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• Michael Roloff / Schliche #12

Dem Handke auf die Schliche:
Stempelung einer Briefmarke zu Lebzeiten
=XII=

J] Das Autor/Übersetzer-Verhältnis

Ich hatte wahrlich nicht vor, Handke-Übersetzer zu werden als ich die Kollegen bei Farrar Straus in den späten 60er Jahren davon überzeugte, die ersten Sprechstücke und den Roman "Die Hausierer" auch auf amerikanisch zu machen. Nur während ich mir überlegte wer denn als Übersetzer in Betracht käme, und ich mit der Übersetzung der einmaligen "Selbstbezichtigung" [für Libgart] auf meiner Schreibmaschine herumzuspielen begann, machte das einen solchen Spaß, dass ich dann all die Stücke inklusive "Über die Dörfer" übersetzte, eine Arbeit, die teilweise – in Fällen wie die der Schimpf Salvoes am Ende der "Publikumsbeschimpfung" – ein von dem Original inspirierte Neuerfindung von mir erforderte. Ich habe über all das, das meiste wenigstens, was damit zusammenhängt, einen langen schön bösartigen Essay auf amerikanisch geschrieben, der durch die folgenden Links leicht zugänglich ist. [LINK 1] [LINK 2]

Peter Handke glaube ich, im Frühling 1969 in Berlin. Zu der Zeit wohnte, hauste Handke samt Libgart Schwartz, und "Bebe" Amina, und Zeitungsstapeln in der Leihwohnung [eines auch Adorno bekannten] Prinzen in der Uhlandstrasse. Ich kannte mich in der Gegend gut aus; seit einem halben Jahr des Studiums deutscher (ostberliner) Theateraufführungen zum Ende der 50er Jahre. Außerdem bin ich gebürtiger Berliner; die Luft da tut mir immer gut. Als ich eintrat, traute sich meine amerikanischen Ohren nicht ganz, dass da Dylans "Lay Lady Lay" auf dem Plattenspieler spielte, und deswegen ist mein Bild, das erste Bild, dass mir dazu einfällt: Handke der da "on a big brass bed" liegt! Traumarbeit, die die Erinnerung entstellt. Es ist so wie Handke es sehr schön und wahrhaftig in der "Kindergeschichte" beschreibt: auch mir wurde auf Anhieb Baby Amina gezeigt, was ich für vollkommen normal hielt, und da ich Vorliebe für Babies und Kinder aller Art [bis auf eine gewisse Sorte amerikanischer, die auch W.C. Field schon haßte] habe, im Vergleich mit den Revoluzzern die da keine Zeit dafür hatten, trotzdem ich immer noch revolutionär angelegt bin; Babies gern in meine Augen aufnahm; und wunderte mich nicht im geringsten über dieses Vorzeigen, empfand es sogar als Zeichen! Ich war damit irgendwie in die Handke Familie aufgenommen! Inwiefern auf alle Art Handke ein obsessiver Vorzeiger, von viel mehr als Leibesfrüchten, ist mir erst später aufgefallen und hat zu fruchtbaren Überlegungen geführt. Wie beinahe jedesmal, ging es dann auch sofort raus aus dem Haus, heraus aus der in diesem Fall unheimeligen Wohnung, auf den Kudamm, in diesem Fall in ein Outdoor Café; was auch, in diesem ersten Fall, mich nicht im geringsten störte oder verwunderte; und mir dann aber in Paris dann doch sehr komisch vorkam, dass Handke scheinbar sofort Platzangst oder was immer hat, sowie er allein mit einem anderen Mann in einem Zimmer zusammen ist. Das einzige, an dass ich mir erinnere, über Vorschläge zur Verbesserung der Kaspar Übersetzung war Handkes Wunsch insbesondere den Satz "Ich möcht ein solcher sein wie ein Anderer gewesen ist" so abstrakt wie möglich zu formulieren. Danach schrieb er mir auch noch, dass die Verhunzungen der Verse am Ende des Stückes ihm zu wild oder locker vorkamen, aber "sie [ich] werde das wohl selbst am besten beurteilen können." Handke hatte schon recht, "the spirit of the thing" hatte Überhand genommen, aber ich änderte das erst, als Peter Brook es auch beanstandete, nachdem das Stück schon gedruckt in dem Band "Kaspar & Other Plays" erschienen war. Brook hat "Kaspar" dann aber nur in Irrenhäusern aufgeführt. Der hat auch schon lange Ausverkauf gemacht und zu den kontemporären Dramatikern das Verhältnis verloren. Es kam dann zu schöner Zusammenarbeit am "Kaspar" mit Herbert Berghof und E.G. Marshall in dem H.B. Studio.

Ich erinnere mich nicht an irgendwelche Korrespodenz die Übersetzungen des "Tormann" oder der Gedichte in der "Innenwelt" oder "Nonsense + Happiness" ["Blaues Gedicht," "Leben ohne Poesie," etc.], betreffend.

So um 1973 herum entschuldigte sich Handke, dass er die Konzentration verloren hätte, und änderte eine eher emotional beladene Passage in "Die Unvernünftigen sterben aus" in sein bis dahin typisch Unterkühltes zurück. Das war zur Zeit der langandauernden Pariser Krise, als er ziemlich wackelig war.

Zu einer Zeit überlegte ich auch zusammen mit dem Regisseur der Amerikanischen Erst Aufführung der “Unvernünftigen” , dass dem Stück doch ein Paar Songs Brechtscher Art geholfen sein könnten, und ich und Carl Weber arbeiteten viele Monate mit Jerry Leiber + Mike Stoller, deren hauptsaechlich schon geschriebenes Zeug irgendwie passend zu machen, hineinzuferchen. Dabei kam es auch zu einem Leiber Besuch in der Rue Montmorency in Paris wo Handke die schönen Worte sagte: “I don’t do Singspiel.”

Ich habe mich ausführlich über die begeisternde Arbeit an der Übersetzung von "Über die Dörfer" in der amerikanischen Ausgabe "Walk About the Villages" [Ariadne Press] ausgelassen; und das ist auch auf der Custom-Seite von "scriptmania" vorzufinden wie so vieles anderes auch.


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