20. Februar 2004

Wir können aufatmen. Der Wiener Opernball hat duftenden und schwitzenden Menschen vor allem Freude bereitet. Es kam auch nicht mal die Hälfte der erwarteten Demonstranten, wovon sieben nach eine Prügelei verhaftet wurden. Ich bin gerührt, daß meine Landsleute sich zu so deutlichem Regelbetrieb aufraffen können. Nichts stört die Geschäfte. Diese späte Nachhall höfischer Eigenheiten ... Im Showgeschäft gut verpackt.

Apropos Showgeschäft. Derweil habe ich nun über Monate nachgedacht, ob mir zu „unserem DJ Ötzi“ auch was anderes als Abfälligkeiten einfällt. (Abfall / Einfall / na sowas!) Es fällt mir bei diesen Brüllattacken aus dem Kampftrinker-Eck schwer. Irgendwo hatte ich gehört, daß manche Größen von einst es heute nicht mehr schaffen würden, weil sie nicht gut genug ausschauen. Da ist der Friedle doch ein kraftvoller Kontrast zu den Barbie-Invasionen im Business. Das Karaoke-Imperium schlägt zurück.

Daß ein dicker Mensch, völlig frei von Charme und Esprit, sogar frei von Musikalität, im Show-Biz was werden kann, wäre demnach eine gute Nachricht. Ich erinnere mich auch an den österreichischen Botschafter in England, der dem DJ heftig auf die Schulter klopfte, weil dieser es in den britischen Charts zur Nummer Eins gebracht hatte.

Politisches Personal Österreichs haut sich an so eine Knallcharge auch ran. Ich muß nun mein Nachdenken darüber abbrechen. Es gibt keine gute Nachricht. Dies ist ein freies Land. Wir haben alle ein Recht auf schlechten Geschmack, wahlweise Heuchelei ... Duften und schwitzen beim Opernball ... Nachdenken über Vorfälle ... Matthias Horx meint anregend, Doppelmoral sei kein moralisches Problem, sondern eine Strategie. Licht aus!

Der Philosoph Gerald Raunig schrieb mir „liebe gruesse von der werkbank des kognitariats“. Sowas gefällt mir. Dieses symbolische Zusammenrücken des Denkens und der Plätze herkömmlicher Arbeit. Vom Sekretariat zum Kognitariat, das ist ein feiner Schritt nach meinem Geschmack. Nun kann ich hier aber, obwohl ich in meinem Logbuch gerne Bilder anbringe, keines von Raunig zeigen. Ich hab zwar welche von ihm. Aber es würde ihn brüskieren. aus einem sehr interessanten Grund. Ich hab um kurze Erläuterung seiner „Bildpolitik“ gebeten:

„moeglichst keine bilder hinterlassen, die dann zu repraesentationszwecken missbraucht werden koennen. ich seh diese boulevard-taktik ueberhaupt nicht ein, bei welchen texten auch immer nette bildchen der autorInnen beizugeben. deswegen gibts etwa bei standard- oder falter-kommentaren auch keine raunig-fotos.

wenn im web oder oeffentlichen archiven bilder zugaenglich sind, werden sie oft einfach ohne nachfrage veroeffentlicht. daher versuch ich also, die spuren moeglichst zu verwischen. ohne dabei dogmatisch zu werden.“

Derweil mir der Semiotiker Jeff Bernard noch eine kleine Fußnote zum Wechselspiel zwischen symbolischen und materiellen Dimensionen im Lande geliefert hat. Da er grade im Gedränge schien und ich eins draufgesetzt habe ... mit dem Vermerk:
>>*quietsch den professor* ist doch ein vergnuglicher freizeit-spass fur gewesene lehrbuben ...<<

In der Reaktion hieß es:
“Quietsch mich nur, bin eh kein wahrer sondern nur virtueller Prof. (nämlich von Staats wegen). Ganz furchtbar witzig dabei ist, daß sie mir zugleich mit Verleihung 2/3 meines Budgets weggekürzt haben ..."

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Nun. Wäre noch zu erwähnen, daß ich gestern mit Jörg und Jürgen zusammengehockt bin, um Dinge auszuhecken. Dazu im Augenblick nur das: Jetzt ist es endlich soweit. Der Vogeltanz tritt doch noch für „Graz 2003, Kulturhauptstadt Europas“ ein. Wie das Bild deutlich zeigt ...

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