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Michael Roloff / Schliche #3 Dem Handke auf die Schliche: C] Ich bin Überlebender der "Gruppe 47"-Tagung 1966 in Princeton, wohl Platz des ersten, wirklich öffentlichen Handke-Skandals; saß, nicht aus Zufall, neben dem "Spiegel"- Berichterstatter Ernst Kuby, als der, der von klein auf dem "Spiegel"-Cover zu erscheinen träumende, das an Brüsten Gesichtern träumende geliebäugelt werden wollte süchtige Kind, [immer im Bild zu bleiben süchtige] sogar dann wenn er verspricht seine Idiotarie aus der Öffentlichkeit zu entfernen, fing an zu wettern ["Handke!" - "Nie von ihm gehört."]. Worin die Aufregung lag, die diese nicht vollkommen unzutreffende Tirade in den langweilige Bude Deutscher Literaturbetrieb auslöste? Mich, als amerikanischen "creative writing" Schüler, ließ dies ziemlich unterkühlt und es langweilte mich. Wobei ich bemerken muss, dass Krisen, wie z. B. die mit den sowjetischen Raketen, die einst in Kuba stationiert waren - etwas was alle hysterisch macht - mich manchmal vollkommen nonchalant lassen! Auf die leichte Schulter nehmen, so, dass die andere dann auch manchmal schwer hinkt, wenn Schultern so was wie hinken können. Hans Werner Richter, der Sargent als Gouvernante. Manieren, Manieren! Und so ist's weiter gelaufen: Verallgemeinerungen gröbster Sorte, "apple cart turning over time," und alle kommen gelaufen! Heraus aus der grossen Langeweile, die sie ihr Leben nennen, die Medien kommen gelaufen. Skandal, Skandal um den Filmstar, den er ja auch brav, manchmal bewusst, manchmal tollpatschig spielt, usw. Bis zum leidenschaftlichen Fehlspruch, Ausrutscher, während der damaligen amerikanischen "Shock and Awe"-Zerstörung der serbischen Infrastruktur zur Zeit des Kosovo Kriegs 1999, einer, wortwörtlich genommen, Fehlleistung, während des parallelen Handke-Gefechts, mit dem die "Humanitätshyänen," die Meute [die sonst niemanden helfen] in Frankreich sowie Deutschland und auch sehr hier, in den fünfzig Staaten der Vereinigten Idioten, den Handke dann am Strick der ach so Deutschen perfekten Gerechtigkeit erhängen mochten. Ja, wie viel rabiates die Zersplitterung von Jugoslawien dann überall ausgelöst hat! - Handke, Projektionsfabrikant mit Ritterkreuz und Eichenlaub, Projektionsplakat des Neides, sowie Hasses. Emotional aber kein Fehlspruch: da der Aufschrei - und auf diesen kommt es mehr an als alles andere, auf den empfindlichsten Punke der Wunde - viele weitere andere und eine Sammlung der schönsten gröbsten, kindlich bockigen [petulant] Ausfälligkeiten die ja [nur?] von Handkes tiefst verwundeter Liebe für Jugoslawien, ja seine Idee von Jugoslawien, ich hab eine viel weniger verwundbare Idee in diesem Fall, es ist ein Schmerzensvergleich, Schmerz bleibt Schmerz. Woher diese Übertragung seines Wesens, seiner Liebe? Perversität ist es in diesem Falle des auch manchmal Perversen nicht, den Versuch einer Großvater-/ Mutter-/ Onkel-Wesens Erklärung, liegt uns voraus. Ich verliebte mich ja in eine ganze Herde von Eseln anderen in meinem Sommernachtstraum, so 15 Jahre lang! Aber: vielleicht irrt sich Handke, trotz kindlichen Benehmens, Ausfälligkeiten, all dem unschönen Benehmen, aber wenn sich King Lears Fool nicht irrt in seiner Idee von Jugoslawien? Was denn? Das ist keine Relativierung, trotzdem es jetzt - wenn man die Serie von Handke "Statements" vom Mai bis Juli 2006 liest [siehe APPARAT]- es scheint, dass er nicht so "verrückt" ist und es wohl in der Zwischenzeit satt hat, sich dieser blutsüchtigen Meute von selbstgerechten Medienschreiern und Politikern weiter auszusetzen, womit er, kaum naiv, eher manipulativ in dieser Hinsicht, schon gerechnet haben muss als er sich zu der angeblich voraussehbaren Tortur des Milosevic-Begräbnisses in P. begab, der Sprache wegen! Ja, um ein bischen Ruhe oder seines Werkes wegen ist er willens sich sogar einiger der gewoehnlich erwarteten Schablonen zu bedienen, aber nicht auf lange Zeit hin! Der Spiegel Opportunist, trotzdem schon beides simultan möglich ist. Und dann, wenn's gerade aussieht als beruhigen sich die Wasser, brodelt es wieder auf: "Ich kollidiere mit dem neuen moralischen Despotismus" Reden bei Turbo-Folk: Peter Handke gibt kroatischen Journalisten ein Interview und kündigt einen Roman über Milosevic an von Wolf Oschlies Eine "Monographie über die Leiden Dubrovniks" bringen Journalisten der Zagreber Wochenzeitung "Globus" Peter Handke mit, als sie ihn in seinem Haus in Chaville bei Paris besuchen. Das Haus ist wie ein serbisches Kloster ausgestattet - Aufnahmen gestattet Handke nicht: "Es könnte ja ein kroatischer Ustascha herkommen und mich überfallen." Die Anwesenheit kroatischer Pressemenschen duldet er, ihr Gastgeschenk blättert er durch: "Ich war vor Kriegsausbruch in Dubrovnik, habe da meinen 45. Geburtstag gefeiert. Dubrovnik soll gelitten haben? Wer könnte so verrückt sein, es zerstören zu wollen? Dubrovnik ist nicht angegriffen worden, und falls doch, dann bestimmt nicht das Zentrum oder die Altstadt." So beginnt ein Interview, das aus der Flut von Pro- und Contrastimmen in letzter Zeit hervorsticht. Handke gibt sich multidimensional und schwer zu fassen. Den Journalisten bietet er grenzenlose Gastfreundschaft und rüde Reden, beste Weine, feinstes Essen samt Brachial-Flüchen serbischer Provenienz, kluge Statements und hanebüchenen Unsinn unter jugoslawischem Banner auf dem Balkon sowie Dauerberieselung mit Belgrader Turbo-Folk, gesungen von Ceca, der Witwe des Kriegsverbrechers Arkan. Diese und weitere Provokationen nehmen die Besucher ungerührt hin, genau wie Handkes gelegentliches Mauern: "Wenn das Ihre Meinung ist, haben wir uns nichts zu sagen!" Die Kroaten wollen von ihm wissen, "warum Sie sich nach kroatischer und internationaler Meinung dem Aggressor anbiederten". Handke keilt zurück: "Serbien war nie ein Aggressor", "alle Urteile über Groß-Serbien sind völlig falsch, denn die viel größere Gefahr war die Schaffung Groß-Kroatiens. Kroatien wollte Bosnien aufteilen, aber Milosevic hat keine entsprechenden Befehle gegeben. Ich habe nie etwas über Kroaten oder Muslime gesagt, ärgere mich aber seit 1991 über die Slowenen, denn Slowenen haben Soldaten der Jugoslawischen Volksarmee getötet." Im Verlauf des Gesprächs geht es ruhiger zu. Handke gibt sich als Jugoslawien-Nostalgiker zu erkennen: "Es gab keinen Grund, daß ihr auseinander gegangen seid, aber viele für ein Zusammenbleiben - die gemeinsame Geschichte und Sprache." Handke wäre nicht Handke, würde er seine bekannten, zumindest diskussionswürdigen Aussagen über Jugoslawien und den Krieg nicht gleich wieder umstürzen: "Milosevic war immer unschuldig, er war der einzige aufrichtige Verfechter Jugoslawiens, er sprach sich gegen den Separatismus Kroatiens und Sloweniens aus." Es gebe keinen einzigen Schuldbeweis gegen Milosevic. "Ich habe ihn mit Harold Pinter im Gefängnis von Scheveningen besucht, drei Stunden mit ihm geredet, sollte sogar als Zeuge seiner Verteidigung auftreten." [hier unterschlaegt seinen eigenen Artikel in Literaturen in dem er begruendet warum er NICHT als Zeuge auftreten will. LINK]Er sei "ein emotionaler Mensch", schaue sich "die Dinge aus der Nähe an, habe ein Wahrheitsempfinden und das Bedürfnis zu reagieren, kollidiere aber mit dem neuen moralischen Despotismus" - so oder ähnlich antwortet Handke stets, wenn das Gespräch konkret zu werden droht. Der Streit um den Düsseldorfer Heine-Preis? "Ich habe ihn abgelehnt. Ich brauchte ihn nicht mehr, da ich genügend öffentliche Aufmerksamkeit auf mich gelenkt hatte." Die Handke-Debatte? "Ich habe mich als Opfer gefühlt, blieb aber kaltblütig - ich wollte nicht, daß andere mich als Opfer erleben." Sein Renommee als Literat? "Meine Bücher werden schlechter verkauft, aber zum Glück kann ich von der Literatur leben." Im September werden zwei seiner Bücher in kroatischer Übersetzung vorliegen. Zudem räumt er ein, an einem neuen Werk zu sitzen: Der "tragische" Milosevic habe ihn zu "einem neuen Roman inspiriert, darum war ich auch auf Wunsch seiner Familie beim Begräbnis in Pozarevac, um die Atmosphäre des Ortes aufzunehmen, wo er geboren wurde und lebte." Artikel erschienen am Mo, 3. Juli 2006 Globus Ein Berichterstattungsgramm, dass mich einigermassen überzeugt. Ja, so ist der Kerl, wie viele der alten "layabroads" dann Mönche wurden! Mönchskammer schon auf dem Mönchsberg. Das gastfreundliche ist mir zwar fremd, auch das Kochen, aber er hat sich ja scheinbar in dieser Hinsicht sehr seit den 70er Jahren verändert [das schöne Stück "La Cuisine", mit Materic gemacht]. A la "Wunschloses Unglück" - was er sagte sei nur ein Spiegel seines Selbst da er ja seine Mutter gar nicht wirklich kannte - koennte der neue Roman dann eher die Tragödie Handke darstellen als die von Milosevic! Was ich dabei vermisse, ist Wendung des Gesprächs zum Thema der Verurteilung Milosevic' in Belgrad wegen Mord an seinem Vorgänger, post mortem, und ohne sich verteidigen zu können, aber immerhin. Es wird aber klar aus diesem Bericht, dass Handke Milosevic als Erhalter seiner Idee eines vereinigten Jugoslawien gehalten hat. Das kann ein Fehlurteil sein, oder nicht, aber warum Leute dann die Bücher oder Stücke von einem oft grossen and intelligenten Menschen - keiner von uns ist's immer, nicht wahr? - deswegen dann beinah schon verbrennen möchten? Ja, der Schlamassel bleibt der selbe. Wie mir schon bei der Arbeit an meiner Monographie über die ersten beiden Handke/Jugoslawien-Kampagnen auffiehl [und hier ist Er jedenfalls noch aufzufinden während Yugoland verschwunden [Brecht. Das grosse Kartago führte Drei Kriege]: Handke ist in einem fundamentalen Widerspruch verfangen, da er, ein Herder-Mensch, doch angeblich ein Babel von Sprachen und verschiedenen Stämmen, schon wegen der Verschiedenheit ihrer Sprache vorzieht, Grenzen, Grenzbäume, langsame schwer zu überwältigende Strassen, Wege! [à la: "good roads make for bad people, rough roads..."] Auch in diesem Land, und auf primitivste Art, zur Zeit eines der ganz wenigen Aufführungen eines Handke Stückes vor einem Jahr - der Selbstbezichtigung! - machten Überbleibsel der von der NYRB [LINK] und der einst geliebten, von einem der weiblicher Intelligenz und Schönheit einst untertänigen, Susan Sontag angestachelten Meute sich auf Handke auf die Fersen, in New Haven. Den Marcus Artikel aber ich mich die Zeit genommen mal zu zerlegen: LINK. Dort und auf LINK ist auch der Brief and die New York Review, so etwas dass die Leute, genau so wenig wie die von der New Republic, die Scott Abbot's Brief anhand der Michael Schneider Rezension der Amerikanischen Ausgabe der "Winterlichen Reise" auch nicht drucken. Und ich war bei der Eroeffnung des NYRB Ladens dabei und zaehlte Robert Silvers mit dem ich nur gute Verhaeltnisse ueber die Jahre hatte. Was wunderschoen ist ist wie Marcus krampfhaft in "Einer dunklen Nacht" nach irgend etwas pro-serbischen Sucht und nicht Handke's kleine boese Sicht eines abgeschleppten UN Kriegsfahrzeuge da auf der Salzburger Autobahn bemerkt, und dieses so schoene Buch, als nichts als "Handke's Traumschreiberei" abtut. Ja wenn sich solche Leute einmal auf eine Spur eingefahren haben.... Auch Susan Sonntag, auch so eine theatralische Selbstdarstellerin, auch so eine spaet-geborene amerikanische Humanitätshyäne mit ueben und so von ENDGAME in Sarajevo. So, wie sie sich auf amerikanische Weise ausser Landes begab, deren Moralitätsgespür, Urteil, und Zivilcourage nach 9/11 schätze ich aber wie die von wenigen Amerikanern. In Deutschland spielt das alles auf dem Hinter- und auch Vordergrund "Die Auschwitz Wunde die unvergleichliche, die gehört jetzt uns! Es ist unser aller Schuld, ach, und wie wir in unsere Schuld und Gerechtigkeit verliebt sind und wenn jemand die antastet..." so spielt es sich im Feuilleton ab, was nicht gleichzusetzen ist mit dem Auswärtigen Amt, trotzdem das Deutsche sowie Österreichische Auswärtige Amt leichter zu beeinflussen sind als, sagen wir, das amerikanische, jetzt. Deswegen wurde/wird dieser Handke Schrei dann als Verrutscher zurückgezogen. Was ist ehrlicher, das sozialisierte Bewusstsein oder das verruchte Reich des verwundeten Unterbewussten? Hat nicht der Autor Hans-Christoph Buch, er als einer der ersten auf Handke als Heine Preisträger eindrosch siehe die Links zur Welt im Apparat], zusammen mit Madelaine Albright sich zu der selben Zeit die faschistoiden einstigen Judenfresser, die Kosovo-Albaner, als sein Lieblingsvolk erkoren? Warum durfte/darf jeder dieser Stämme eigentlich blöd nationalistisch sein, nur den Serben steht es nicht zu - fällt mir noch dazu ein. Ich spreche hier von den Medien eingetrichterte, unbedachte Denkweisen, von einer Konfusion, die durch dörfisches Identitäts- and Nationalbewusstsein "Denken", den Einbruch der weltweiten Psychose, geschafft worden ist - und nehme Handke, den auch in diesem, mit seiner Partisanen und Filip Kobal Slowenischen ["Die Wiederholung", "Die Hornissen"] aufrührerischen Sentimentalitäten Widerspruch Dickicht Verfangenem, von solchen Denkweisen nicht aus. Er könnte weit weltlicher sein, nur nicht mondän, kaum vorzustellen, wie Michael Naumann, oder dem grässliche Joffe von der Zeit. Um auf die allererste Handke Vorstellung zurückzukommen: Was ist daran zu bemerken, außer einem "er hat recht oder unrecht, oder nur ein bisschen", ist "manierlich oder nicht"; "verallgemeinert ja ganz toll": Leidenschaft, Gereiztheit, Mut, sich selbst da stellen wollen. Diese wären alle bemerkens-, verwunderungs - und bedenkenswert. Wie viel Ambition, Talent, Können, Arbeit und Selbstbewusstsein dahinter steckte, fand man natürlich erst später heraus, oder dass er gut vorbereitet war. Ich hab diesen ersten Vortrag nicht als auftrumpfend in Erinnerung, eher zaghaft, zögernd, eher sanfte Stimme. Ja, und eben dieses sich zeigen wollen, gehört werden wollen, Wunsch nach Kommunikation, vielleicht auch schon ein bisschen lehrerhaft, manchmal Nervensäge, auch das eine frühe Anlage. Bei den ersten von zwei Gesprächsversuchen mit dem verbeatelten Österreicher, auf einer Party für die "Gruppe 47" und amerikanische Schriftsteller, eingefädelt von Jakov Lind und mir und Pannah Grady, in ihrer mehr als geräumigen Wohnung in dem Dakota in New York, die selbe - glaub ich - die später an John Lennon verkauft wurde, erfuhr ich folgendes: Daß der mit einer Nelke und gelbgeschecktem Hemd und Beatleshaarschnitt eine dunkle Brille trug - nicht weil er geistig in irgendeiner N.Y. Mafiafilm-Fantasie verfangen war, sondern weil er überempfindliche Augen habe. Also wenn ein Sinn überempfindlich, dann wahrscheinlich alle anderen, notierte ich schon zu einem Zeitpunkt, als ich mir keine Gedanken machte um Gründe für das Warum von Überempfindlichkeiten - und zwar überempfindlich auch unter äußerst, von meiner Augenschätzung aus beurteilt, angenehm honiggolden belichteten, sanften Verhältnissen; beim zweiten Versuch - Handke schien mir nicht gerade gesprächsfreudig auszuweichen, aber ich, der einiges über die damals kontemporäre deutschsprachige Literatur wusste, wahrhaft nur einiges, aber die Sache schon Ernst nahm, war erpicht auf Spezifisches seiner Klage, "a bill of particulars, por favor, Mien Herr". Ich steuerte auf ein ernsthaftes Gespräch über Literatur zu, ich kannte ja auch einiges was da gerade in Österreich gemacht wurde, jedenfalls was Rowohlt-Raddatz verlegte; und, beim zweiten, nicht an ihm fehlschlagenden Versuch, an seiner Reaktion auf ein Verlangen Alan Ginsbergs [wer schielt da sonst noch aus den Augenwinkeln, wie weit. Auf viele der frühen Bilder - jetzt, auf dem "offiziellen" Photo sieht der irgendwie immer falsch posierende Handke - "self-conscious" würde man auf amerikanisch sagen, was eher das Gegenteil von selbsbewusst bedeutet - wie ein frisch abgeleckter Graf aus] scheint Handke wie ein schuldiger Hund zur Seite zu blicken. Und wer weiss, ob es sich in diesem Fall um Linderung der Augen, des Blickes handelt? Und erinnert sich nach all dieser langen Zeit? Ach her je: Ich hatte es mit einem grinsenden Dorfidioten zu tun, wahrscheinlich mit nur gering gezähmtem Schuß von Sadismus. Ja, wie oft heisst es "Handke lacht." Ungehemmt, zum falschen Zeitpunkt lacht, grinst das Biest. Und dieser, "Der Geruch," [wie es so treffend in "Über die Dörfer", Handkes größter realistischer Verdichtung-Verwandlung heisst: Wie gesagt auf gut amerikanisch "Der Geruch... The smell it sticks." Und man könnte dieses Stück [dramatisches] Gedicht auch mal lesen als differenziertes und selbstkritisches, vollkommenen, selbst-veräußertes Selbstportrait; wenige Schriftsteller haben sich so eine Selbstvorstellung so öffentlich geleistet, und eine wahrere ist's als die "nacktes Ich" Darstellung im "Gewicht der Welt", und was der manchmal so "pathetic" - wie er sich da bezeichnet - sonst noch vorzeigt, kann man ja in "Die Stunde der wahren Empfindung" lesen, durch dessen Übersetzung, des "Dörfer"-Stückes, der Übersetzer, tiefst erregt, auch sich selbst veräußern konnte, seinen eigenen tieferen Spiegel, und Widersprüche - wer sagt da, Handke kenne sich nicht selbst? Über-setzungen, da ja alles [siehe Freuds Traumdeutung] Über-Setzung von Verdichtungen ist. Wie gesagt auf gut amerikanisch "Der Geruch - The smell it sticks." Ja, auch dies noch: entweder auf dieser Party, oder vielleicht noch in Princeton, Max Frisch, der damals so berühmte, ging nah an Handke vorbei, irgendwie, und ich bemerkte ein Lüstern über Handkes Gesicht zucken. Auch bei anderen, dann besonders hochstrebenden Erfolgreichen Minderwertigskeitskomplexen, hat dieser Declasse so etwas oder sehr ähnlicher auf diesen seinen Erdenzeiten bemerkt. Besonders in einer durch die Psychoanalyse [dieses Versprechen hält die Praxis] trotz Zigarren und Pfeife, wiedergeborenen Nase! Nach all diesen Jahren! Dass der Idiot auch ein ganz großer Savant war: wußte Herr Kolleritsch das? Der Priester bei dem er sich anwarb um weg von dem unmögliche Keusche Haushalt in Griffen ins Priesterinternat? Einer der Lehrer schon, so scheint es nach meinen Recherchen. Den Intendanten am österreichischen Funk, von dem er das erste Literatur Geld verdiente? Vorher kam die Arbeit des Karton fabrizierens. Wer sonst vielleicht? Noch jemand beim Stadtpark Forum? Neuwied/ Luchterhand, hatte vor Suhrkamp, "Die Hornissen", den ersten, ziemlich unbeholfenen, Roman, abgelehnt. Hätte ich auch, diesen Versuch durchs "als Ob" aus dem Naturalismus hinaus, hätte ich nicht einen Haufen Geld um auf so was schwierig sehnendes, tastendes zu setzen, das erst am Ende schön verspielt wird, was der Grund für das Selbstbewusstein wurde das Jurastudium aufzugeben. - Unseld, für den ich zu dieser Zeit als amerikanischer Scout arbeitete, hatte Handke nicht erwähnt; Handkes Auftauchen in Princeton scheint eher ein Einfall der letzter Minute gewesen zu sein. Und zu dieser Zeit wusste ich schon, wer großes geleistet hatte und noch könnte. Dass Handke sich dann entwickelt hat wie kein anderes Baby, seine Entwickelung erarbeitet hat wie selten einer. Trotz der genialen Anlage zur Flucht ins Wort, im Wort verbohrt hat wie kaum einer - seit den Mönchen - dann Wort als Tat, schon von ganz früh an. Und der Ambition von der Keusche weg oben rauf zum Fürsten oder der Kardinals Burg. In Meudon/Paris, Mitte der 70er, wo er den heimlichen, kaninchenartigen Eingang zur "Niemandsbucht" fand, wohnten wir schon in dem kleinen Gründerzeit-Palais mit gut gebohnerten Parkett in dem er den Film "Die Linkshändige Frau" drehte [die Aussicht über Paris von dort, im Buch beschrieben, stimmt], nicht mehr als Kärntner Beverly Hillbilly in der Prinzenwohnung in der Uhlandstrasse, Berlin, mit ihren Zeitungsstapeln, Kinderkrippe, kaum Möbel, oder auch ziemlich dunklem aber schön mysteriösen Keller sehr nach Puff riechendem Appartement in der Rue Montmorencey, schon in einem teuren Arrondissement, von Phase zu Phase zu Phase, der Stolz eines "Selfmade Man", der schriftstellerische Stolz sich nicht zu wiederholen, von Phase zu Phase - besonders die der formalen Möglichkeiten der Serie von den Sprechstücken bis zu ihrer Summa in dem "Die Stunde da wir nichts voneinander wussten" ausgekostet so wie's nur gewisse moderne Male es getan. Literarisch nicht im selben steckengeblieben, trotzdem vieles der persönlichen psychologischen Problematik sich nicht verändert; ewig neue formale Herausforderungen, Schachproblem-artig zu lösen, so dass ein Buch wie "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" im nachhinein, z. B. des "In einer dunklen Nacht...", jetzt seinem Übersetzer stümperhaft vorkommt. Vielleicht auch weil er nur gesund ist/bleibt/wird wenn er schreibt oder übersetzt, was für ihn das gleiche sei sagt er, was auf die Notwendigkeit sich ewig und mit Worten zu beschäftigen deutet. Handke, Wort Quelle, Syntax Maschine - das ewigen Zücken des Bleistifts um etwas in dem Tag- und Nachtheft zu notieren; sich geistig gesund hält durch diese Arbeit, diese Manie, die mir irgendwie als das Gegenteil von der berühmten ersten Freudschen Theorie der Konvertierung von Angst in Hysterie zum Kompromiss vorkommt. Anstatt Angst und Wunsch in den Kompromiss Hysterie wird Angst und Wunsch mit Schrift gebannt und in "Ruhestand" gesetzt. Auch ein fragiler Zustand, da Handke ja oft stolz betont wie "geil" seine Formulierungen sind! Etwas schriftliches, das dann den Leser beruhigt. Eine ganz seltene Kombination aus Talent, psychosomatischer Anlage[n] aller Art, der heilendste Kompromiss zum Schreiben verdammt zu sein, Ambition, von Minderwertigkeitkomplexen stimuliertem Strebertum, und Selbstbewusstein; immer vor dem Spiegel auf dem Spiegel erscheinen müssen, grosse narzisstische Wunde, Verstörtheiten. [Start] |