Mischa Lucyshyn: Thomas Paines "Das Zeitalter der Vernunft" (#93)
Kapitel III
Konklusion (f)
So wie man in den christlichen Kirchen Theologie studiert, studiert man gar nichts. Diese Theologie hat kein Fundament, sie
fußt auf keinen Prinzipien, sie hat keine Quellen, keinerlei Daten und man kann damit weder etwas beweisen noch daraus ableiten.
Ohne die Grundlagen einer Wissenschaft zu kennen, kann man sie nicht studieren - da es solche Grundlagen für die christliche
Theologie gar nicht gibt, ist ihr Studium ein Studium des Nichts.
Man sollte Theologie nicht anhand des Alten und Neuen Testaments studieren, deren Bedeutung immer strittig ist und denen jede
Authentizität erwiesenermaßen fehlt, sondern aus der Bibel der Schöpfung. Alle Prinzipien, die wir dort entdecken können, sind
ewig und göttlichen Ursprungs. Sie sind die Basis aller Wissenschaften, und so sollten sie auch die Basis jedweder Theologie sein.
Wir können Gott nur durch seine Werke erkennen. Wir können seine Eigenschaften nur finden, indem wir einem Prinzip folgen,
das zu ihnen führt. Wenn wir nicht wenigstens einen kleinen Teil seiner Unendlichkeit begreifen können, haben wir allerhöchstens
eine sehr konfuse Vorstellung von Gott. Seine Weisheit begreifen wir nur, wenn wir die Art und Weise verstehen, in der sie agiert.
Die Prinzipien der Wissenschaft führen uns zu diesem Verständnis - denn der Schöpfer der Menschen ist auch der Schöpfer der
Wissenschaften: Durch sie können die Menschen Gott, wie man sagt, von Angesicht zu Angesicht schauen.
Könnte jemand das gesamte Universum überblicken, die Bewegungen aller Planeten festhalten und ihr Auftauchen und Verschwinden
vollständig erklären, könnte diese Person weiters ihre Bahnen vorhersagen und das gesamte System der Gesetzmäßigkeiten verstehen,
dem diese voneinander abhängigen Gestirne bis zum letzten Kometen folgen und das vom Schöpfer so präzise gestaltet worden ist, dann
würde er die Macht, die Weisheit, die Unendlichkeit und Freigiebigkeit Gottes viel besser verstehen, als es ihm die Kirchentheologie je
beizubringen imstande wäre. Sie würde erkennen, wie alles wissenschaftliche Wissen und alle mechanischen Künste, die unser Dasein
hier komfortabel machen, aus dieser Quelle gespeist werden. Sie würde, von dem Anblick begeistert und von den Fakten überzeugt, in dem
Maß dankbarer werden, in dem ihr Verständnis für das System wüchse. Ihre Gottesfurcht vereinte sich mit dem Streben, ein besserer
Mensch zu werden. Wenn immer sie einer Beschäftigung nachginge, die mit diesen Prinzipen in Verbindung stünde, wie etwa Tätigkeiten
in der Landwirtschaft, der Wissenschaften und der Künste, würde sie mehr über Gott und der ihm geschuldeten Dankbarkeit lernen,
als sie das aus den Predigten christlicher Theologen könnte.
Großartige Gegenstände inspirieren große Gedanken. Große Freigiebigkeit ruft großen Dank hervor. Aber die kriecherischen Geschichten
und Lehrsätze des Alten und Neuen Testaments provozieren nichts anderes als Verachtung.