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Michael Roloff / Schliche #14 Dem Handke auf die Schliche: Handke wird in Deutschland und Frankreich - auch in England und den Vereinigten Staaten - verpönt weil er scheinbar gegen das aus dem Auschwitz Alptraum abgeleitete "Du darfst nichts Verneinen" Gesetz verstoßen hat, welches mit rabiater und narzißistischer Selbstgerechtigkeit durchgesetzt wird. Als ich dieses schreibe versucht das französische Parlament ein Gesetz zu erlassen, welches das Verneinen des türkischen Genozids an den Armeniern kriminalisiert. Aber: Wie steht es mit dem Gesetz, welches das Verneinen der Vichy Regierungskollaboration mit den Nazis verbietet, oder das Verneinen der französischen Kolonialdelikte? Verneinen zu verbieten heißt, gem. Freudscher Tiefenpsychologie, ein all zu menschliches, auch eine für die geistige Gesundheit notwendige psychologisch Funktion zu bestrafen; von Alexander Mitscherlichs "Die Unmöglichkeit zu Trauern" [1957] bis zum Gesetz, dass das Trauern befiehlt, alles in einer Generation. Warum nicht gleich das Verneinen des gesamten Oedipus- Komplexes verbieten? Peter Handke ist wegen der falschen Gebrauchs des Wortes Auschwitz, einer falschen Anwendung, eines falschen Vergleichs wegen angegriffen worden, der nichts als seine Pein offenbarte; Außenminister Fischer verglich das Eingreifen der NATO in Kosovo mit der Verhinderung eines neuen Auschwitz, auch ziemlich wahnsinnig finde ich; Jürgen Habermas fand, dass erst Auschwitz den Deutschen ein Gewissen beigebracht hätte, was der grösste Unsinn überhaupt ist und nationales Schuldgefühl mit Gewissen verwechselt - als ob es kein deutsches Rechtswesen gegeben hätte, wenn auch ein ungeheuer pervertiertes während des Dritten Reiches; und deutet die narzißtische, die selbstgefällige Qualität dieses Schuldaufnehmens anhand einer elitären Klasse an. So etwas kann nicht gut gehen, und ist es auch nicht, und es kann leicht viel schlimmer kommen als die Verfolgung eines schwierigen grossen Schriftstellers. - Die selbstgerechten "Humanitätshyänen" keifen - rechtlich geschützt; die Geschichte auf "ihrer" Seite aus diesem Hintergrund heraus. Nicht nur gibt es das Verneinungsgesetz, sondern auch eines, welches das Individuum verpflichtet, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern, ein Gesetz dass in Deutschland sich auf Landstrecken ausserhalb des deutschen Bodens erstreckt, wie in dem Fall des Serben, der in Deutschland wegen Nichtverhinderung eines Gemetzels in Jugoslavien verurteilt wurde, und dem Handke beigestanden hat, beigetragen hatte. Amerikanische Rechtsanwälte versuchen im Herbst 2006 Donald Rumsfeld, jetzt ex-sec.def., noch ein mal vor ein Deutsches Gericht zu stellen. Die Amerikanische Regierung hat in den letzten Jahren ein Gesetz verabschiedet, angeblich zum Schutz der eigenen Streitkraefte, gegen die Moeglichkeit einer solchen Gesetzlichkeit es handelt sich meines Erachtens eher um die Sorge um die schuldige Haut der Bonzen, dass sie nicht auch in De Haag landen. Handke hat in diesem Fall das Unglück im Glück, dass er eine besondere Anlage zum Verneinen hat. Schon von früher Kindheit an, sonst wäre er auch nicht der Künstler, der er ist; Literatur ist eine eigene, andere Welt, eine besonder Als Ob Welt, die man aber so sinnlich wie möglich gestalten muss. Als lyrisch-epischer Reiseberichterstatter in kriegerischen Umständen schreibt er eher am Rande der Gräuel, aber nicht nur: er gibt sogar zu, wie gerne er unter diesen Umständen Verneinen möchte, versucht es auch wieder im Fall Dubrovnik, das man nur lachen kann; vielleicht irrt er sich über Milosevic. Aber es ist ja nicht nur, daß Handke der Verneinung wegen angegriffen wird und wurde: er soll ja sein Entsetzen über die Vorkommnisse in Jugoslawien genau in den selben Wörtern, in der selben formularischen Sprache, in der selben Gestik der Hohen Priester der Auschwitz-Gerechtigkeit ausdrücken - er soll die Sprache seiner Widersacher übernehmen derer, die ihn zwar wegen seiner Sprachkritik im "Kaspar" und "Wunschloses Unglück" lobpreisten - aber im wesentlichen wohl tatsächlich nicht das geringste davon mitbekommen haben: ja M. und die Serben sind an allem Schuld. Aber
seine Widersacher sind selbst in einer Art vereinfachendem Verneinungsdickicht
mit ihrem sturen selbst [?] eingetrichterten Jugoslawienbild verfangen. Nicht einmal das
mehrmalige lesen des "Prison
House
of
Language"
würde sie aus ihrem Schneewitchen-
Traum erwecken; außerdem sind sie schon längst auf anderer Hexenjagd. [Start] |