van.at: literatur (beiträge)

• Michael Roloff / Schliche #10

Dem Handke auf die Schliche:
Stempelung einer Briefmarke zu Lebzeiten
=X=

H-3]Ergebnis der Fahrt: die Monographie

Ich las die "Wiederholung" noch einmal, stocherte noch mal in dem so schwierigen "Hornissen"-Nest herum, beschaffte mir das mir damals unbekannte "Abschied des Träumers vom Neunten Land", und auch ihren Nachtrag "Noch einmal für Thukydides" dazu, fand beides schön, obwohl mich Handkes Standpunkt, dass Slowenien zu klein oder was immer um selbständig zu sein, nicht gerade überzeugte. Ja, er wollte keine Grenzen für sich, aber ein anderes Mal wollte er sie. Es war alles irgendwie so charmant naiv und widersprüchlich, andererseits aber auch egoistisch angelegt! Tja, wenn Handkes Wunsch nicht erfüllt wird... 

Wie viel das alles mit der Liebe zu dem Fußball Club "Partisan Belgrad" zusammenhing, ging mir nicht sofort auf, da ich myopisch in Handkes Slowenentum verwickelt worden war, dass er die Sprache endlich mal gelernt hatte, damit er die "Wiederholung" schreiben können, dass er aus dem Slowenischen übersetzte, das sein Grossvater schon 1921 die Föderation gewählt hatte, als xxx zur K.U.K. 

Wie ich dann aber schnellstens herausfand: er hatte aber in einer Hinsicht Recht! Kurz nach der Unabhängigkeit Sloweniens erschien ein Artikel über slowenische Gasthäuser in der mich anekelnden NY Times Travel Section: die blöd-schlau grinsenden Gastwirte hatten ihr Studium aufgegeben, um den reichen, westlichen Mercedes Fahrer zu bedienen. [LINK] 

Ich war gerade mit der geistigen Verarbeitung der "Winterlichen Reise" und der ersten Kontroverse fertig, da erschien der "Sommerliche Nachtrag" und ich fing an, wieder einmal etwas Monografisches zu schreiben; etwas sehr ruhiges [APPARAT], das zuerst auf der Website des Herrn Krähenfresser erschien LINK  

Nachdem dieser vollbesoffene und ich uns dann verkrachten (über meine Witzphotographie mit meiner geliebten nubischen Prinzessin Chiquita), erfuhr ich unter anderem, dass der Krähenfresser die Texte verändert hatte, obwohl er weder den Witze verstand noch des Englischen mächtig war. Daraufhin baute ich eine Website, um die Kontroverse zu dokumentieren. 

Zur Zeit des Kosovo-Krieges, der zweiten Handke Kontroverse, schrieb ich noch einen langen Nachtrag. Dies allumfassende Diskussion über "Die Fahrt im Einbaum" sind bei hankeyugo.scriptmania zu finden, aber auf English. Ich stimme dem, was ich damals schrieb, heute noch zu, und werde eine kleine Summa der damaligen Erkenntnisse in dem Apparat unterbringen [##]. Was sich diesmal, zur Zeit des dritten Aufflackerns um den Heine-Preis verändert hat, ist das Verschieben des Akzents von Serbien/Jugoslawien auf die Person von Slobodan Milosevic. Und das ich mir Überlegungen gemacht habe über Handkes kognitive Kapazitäten, und inwiefern diese möglicherweise in der Sicht auf Jugoslawien gestört sind.

Zur Zeit des Monographs bat einer meiner Lehrer und engsten Freunde, den Dr. Franz Angst, M.D., diese Schrift dem Handke zu überweisen. Kurz bevor ich die Sache dem Angst gab, hatte ich die Idee, dort einen kleinen Test einzubauen, um zu sehen ob der Handke das überhaupt gelesen hatte: denn mein Wunsch war herauszufinden, wie gut oder schlecht ich seinen Gesichtspunkt verstanden hatte. Wider Erwarten war ich seinem Standpunkt eher positiv gegenüber eingestellt. Da ja vieles in beiden Texten metaphorisch geschrieben und auch so auszulegen war, zitierte ich einen kleinen Auszug, den man, wenn man metaphorisch liest, möglicherweise als den muslimischen Bosniaken gegenüber böse auslegen könnte. Wie von Handkes Brief (auf English!) an Angst hervorgeht, hat er es gelesen, den Test bestanden, und er schien sich ja nicht vollkommen missverstanden vorzukommen, trotz des "psychopathisch", worauf er von Angst dann etwas erwidert bekam.  

a] Aus großer Entfernung, in Mexiko, in den frühen 90ern, erreichten mich die ersten Nachrichten von der Segregation Jugoslawiens; Arkan, Bilder von Panzerkommandos; im Fernsehen und in den zwei reizenden Baja Sur Zeitungen dem Diario Peninsular und El SudCalifornio [LINK] besonders reizend, weil da die dort auch auftauchenden Woody Allen- und Madonna- Skandale - Handke hatte diesen Weltruhm zu dieser Zeit noch nicht erreicht - aufs primitivste vereinfacht dargestellt wurden; in ihren "sociedad" Kolumnen - schon wie die ältesten, schmuddeligen Peso Scheine. Überhaupt, nie zuvor war erste Blick auf die "society" Teil gefallen: das Treibholz das da in La Paz, Baja Sur, auftauchte!

Das natürlich nur, als ich in Mulege weilte und nicht mit den Cabreros auf den Mesas im Hinterland wo ganz andere Nachrichten wichtig waren (wann ein Sturm kam; die Geburt der Zicken; das Benehmen des Ziegenbocks; der Zaun; das Käsemachen; wer wann geschlachtet oder zum Markt getrieben wird).  

Dann, ab Sommer 1994, ganz "Back in the USSR", versuchte ich ("you don't' know how lucky you are, boys...") mich wieder in ihrer so städtischen Gesellschaft zurechtzufinden, zu orientieren, Fuss zu fassen. Aus der Regression der Zeitwahrnehmung des 17. Jahrhunderts wieder zurück: auf die NY Times und die Los Angeles Times [die mich, im Kontrast zu der NY Times, in vieler Hinsicht während meinen ersten Jahren in Südkalifornien, angenehm überraschte; so sehr, dass ich der einst von der L.A.-Times annoncierten Ambition die beste Zeitung im Land zu werden, schon für möglich hielt], und für tiefer schürfende Analysen, über die Ereignisse entlang der Küste von Dalmatien, wo ich ein mal zwei schöne Monate, und in Dubrovnik und den höher liegenden Dörfern vor sehr langer Zeit verbracht hatte: auf die NYRB und so, The Nation, Dissent (einigermassen typisches linkes Futtertier, dass ich zu der Zeit noch war), der Zeit, Spiegel, gelegentlich Le Monde - in anderen Worten: "B.I . = bevor es das Internet gab" - ein sich so informieren erforderte lange Tage in den Bibliotheken! In der Medical Library of the University of California, Los Angeles, wo ich außerdem Kästen voller psychoanalytischer Sachen kopierte, um mich auf dem Laufenden, dem aktuellen Stand zu bringen.

b] Ab einem gewissen Zeitpunkt in den 90er Jahren sickerten dann auch in den Jugoslawien-Nachrichten durch die Medien mit dem Namen des Objekts meiner Untersuchungen: Handke, der Kerl, hatte sich da scheinbar in die Berichterstattung eingemischt. Ach herrje, dachte ich! Sollst du dich auf diesen Umweg einlassen, meinem Magen, in Mulege viel zugesetzt, wurde es unwohl bei dem Vorgefühl auf das, was jetzt passieren würde, worauf ich mich jetzt auch noch, und aus großer Entfernung, einlassen würde: nach all dem was man schon eruiert, herausgefunden hat? Auch das noch! Es wäre doch so viel einfacher, wenn das Objekt der Untersuchung schon tot wäre. But I had no choice, packte das innere Maultier, rüstete es mit dem Wiederlesen der "Wiederholung" aus, und dem ersten Lesen des "Ende des Träumers vom Neunten Land", machte mich auf den schnellen Trabschritt dieser Verfolgung, durch eine geistige Gegend vergleichbar dem der Kaktus Wälder die ich jüngster Zeit durchritten hatte. Waren meine "chaps" ledern genug um diesen Stacheln gefeit zu sein? Diese langen Umwege über die "drei Handke-Jugoslawien Gefechte-Kriege-Kampagnen.  

Wie so oft, wurde der Ritt abenteuerlicher als gedacht; auf teilweise unvorhersehbare Weise...


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