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Michael Roloff / Schliche #5 Dem Handke auf die Schliche: E-1-14.... [e-1]
daß: Herr Handke eine Art Röntgenblick für das Böse respektive böse Leute hatte;
ausgedrückt zu der Zeit als "der ist aber ein ganz Böser;" oder
"wenigstens sehr Deutsch" und überhaupt. Was mich jedenfalls auf Gedanken über
sein Milosevic-Verhältnis bringt; trotzdem, Handkes autokratische Seiten warscheinlich
auch zu diesem Veraeltnis beigegragen haben, samt Milosescivics Verteidigung eines vereinigten Jugoslaviens. [e-2]
unwissend, vielleicht defensiv überheblich und undankbar arrogant in den 60er bis Mitte
der 70er Jahre war, wovon er ja einiges [z. B. die Beschreibung seines wirklichen Vaters,
einem Herrn Schönherr aus Norddeutschland, in "Wunschloses Unglück", später
bereute diese Reue dann ablegend, der Schuld genug, ab einem gewissen 80er Jahre
Zeitpunkt ["Am Felsfenster morgens"]. Ja, so geht's auch! [e-3]
dass das Hässliche ihn beinah zum sofortigen Kotzen bringt [brachte?]; ja, dieses
"nausea of the eyeballs", diese Übelsein an so vielem, besonders zur frühen
Zeit , der Sprache, was mich besonders stutzig machte. Der "Kaspar" mit seiner
der Sprache Übel und jedes Wort ein Schmerz kann auch wohl auf autobiographisches
zurückgeführt werden. Benehmen ja sicherlich. Zu einer Zeit sogar Ekel an nur dem Zeichen für Heu, das er jetzt liebt.["Versuch über die Müdigkeit"]. Inzwischen ist Handke "Wortklauber" wie er es so schön nennt, der erpichteste der "mot justler", geworden. [e-4]
dass nach der 21 Lesungen in 28 Städten Reise des österreichischen Kulturgut-Pakets
Handke, Kolleritsch, Libgart Schwarz, bei mir - ihrer selbsterwählten Karawanserei [der
Gedanke war wohl: Suhrkamp Agent gleich Suhrkamp Haus] - Herr Handke voller Energie,
vielleicht des vielen sich selbst Vorzeigens und vieler Resonanz wegen, stracks zu den
sehr nahen [Rizzoli, Hotel St. Regis] Zeitschriftenläden ging, um zu schauen, welche den
Spiegelsüchtigen in der Reisezeit vielleicht abgebildet hätten [?]; während Herr
Kolleritsch seinen Tachycardia-Anfall auf meinem ehemaligen Ehebett kurierte, und die
vernachlässigte, schon am ersten Abend sofort rasant und gekonnt unter dem Tisch bei
Elaine's flirtende Libgart Schwarz [von welchem Flirten das Handke-Kolleritsch Pärchen,
zu der ganzen Zeit bis auf ein einziges "Libgart du bist so anders" nicht die
geringste Kenntnis nahm] erschöpft auf dem Liegebett in meinem Arbeitszimmer sofort
einschlief, von ihrem geilen Gastgeber beliebäugelt. Die Jagd der Frau auf ihren Mann im
"Kurzen Brief zum langem Abschied" [der Roman in dem viel von dieser Rundreise
durch die USA sich widerspiegelt] interpretiere ich als Übersetzung der emotionalen
Sehnsucht der Libgart - vielleicht auch der Sehnsucht des emotional damals behinderten
Autors [?] - gegenseitig unerfüllbare Sehnsüchte - auf ihren unnahbaren Gatten, dies ist
ja nicht die einzige wütende Frau die eine Handke-Person in einem Handke-Buch verfolgt -
oder die ihm dann weggelaufen ist. Ja, es als Frau auf längere Zeit mit Herrn Handke
hautnah es auszuhalten das schaffen nur französische Heilige. [e-5]
dass Handke, trotzdem oder weil er die größte Schwierigkeit im sozialen Umgang hatte,
einfach alles von sich ausplapperte. Kaum war der Handke-Empfang vorbei - um ihn mit
seinen frühen Bewunderern in der amerikanischen Kritik, Richard Gilman und Stanley
Kaufmann, bekannt zu machen - und der Ehrengast von seinem Schutzplatz bei dem
Plattenspieler/Jukebox, zu dem er sich geflüchtet, wieder aufgestanden, bezeichnete er,
grinsend, seinen Gastgeber als SCHWUL, woraufhin Libgart Schwarz [wir voneinander wissend,
dass wir nur fünf Minuten gebraucht, suchten um in ein so schönes Kafkasches Katzenpaar
zu verknäueln], beschwichtigend, nicht auf sich, sondern das zur Zeit nicht gerade treuen
Gastgebers schon etwas früher, ihrer Kinder wegen, verabschiedeten Renate aufmerksam
machte [es was wahrlich die Zeit des "Ritts über den Bodensee"]. Das
Missverständnis, zwischen zwei Söhnen rasant schöner Mütter, also zwei erstklassigen
"motherfuckers", war auf den Ginsberg-Vorfall zurückzuführen, und dieser wurde
erst ungefähr 10 Jahre später in Salzburg aufgeklärt, als der ehemalige Gastgeber
seinem Gastgeber auf dem Mönchberg endlich erläuterte, dass nämlich er, des einstigen
Ephebe/Mignon Handkes Arsch des brutalen Buddisten Ginsberg Lust da bei Pannah Gradys
Party hätte gewesen sein sollen, ich nur als "go-between," als Übersetzer
angesprochen, eingeschaltet, worden war, wobei mein schützendes Benehmen in der Form
meiner dann preußischblauen Epheben aller Art Beschützenden Funkensprühen dem Handke
dabei nicht aufgefallen war, aber den Ginsberg scheinbar zum Ablass seines Vorhabens
brachte. Nach der Aufklärung des Missverständnisses - Handzeichenfingersprache -
erschien mir das doofe Handke - Grinsen von 1966 aber um noch unangenehmer. Alle unsere
Annahmen, inklusive des toten Alans. [Micro Play] Besonders zu dieser Zeit und meinem
damaligen (1980) Geisteszustand nach, da ich selbst, ziemlich triumphalisch von einem
Besuch aus Bulgarien zurückkehrte! Und trotz all der Liebe und Bewunderung was der Kerl
schriftlich leisten kann für mehr als einen guten Grund hatte ich auch eine große
persönliche Wut [siehe weiter], eine Wunde die aber tief unterdrückt, oder ambivalent
gibt's so was wie ambivalente Wunden, ja schon wenn sie auch positive Ergebnisse
haben - weswegen ich am Abend, unter mehr als vier Augen, versuchte ihm das Pokern beim
Tarok zu lehren. EIN
BESUCH AUF DEM MÖNCHSBERG Dem
Herrn Handke, wie ich es dann später in seinen eigenen Worten lesen würde, ist's eines
der schlimmsten Sachen, dass man ihn warten lässt, und seine Reaktion auf die
Majestätsbeleidigung war sofort zu bemerken. Wie er da mir in den herbstlichen Park
Anlagen des Mirabellen Hotels mit den Blättern zuwehte 'Na du altes Arschloch',
war ja eigentlich recht freundlich - ich ihn dann aber schnell beschwichtigen musste mit
der quid-pro-quo Lüge, die man ja immer in der linken Tasche haben soll, er sei doch
selbst nicht immer gerade pünktlich. 'Ja, und warum hast du Immerschreiber einfach nicht
weitergeschrieben?' sagte ich nicht. Er
sagte, er hätte es erwartet dass ich in solch einem Hotel absteigen würde, was mich
verblüffte, da er nichts über meine Hotelvorlieben wusste; die billigsten
abseitsliegendsten Pensionen, allerdings mit Möglichkeit zu Schwimmen. Dass er wohl von
seinen eignen Hotelpräferenzen sprach, sagte ich ihm auch nicht. Seine bemerkbar
verletzte Eitelkeit ein wenig beschwichtigend, gab er mir auch Einverständnis und Raum um
mich über die Bulgaren, die ich da getroffen hatte, enthusiastisch auszulassen, aber wie
er die schöne Sammlung verdeutschter moderner bulgarischer Dichtung - Ja, von hier,
deutete mein Finger, vom Müller Verlag herausgegeben - aus der Hand riss, und Levchevs
großes langes Gedicht in einem Zug sofort las und auch für gut beachtete, die herrische
Geste imponierte mir schon.
Der
Anfang des Gesprächs ging ungefähr so: 'Auch du liest mich nicht mehr?" Na
ja, es gab das Buch seit einem Jahr, er hätte es mir auch in New York als Manuskript
schicken können, und mir hatte niemand eines geschickt sagte ich nicht. Was
ich sagte, und was auch sicherlich ziemlich stimmte, war: "I wasn't ready for
it". Die Zeit um 1979-80 war schon teilweise sehr ereignisreich gewesen. Aber ich
hatte auch nicht irgend etwas besonderes von dem Buch erwartet: noch ein Alaska Buch, zwar
vom Peter, ich dachte mich ja in Alaska schon auszukennen. Er hatte nichts weiteres über
das Buch gesagt, auch nicht über Alaska sprechen wollen, auch vergessen dass ich ihn doch
auf diese einmalige andere Wintererlebnis aufmerksam gemacht hatte, und wenn's ein Roman
werden würde, fragte ich schon absichtlich nicht danach. Auch von dem bösen, blöden
Empfang in Deutschland hatte ich nichts mitbekommen, interessierte mich auch einen Dreck.
Also hatte ich es erst auf der Rückreise von Sofia in Wien gelesen, eine Schauspielerin
in Wien sagte, ich sehe so aus, wie sie sich den Sorger vorstellte: ich selbst hatte keine
Vorstellung dann oder jetzt wie der aussieht, und auch Handkes angebliches Gesichtstabu
hängt wohl mit seinen Augen und Autismus unter anderen [guten literarischen!] Gründen
zusammen. [Aber warum lässt sich jemand mit solch einem Tabu dann dauernd
photographieren?] Er
sagte darauf, dass er nur einmal während das Buches an mich gedacht hätte, wonach mir
sofort der Gedanken-[Fehl]-Schluss durch Gehirn schoss, dass jemand der sich an jeden
Gedanken, den er über oder an einem Buch gehabt hat erinnert - dass ich gegen ein so
buchmessen-geländeartiges Gedächtnis-Vermögen nicht ankommen könnte. [Ausserdem hatte
ich schon länger es vorgezogen eher ein "Laufer" [Sorgers Gehilfe] gewesen zu
sein in meiner früheren damaligen Existenz.] Überwältigt
von dem noch ziemlich unverdauten Buch, dass ich so alle fünf Jahre wiederlese, besonders
seinen ersten Teil, welcher mir eins der wichtigsten Erlebnisse meines eigenen Lebens
artikulierte, sagte ich nur: Sehr viel Pathos. Das bejahte er emphatisch. Dann
kamen wir auf dies und jenes zu sprechen, oder es schienen dies und das aus beiden von uns
hervorzustürzen. Vielleicht waren es auch nur Versuche endlich ins Gespräch zu kommen.
Das Briefeschreiben ging ja wunderbar. Ich wollte auch irgendwie über diesen wunden Punkt
weg kommen. Er erzählte mir von Valium, ich machte dazu eine erbrechen-simulierende
Miene, da meine Traumarbeit damit schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Bei Ansicht von
irgendwelcher Natur, erzählte ich plötzlich von einer Kusine, die im frühen Alter immer
nur die Bäume umarmt hätte. Dazu sagte er "ja, natürlich." Das muss irgendwie
mit dem Pathos zu tun gehabt haben. Ich sprach also in so ashanti-artigen
Rätsel-Sprüchen. Ja, auf diese Art wär' es schon gegangen. Also im Schmerz verstanden
wir uns schon. Er
sagte, dass er von all dem was er bis dahin geschrieben hatte, nur den "Kaspar"
bereute. Ich antwortete darauf nichts, überlegte nur huschend, was denn an dem Stück
denn auszusetzen sei - wohl sein Nihilismus und dass es, trotz seiner musikalischen
Struktur, irgendwie so ein lautes Stück ist? so wie die Analytiker den Nachhall des
Kastrationskomplexes beschreiben: noisy. Was über die Identitätssucht und Politik und
Sprache da ausgesagt wird hat für mich aber in der Zwischenzeit an Wahrheit nichts
eingebüßt. Na ja, und die Heidenarbeit des Uebersetzens und es zur Amerikanischen
Auffuehrung, und jetztz gefiehl die Sachen dem eigenen Macher nicht mehr. Aus dem Blauen kam ein wütender Angriff auf ein mir unbekanntes neues Gedicht von Hans Magnus Enzensberger. Ich war schon ganz erschrocken, des Tonfalls wegen, der Vehemenz, so bin ich immer noch, und sagte auch nichts dazu. "Wenn ich so'n Art Gedicht lesen wollte, dann könnte ich mal... " Dies
war nicht das erste mal, dass solche Urteile aus ganz unerwarteten Himmelsgegenden kamen.
Vielleicht lag diese Attacke daran, dass ich viele Enzensberger-Essays während einer
langen Schifffahrt übersetzt und in New York verlegt hatte? Vielleicht hatte dieser
Enzensberger-Hass, wie ja auch jetzt bei jugoslawischen Angelegenheiten, mit Handkes Neid
auf die damals noch so genialen Essays zu tun? Und in die dann wegen dieser besonders
vehementen Art besonders viel hineinprojiziert wurde? Ich selbst war auf den Enzensberger,
den ersten der Nachkriegsgrossen, den ich kennengelernt hatte, damals nicht mehr gut
aufgelegt: er hatte sich unerwarteter Weise als aalglatt entpuppt; irgendwie
heimtueckischer als ob Mensch, die Lage war gestört und würde auch nie
wieder richtiggestellt werden. Außerdem interessiert mich, nach der Psychoanalyse, was
er, auch die Susan Sontag, all diese so brillant schreibenen, immer weniger. Die
wirklichen Kuenstler um so mehr. Verhöhnen:
Wer verhöhnt sein eigenes Verhöhnen nicht besser als Handke selbst es in "Über die
Dörfer" tut? The "tinny derision." Und wer versteht die Gründe für diese
automatische emotionale an der Grenze der psychosomatisch liegenden Gestik weniger? Ich
sagte aus irgendeinem anderen nirgendwo: Man muss ja alles selbst schaffen. Und meinte
damit den Verlag. Und er so etwas wie: 'Die Dichter müssen aber Zeit zum träumen haben.'
Oder vielleicht: 'Die Welt wieder zusammenträumen.' Dagegen hatte ich nichts einzuwenden.
Jeder ging auf seine Art grandios zu Grunde. Dann
lud er mich zu einem Schoppen ein und wunderte sich sehr darüber, dass ich im
Schneidersitz auf der Bank sass, als ob das etwas ungeheuerlich ungewöhnliches wäre, was
bei mir nicht der Fall ist, trotzdem ich an diesem siegesreichen Tag
["Trunkheld"] schon etwas lockerer als sonst war - das Trunkheld sein hatte
sicherlich mit den mir in Wien verschriebenen Magenpillen zu tun, bulgarische
Schwarzmeerenergie - tief eingeatmet in Plovdiv [wo angeblich 10,000 Jahre mazedonisches
und thrakisches oder irgendein exotisches Blut in die bulgarischen Adern floss! So hieß
das schon damals in 1980!] - strömte aus mir heraus; ja wenn das wirklich der Fall ist
würde ich mir schon gern davon eine tägliche Transfusion geben lassen. Dann
gings bergauf und zum Tarok spielen; und es freut mich zu berichten, dass Herr Handke
unter mehr als vier Augen beim Tarok leicht auszuspielen ist, dass die Leute die mit uns
spielten, diese anderen angeblich großen Tiere, auf ihre Weise alle höchst gescheit
waren, und dass, wenn Handke im "Felsfenster" schreibt er hätte während seiner
Jahre in Salzburg keinen einzigen intelligenten Menschen dort getroffen, es vielleicht auf
die Schriftstellerei, aber auf nichts sonst zutrifft. Was dann ja übrigens zu
verwundenden Wanderungen und an blanken Träumen sich selbst-heilender Bücher wie
Chinese des Schmerzens und "Der Nachmittag eines Schriftstellers"
führte; und dass Herr Handke wahrlich nicht richtig verspielt sein kann, und jedes
verlieren - wie er es ja in "Über die Dörfer" zugibt - von ganz früh an nicht
vertragen hat. Er war nicht der erste, den ich so kennenlernte; kein Wunder dass er es so
hasst wenn's scheint, dass sich ein anderer breitmacht! Ich selbst gewann nur vollkommen
verspielt, ohne geringste Anstrengung. Sobald ich mich anstrengte, verlor ich. [Mein im
allgemeinen, viel ambivalenter ausgestatteter Ödipus-Komplex wie ich dann erfuhr.] Bevor es aber zum eigentlichen Spiel in dieser Bischöflichen Umgebung kam erzählte Handke in seinem typischen höhnischen Tonfall, dass er sich da umgesehen habe ob es noch eine Kopie von dem Buch von früher, gemeint war die "Kaspar and Other Plays"-Übersetzung, herumliege, er aber keins finden konnte. Eigentlich handelte es sich ja nicht um ein Buch, sondern derer fünf, und insgesamt so um die ein Dutzend Stücke, auch ein Roman, und die zwei Gedichtbände - ich spüre ein damals weit unterdrückteres Outrage zu Handke jetzt nach, so leicht fiel diese Arbeit mir doch nicht, ein wenig Anerkennung ging bei mir schon sehr weit, wahrscheinlich war's mir schwerer gefallen als die Original Arbeit, und es ist anzunehmen, dass mich das dann, als er mich von sich weg zu dem Dermatologen setzte, schon schön zum siegerischen Spiel angestachelt hat [und noch was, dass wohl im tiefsten Hintergrund lag]. Bei mir aber sitzt der Stachel dann nicht tief oder lang genug, oder ist dann plötzlich nicht mehr, da; dann wieder schon. Ja,
das fing damit an, dass er mich neben sich setzte und mir, der Skat seit Kind auf von dem
Großvater gelernt, der Bridge, Poker und noch so eine paar andere Sachen kann, brav das
Spiel mit seinen vielen Jokern erklärte. Ich lernte es wahrhaft im Handumdrehen, aber als
ich ihm wahrscheinlich zu Energie sprühend war, setzte er mich neben einen Dermatologen,
und der Dermatologe sagte ganz erstaunt: Ja, so geht's auch! und wir droschen schön
weiter - dass das Handke irgendwie ärgern könnte, dieses absolut ihn übergehende
unhöfliche Benehmen seines Gastes, kam mir zur Zeit überhaupt nicht in den Sinn, taucht
mir erst jetzt aus der Tiefe meines Unterbewussten als haarsträubende Möglichkeit auf!
Und dass er zu Zeit wahrscheinlich an "Über die Dörfer" arbeite. Irgendwann
kam es auch zu einem abgesprochenen Anruf von Unseld, es muss ein Sonntag gewesen sein.
Dieser Sonntag Abend war wahrscheinlich auch die Zeit die er sich eingerichtet hatte eben
mal nicht allein sondern in Gesellschaft zu verbringen. Unselds Sonntagsanruf; er war eher
wie ein Geschäftsgespräch; und ich fragte den Dr. Dr. auch etwas Geschäftliches, da ich
nach vier Wochen Bulgarien etwas in Vaduz vor hatte. Aber Unseld verstellte sich nicht
besonders überzeugend und war nicht behilflich. Im
Nu hatte ich eine dritte oder war es vierte oder fünfte Dimension ins Spiel gebracht, und
der Handke verstand leider nicht diesen Spass. An diesem Abend jedenfalls war ich auf
keine Weise bereit einer von diesen statischen Kartenspielern in dieser Cézanne-Szene zu
sein. Diese Szene wird auch nicht als mögliche Verspieltheit im "Chinesen des
Schmerzens" erwähnt, wo das Tarok- Spiel mir ein bisschen mystifiziert vorkommt,
eine Qualität die er mir dann später sehr geraten hat bei der Übersetzung von
"Über die Dörfer" zu vermeiden. - Hie und dann huschten Hausfrau und Tochter
dazu und bedienten die spielenden Herren [Ich konnte die Bemerkung 'Sie spielen Karten'
mir im Hintergrund gesprochen vorstellen und machte Handke auf das mir unangenehm
bedienende der Frauen aufmerksam.] - Dieser Abend mag wohl dann irgendwie verärgert in
einem der Tagebücher erwähnt werden. Aber
das war noch bei weiten nicht alles: das Spiel vorbei, war Handke wütend, jedenfalls
sagte er mir, dass er mir jetzt nicht die Libgart Schwarz vorzeigen würde. Da sank mein
Herz schon um einiges tief in die Stiefel, Libgart wegen, scheinbar re-importiert, der
Bergheld musste auch eine Frau haben, zum vorzeigen, und ich denke daran was Wim Wenders
mir vor gar nicht so langer Zeit hier in Seattle erzählte, dass Handke diejenigen, die
ihm am nächsten stehen oft verwundet - da ist ja viel davon im "Gewicht der
Welt" vorzufinden. Die
Frau existierte zum vorzeigen, so ein Kärntnerischer Citizen Kane. Wie wird das Motto auf
seinem Schlitten lauten? Dass sich dieses doch in ihm beruhigen möchte. Wieviel
Anerkennung braucht denn dies verwundete Kind, um sich endlich zu beruhigen und zu heilen?
[Let it Bleed.] Ja,
wenn ihm wirklich damit geholfen wäre, wäre er ja schon längst geheilt und nicht wie
ein Keiler so auf die Pilze aus in der "Niemandsbucht". Blasiert wie Goethe
möchte er sein wird es glücklicherweise nie werden. Da hilft wohl nur ein
Analytiker; ein Martin Buber als Analytiker wäre die richtige Weisung. Da können sich
Analytiker und Analysierter mit Traumaustausch und Gedichte-rieseln die gruselige Welt
schon ein wenig heimeliger machen. Der
Wutanfall war scheinbar schnell vorbei war's von mir erwartet auf der Vorstellung
der Libgart zu bestehen?: Das einmal, als sie "Ritt über den Bodensee" am
Geländer des Österreichischen Instituts in New York spielte, hatte eigentlich genügt;
und meine schon wieder zahme Nachgiebigkeit bedeutete ihm wohl, dass der Anflug
nebenbuhlerischer Bergbesieger zu sein wieder verflogen war? Jedenfalls: wäre dieser
Abend eine Party gewesen, all die strikte, disziplinierte Arbeiterei der vorigen vier
Wochen war im Begriff sich bei mir aufzulösen in einen brauträuberischen Rausch, der
sich dann am nächsten Tag, auf der Rückfahrt aus Vaduz und im Schwellenbad des Hotel
Dolder ausleben würde. Und er fragte, schon wieder freundlich, ob ich denn vorhätte ewig
Kind zu bleiben, und als ich darauf - es muss so ziemlich am Ort gewesen sein, von dem der
berühmte Stein im "Chinese des Schmerzes" geworfen wurde (oder war es, wo
er erzählte, dass sich da schon viele Salzburger niedergeschmissen hätten - wieder
so ein Selbstmordort) - dann in die stille Nacht Bergluft mein eigentlich ziemlich
verzweifelt protestierendes "never" hinausschrie, war es schön, so wie ein
Segen, als er sagte, dass das auch in Ordnung sei, und was wohl stimmt wenn man es mit
mindestem ein bisschen mehr Diskretion anfängt als ich an dieser Nacht. Aber
im nachhinein der Gedanke: Du kriegst die nicht zu sehen weil Du - dieser grässliche
sadistische, deutsche Tausch/Bestrafungsgedanke - es ist als ob er selber nichts von
seinen eigenen Sachen, z. B. dem "Bodensee" oder dem "Mündel" gelernt
hatte. Wie ja jetzt auch noch:Ich bestell die Aufführung der Fahrt im Einbaum ab, wenn
ihr die Leute nicht in Ruhe lasst.[1999] Am Morgen danach war noch das österreichische Nationalschwimmteam mit im Bad der Mirabelle, versuchte den Handke anzurufen um mich zu entschuldigen, er kam nicht ans Telefon, ich konnte nicht weiter warten, war wohl schon am Felsfenster an der Arbeit, und ich flog ab zum nächsten Schwimmbad. Nach einer Züricher Nacht ein unglaublich wilder Flug einer neuen, frühmorgendlichen Verbindung Zürich-Frankfurt, mit einem Piloten, der seine 727 in den schweizerischen Alpentälern und Pässen scheinbar mit seiner F-16 aus Vietnam verwechselte, um dann in New York noch das letzte Mal Jimmy Carter zu wählen, der angeblich, so die Botschaft in Sofia, meine Stimme gar nicht brauchte; die hatten sich auch in einen Dornröschentraum eingewickelt. Einer österreichischen Regisseurin, der ich die Tarok-Geschichte in Los Angeles erzählte, sagte: Ja, dass kann er nicht vertragen. Aber auch: Er kann schon gross sein. Und dann erzählte sie mir Handke-Kolbin Geschichten, da sie bei der Verfilmung des Duras-Romans dabei war.
[e-7]
dass er zwar scheinbar froh war auf Besuch, aber weder dem Gast ein Glas Wasser anbot,
noch nach der Länge des Weges oder sonst was fragte, aber dann, an dem Gast dann
schnellstens überdrüssig, ihn bat doch wieder anzurufen, um was immer, sich wieder ans
Schreiben zu setzen. Eine Aktivität ["Du schreibst ja schon wieder"], die auch
der ersten Tochter schon ganz jung auffiel ["Gewicht der Welt"], und die einen
als Gast, jedenfalls mich, verwunderte, ob da irgendetwas mit mir nicht in Ordnung sei,
bis man dann erfährt, dass andere auch so behandelt wurden. Jedenfalls im Fall von
Zeitungsleuten hat sich das inzwischen verändert. Aber nicht einmal Freunde werden noch auf die Märsche durch den Foret de Chaville
mitgenommen - von dem ich eine ganze Menge Photos habe. [e-8]
nicht nur sich selbst vorzeigt, sondern auch, zur allgemeinen Bewunderung, sein Kind
[siehe "Kindergeschichte"] und das ich - der Kinder aller Art liebt und
fabelhaft mit ihnen auskommt [na ja, es gibt da eine gewisse Sorte amerikanisches Kind...]
- mich deswegen glücklich schätze, nicht einer von den Revoluzzern gewesen zu sein, die
viel wichtigeres vorhatten als einen Blick auf Baby Amina zu werfen; oder des auch
Nicht-Vorzeigens [sie oben: Mönchsberg Besuch]. Beim Lesen des "Chinesen des
Schmerzes" wurde mir exakt deutlich, wo der Schwellenmensch Loser den "Alten
Nazi" mit dem Stein trifft; oder über die Salzburger Selbstmordklippe schiebt. [e-9]
Dass das Verhältnis zur ersten Tochter schwer gestört war. Hatte nie zuvor ein so
eingeschüchtertes Kleinkind - so Mitte der 70er Jahre erlebt. Ein Eindruck, den
das Lesen des "Gewicht der Welt" sowie der "Kindergeschichte" ja
betrüblicherweise bestätigte; und worüber ihn Frauenbekannte und ihre
"Hundesprache" der kontemporären Psychologie scheinbar aufmerksam gemacht
hatten. Auch etwas, dass dann angeblich schwer bereut wurde, so erzählte mir Erich Skwara
in den frühen 90er Jahren in San Diego. Und weswegen Handke - in so viel Reaktion auf
früheres Sein verfangen - in der Zwischenzeit ein liebender, etwas aufmerksamerer Vater
geworden "Lucie in dem Wald mit den Dingsda", ein Überbleibsel
eigentlich der "Niemandsbucht", aber sehr komisch und auch witzig über sich
selbst und sein Jugoslawentum. [e-10]
dass der Handke das Verbleiben mit einem anderen, besonders einem Mann, allein in einem
Zimmer, schnellsten klaustrophobisch macht, außer so scheint es mir beim Lesen des
hundertsten Handke Interviews, sei es ein Interviewer - Handke gibt gute Interviews - die
Schleuse zur grossen Welt, dem Spiegel: Muss man ja auch da, was man sich die Heidenmühe
macht, die Schufterei, wie ermüdet er doch, auch um die Augen herum, manchmal auf einigen
Photos wo er nicht posiert aussieht, oder Genie hat zu schreiben, im allgemeinen
missverstanden wird, verhunzte Sachen über einen losgelassen werden von
Feuilleton-Redakteuren, die die weissen Seiten ausfüllen müssen, von einer Misere von
Theaterkritikern, die sich weder einfühlen können in einen Text noch... und die damit
eine Schuttabladung schaffen durch ihre eine unendliche Serie von korrekturbedürftigen
Angelegenheiten, wodurch die Literaturhistoriker dann ihre Arbeit bekommen, eine andere
Art von Enzensbergers "alte Frauen", die Ziegelsteine von den kaputtgeschossenen
Häusern putzen um sie wieder aufzubauen. Und wie wortgewandt der sonst oft, beim
persönlichen Dabeisein, um Wort ringende Handke, dann den Interviewers spielend leicht
souverän "Handke" vorspielt! Zuletzt, im Jahr 2006, dem Herr Greiner von der
"Zeit", obwohl Handke doch auch gerade vor ein paar Jahren sagte: genug der
Interviews. stehen
solche Beschuldigungen nicht mehr. Das NYT-Magazin und NZZ-Interview widerspricht dem, was
er den Kroaten von Globus ungefähr zur selben Zeit über erzählte. Zur Zeit des Gredos-Interviews weilte Handke ja viel beim Tribunal in Den Haag/ Scheveningen. Sein Buch über seine Erlebnisse dort ["Rund um das Tribunal"], das Buch von jemandem, der Jura studiert hat, enthält schöne Beobachtungen, wahrlich Randberichterstattungen, aber frappierend wenig über die Sache selbst, worüber er sich aber ausführlicher und summarisch in dem NZZ Interview und in dem Literaturen Aufsatz äussert. [APPARAT]. Von
welchem Autor sonst gibt es Photos in der Menge von Filmstars? Auch viel Grinsende! Ich,
der eine große Website über Handke mache, die ihn und sein Werk von den dreizehn
Gesichtspunkten der Wallace Stevens Amsel zu betrachten versucht ["Thirteen ways of
looking at a Blackbird", irgendwie das richtige für einen Amselfeld-trächtigen],
hab hunderte von wahrscheinlich Tausenden. Auf einigen ist es offensichtlich, dass der
Mensch posiert, und zwar eher ungekonnt, trotz all der Schauspielerinnen, also, dass er
zum Schauspieler, außer vor einem Interviewer, nicht viel taugt. e-11]
Ja, dass der immer schreibende und Besucher nicht mögende dann doch auch manchmal
vereinsamt, z. B. im Hotel Adams [Ecke Madison + 86th Street + Fifth Avenue, Manhattan],
während der Arbeit an "Langsame
Heimkehr" [der erste Teil, der in Alaska spielende, ist, einer meiner wichtigsten
Handke - und Leseerlebnisse, schon weil er ein damals ungefähr 15 Jahre altes Erlebnis in
Worte gefasst hat, den "Namenlosen"]. Man merkt diese Vereinsamung am Ende des
Buches den Portier Gesprächen - und von den Tagebüchern und späteren Interviews
erfährt man, dass dies einer seiner schlimmsten Zeiten gewesen sein muss. Beneidet von
mir in Downtown Manhattan in seine Kämpfe verwickelt: ach wie schön der es hat, da oben
zu sitzen und nur schreiben. Ein Erlebnis über das er sich dann Jahre später, in der
Niemandsbucht, versucht lustig zu machen, eine der wenigen ungelungenen
vollkommen nicht überzeugenden Seiten dieses Portraits seiner Vielseitigkeit. e-12] dass Herr Handke scheinbar vollkommenes Desinteresse hat an dem was ein Gesprächspartner mal von sich selbst erzählen möchte, was Frau Colbin ja auch miterlebt hat. Er
ist zu sehr mit sich Selbst beschäftigt, sei's auf der Höhe oder ihrer Tiefe, aber es
stimmt auch schon wenn er sagt, sein Selbst sei natürlich mehr als sein Selbst, aber
dieses Alles-Alle-Selbst - enthält es dann die ganze Welt? Aber, dass aus der Distanz es
kaum einen gibt [gab], der wie er einfühlend und den Geisteszustand des Korrespondenten
einschätzen kann, dessen er auch selbst bewusst ist [siehe "Über die
Dörfer"], eine Sache in dem das Schriftliche, Briefe, Buecher, Schreiben, das
nicht-sofortige Trotzdem
glaube ich, dass es schon stimmt was Marie Colbin schrieb, zur Zeit des Kosovo Kampagne,
die schöne einer, meiner eigenen grossen Lieben beinah haargenau ähnelnden [dass ich
mich glücklich schätze ab gewisser Zeit ohne das in Paris weilende G.F. in Meudon
aufgetaucht zu sein]: "Solange es Männer gibt auf dieser Welt - Männer wie Dich -
einäugig, unnachgiebig, machthungrig und Ego-breit - wird es auch Waffen geben und somit
Kriege... Irgendwie wirst Du diesem Krieg dankbar sein, denn er befriedigt auf perverse
Weise Dein unstillbares Verlangen nach öffentlicher Anerkennung... Ich höre noch meinen
Kopf auf den Steinboden knallen. Ich spüre noch den Bergschuh im Unterleib und auch die
Faust im Gesicht. Wer bist Du denn, dass Du Dich so wichtig nimmst? Bist weder gross, noch
edel oder gar bescheiden und aufrichtig. Ein eitler Schreiber bist Du, der sich sonnt in
der Rolle des einsamen Rufers." e-13]
Dass Handke disassoziieren kann wie kaum ein Schriftsteller seit Joyce. Der
erste von ihm eingestandene Vorfall, oder der Kontinuität eines solchen, finden wir, wie
so vieles, im "Wunschlosen Unglück", wo er von der Decke (oder ist es das
Kissen) über den Kopf spricht während der traumatisierenden, nächtlichen Kämpfe
zwischen der geliebten Mutter und dem brutalen, besoffenen Stiefvater, ab seinem zweiten
Lebensjahr.[Es gibt eine ganze Literatur ueber was auf English Primal Scene
Exposure heisst]. Geschielt
hat er aber wohl auch, was da sich abspielte, ins elterliche Ehebett. Was mich dann kurz
über Handkes ambivalentes Verhältnis zu Frauen zum wundern bringt, außer dass er sich
auch mit dem gehassten Stiefvater identifiziert hat [identification with the aggressor] in
seiner eigenen Rage gegen die ihn verlassende Mutter. Das ephebenhafte das Alan Ginsberg
sofort an ihm schnupperte??
Wie
gesagt, all dies liegt schon eine lange Zeit zurück, und ich stell mir vor inzwischen
weniger konfus zu sein; aber, dass Handke sich danach noch vorstellte, dass wir Freunde
seien - noch eine andere Ebene seines Disassoziierens da. Als Wim Wenders hier in Seattle
vor mehren Jahren war sagte er mir, dass Handke denen, die ihm am nächsten standen, oft
ungeheuerlich verwundet. The smell it sticks. Was für ein dunkler Bursche er ist kann man
auch in "Über die Dörfer" lesen, er weiss es von sich selbst. In einem Rene
Mueller Interview sagt Handke er wuerde gern noch mal als Schuft geboren sein, Mueller
antwortet, dass ihm dass sicherlich noch in der ihm bleibenden Lebenszeit gelingen wuerde.
Solch Wissen bringt mich dazu, das Verhältnis Handkes zu Jugoslawien, seinem Verfall, und zu Milosevic so genau wie mir möglich...to puzzle it, to tease it apart - wie man es an eigener Seele erfahren hat. Dieser
Vorfall, lange in den Hintergrund versickert, besonders während der Übersetzung von
"Über die Dörfer", aber ein Waldfeuer, das so untergründig im Torf weiter
brannte, siechte, zuckte, flammte vor zwanzig Jahren dann auf unerwartete Weise auf
sechstausend Meilen Entfernung plötzlich, trotz "Dörfer"-Übersetzung, aber
schon wegen "Dörfer" auf, als ich für meine, unsere Arbeit kämpfte, so wie
Handke fuer seine Jugoslaven Sache, Ich
kann's zähmen, aber mehr nicht, abarbeiten. "Ich möchte mir eigentlich nicht selbst
so wieder begegnen wie scharf ich damals war!" haben auch andere schon gesagt. Und
dann doch. Das war noch in New York. Und Handkes Reaktion auf eine Gedichtserie,
"Headshots", war, so ungefähr: 'Also kämpfen tust du ja noch!' Also er wusste
davon, und hatte selbst das schneidende an der Übersetzung [einer Übersetzung für
Stimme] "gut schneidend" gefunden. Weg von New York, verliebt in so die richtige für Billy-the-Kid-Country, New Mexico, Southwest Texas, Tex-Mex, schickte ich an Handke Postkarten von fast jedem möglichen Postamt; aus vielen Winkeln. Nach einem Jahr schon erholt und zurück in New York um die letzten Sachen abzuwickeln, war ein weiterer Verlag vertragbrüchig geworden und erhielt dafür von mir so einen Brief. Das wäre sonst ein gezielte Hammerschlag auf die bloßen Zehen, mit Kopie an den Peter, von dem plötzlich das ganze Jahr lang keine Nachricht auf alle meine, die ich ihm, dem Naturmenschen, "nature postcards" doch besonders ans Herz legen wollte. White Sands, Big Bend, the Sierra de Carmen, desierto de Chihuaha. Darauf auf die Kopie hin kam dann ein Brief der anfing mit den verstörenden Worten: "Schön wieder von dir zu hören..." Dann drohte der Peter mit Abbruch der Freundschaft, sollte ich solche Briefe weiter schreiben, das könnte man doch ihm als Schriftsteller nicht antun. Es viel mir sofort auf, dass ihm ja nichts angetan, sondern eigentlich etwas für ihn, für uns, getan wurde. Und
es packte mich die Wut, der Hohn: und ich schrieb so ungefähr, und tippte, da ich wusste
um meine schwierige Handschrift, ein nicht gelungener Kompromiss, den nur Ärzte
entziffern: Also, wenn damals als, und was für ein Glück wir gehabt haben, nicht
war, dass das Verhältnis das alles überstanden hat, und es hätte wohl nicht - Während einer Rezension vom 'Chinesen des Schmerzes' war mir Handke als "Fall" aufgefallen, er wurde mein Ernstfall. Ich könnte nie so frei, ambivalent, pro und contra über ihn und sein Werk schreiben, hätte nicht Handkeforscher werden können. Also ich wollte jedenfalls mich von ihm befreien, und ich wollte sehen wie viel Humor Witz in dem Kerl steckt, denn wenn er wirklich witzig war, gewesen wäre, endlich jemand mit dem man Pferde stehlen kann. Handke hat diesen nicht verstanden wie den Mönchsbergwitz - er ist bei beiden durchgefallen. Domage. Ein paar Jahre später konnte ich dann so folgendendes lesen über den "einstigen" "ehemaligen" Freund der sich da in den Sierras verirrt habe und immer Postkarten schickte - nichts, natürlich, über das warum, wieso, etc. Mystifiziert wie das Verhältnis zur Kolbin im "Chinesen". Aber ich hatte herausgefunden, wie überempfindlich Handkes Eitelkeit war, wie nachtragend Herr Handke sein kann. Es machte mich schon unglücklich seiner Person wegen, aber machte mich genauer in dem Lesen des Werks. Deswegen ist das einzige, was ich eigentlich an ihm auszusetzen habe, dass es ihm an dem erweiternden aller Qualitäten, dem Humor mangelt. [Start] |