Mischa Lucyshyn: Thomas Paines "Das Zeitalter der Vernunft" (#38)

Autobiographisches Zwischenspiel


So viel war am 28. Dezmber 1793 geschrieben. Abends ging ich ins Hotel Philadelphia

(das ehemalige White´s Hotel) in der Passage des Petites Pères, in dem ich schon

logiert hatte, als ich damals aufgrund der Berufung in den Konvent nach Paris gekommen war,

das ich aber nach etwa neunmonatigem Aufenthalt verlassen hatte, um Quartier in der

Rue Fauxbourg St. Denis zu beziehen: Es lebte sich dort ruhiger, als es mitten

in der Stadt möglich gewesen wäre.


Als ich eine Gruppe Amerikaner im Philadelphia antraf, ließ ich mich dazu einladen, den

Abend mit ihnen zu verbringen - und da mein neues Quartier etwa eineinhalb Meilen entfernt lag,

nahm ich ein Zimmer im Hotel. Die Gesellschaft ging um cirka Mitternacht auseinander,

und ich sogleich zu Bett. Um etwa vier Uhr morgens wurde ich durch Schläge an die Türe

geweckt. Als ich öffnete, standen Wachleute und der Hotelbesitzer vor mir. Die Wachleute erklärten

mir, sie seien gekommen, um mich unter Arrest zu stellen und sie verlangten den Schlüssel zu

meinen Papieren. Ich hieß sie eintreten, während ich mich anziehen wollte, und ging dann sogleich

mit ihnen.


Archilles Audibert aus Calais war auch in dem Hotel, und ich wünschte, zu ihm geführt zu werden:

Ich erzählte den Wachen, daß ich nur diese eine Nacht in dem Hotel verbracht hatte und gerade

an einem Buch arbeitete, von dem sich ein Teil im Maison Bretagne, Rue Jacob befände, wohin

ich sie dann bat gebracht zu werden, welchem Wunsch sie Folge leisteten.


Die Druckerei, die das Buch druckte, war in der Nähe des Maison Bretagne, wo Colonel Blackden

und Joel Barlow ihre Unterkunft bezogen hatten, beide aus den Vereinigten Staaten von

Amerika. Ich hatte Joel Barlow beauftragt, die Originale mit den Druckfahnen aus der Druckerei

zu verlgeichen. Ein weiterer Teil des Werkes von Seite 32 bis Seite 76 war in meinem Haus.

Freilich wollte ich nicht nur alle Teile des Werkes zusammentragen, sodaß eine Publikation nicht

durch meine Gefangenschaft oder anderen Dingen, die mir widerfahren mochten, in Gefahr geriete,

es schien mir auch angezeigt, einige Mitbürger von Amerika dabei zu haben, wenn die Papiere

durchsucht würden, handelte es sich doch um Korrespondenz mit dem Präsident des Kongresses,

General Washington, mit dem Außenminister Herrn Jefferson. Es waren auch Briefe an den

verstorbenen Benjamin Franklin darunter. Und es könnte nötig werden, ein Protokoll an den

Kongress zu senden.


Joel Barlow hatte nur einen Teil des Originals erhalten, diesen mit den Druckfahnen verglichen

und letztere wieder zurück in die Druckerei geschickt.


Wir marschierten sodann in Begleitung von Joel Barlow zu meinem Haus. Die Wachleute oder

Kommissare hatten auch einen Dolmetscher mit. Ich war damit zufrieden, daß sie meine Papiere

in aller Genauigkeit untersuchten. Es ist wohl nur gerecht zu erwähnen, daß sie dies nicht bloß

zivilisiert, sondern auch mit Respekt gegenüber meinem Charakter taten.


Ich zeigte ihnen den Rest des in Arbeit befindlichen Manuskriptes. Der Dolmetsch sah es sich durch,

drehte sich zu mir um und sagte: Ein überaus interessantes Werk - es wird viel Gutes tun. Ich zeigte

ihm auch ein anderes Manuskript, das ich für das Kommittee zur öffentlichen Sicherheit verfaßt hatte

und das den Titel "Beobachtungen zum Handel zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika

und Frankreich" trug.


Nachdem sie die Untersuchung meiner Papiere und Unterlagen beendet hatten, begleiteten mich

die Wachleute zum Gefängnis im Luxembourg, wo sie mich zurückließen wie einen Mann, dessen

unverdientes Schicksal sie bedauerten. Ich bot ihnen an, dem Protokoll beizufügen, wie zivilisiert

sie ihre Pflichten und Befehle ausgeführt hätten, sie lehnten jedoch ab.

 


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