würden sich um Restitution bemühen. Aus dem Haus Habsburg kamen in den
vergangenen Jahrzehnten immer wieder solche Wünsche. Die Rechtslage ist mir da nicht
geläufig. Ich stelle mir vor, Österreich würde den Habsburgern erst mal eine Rechnung
für den Ersten Weltkrieg schicken.
Meine Leute hatten ja kein Problem mit den Serben. Oder den
Franzosen. Oder den Russen. Mein Leute hatten, so viel überliefert ist, auch kein Problem
mit den Engländern und den Amerikanern. (Natürlich sollte eine andere Rechnung an die
Hohenzollern gehn.) Gut. Schwank beiseite. Das ist schließlich keine realistische
Ansicht. Es geht ja um was anderes ...
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