kunst O.ST: aktuell #6

kunst O.ST
oder: Jenseits vom Neandertal
Interview mit den Künstlern Walter Kratner und Martin Krusche. Beide sind federführend in der Entwicklung von kunst O.ST.
Von Max Klammler

Da unsere Gesellschaft von Kinsum und Kommerz dominiert wird, möchte die Solidarregion Weiz vor allem kreative und geistige Lebensbereiche betonen. Insofern ist auch Gegenwartskunst ein wichtiger Bestandteil dieses Bestrebens.

Was würden Sie Menschen ohne speziellen Zugang auf die Frage antworten, wozu "moderne Kunst" gut sein soll?
Krusche: Viele Menschen glauben, die Befassung mit Kunst sei der Freizeit und Dekoration gewidmet. Das halte ich für ein schweres Missverständnis. Denn ohne die Kompetenzen, um die es dabei geht, wären wir immer noch im Neandertal. Im Zentrum steht die menschliche Fähigkeit zum symbolischen Denken, die man vereinfacht gesagt beim Steineklopfen nicht bekommt.
Kratner: Zeitgenössische Kunst bietet auch die Möglichkeit, gesellschaftliche Zustände widerzuspiegeln, die im politischen Diskurs untergehen. Etwas pathetisch gesagt: Kunst kann das Leid, oder die Wut des Menschen über die bestehenden Verhältnisse zum Ausdruck bringen. Auf jeden Fall versucht die Kunst aber eines: ihre Zeit abzubilden.

Als Kulturinteressierter hat man den Eindruck, dass in der Region im letzten Jahr einiges in Bewegung gekommen ist…
Krusche: Zum Glück! Gleisdorf und Weiz glänzten jahrzehntelang in der Vermeidung von wechselseitiger Verständigung - siehe Landesausstellung 2001. Denn unsere ganze Kultur ist stark auf Konkurrenzkampf getrimmt. Pointiert formuliert musste man nach Linz fahren, um einen Künstler zu treffen, der aus Weiz stammt und das ist lächerlich. Aber neuerdings machen wir zumindest im Kunstbereich die überraschende Erfahrung, dass Verständigung Sinn macht und was bringt.
Kratner: In der bildenden Kunst ist manchmal sehr stark ausgeprägt, andere künstlerische Positionen als Verdrängung der eigenen wahrzunehmen. Doch der neuerdings positive Eindruck stimmt auch für mich. Anstoß für eine intensive Zusammenarbeit zwischen einzelnen Künstlern bildete eine Initiative der Solidarregion, die ins nächste Jahr weist.

Von Vorteil ist dabei wohl auch das gute Zusammenspiel von Kunstschaffenden und Politik in der Region.
Krusche: Ein wahres Wort! Im Allgemeinen haben Künstler das Image, weltfremde und planlose Träumer zu sein. Wir haben mit der gemeinsamen Bewerbung für die Regionale 08 gezeigt, dass wir Kulturschaffenden professionell auf der Höhe der Zeit arbeiten können.
Kratner: Erfreulich an diesem Konzept war der Umstand, dass sich die Politik inhaltlich in keiner Weise eingemischt hat. Besonders zielführend war der Wunsch der Bürgermeister Kienreich und Stark und der Kulturreferenten, über die Einreichung hinaus ein Konzept zu erstellen, dass für die Region weiter wirken soll.
Krusche: Ganz wesentlich für die Gleisdorfer Situation ist, dass die Kunst aus Fraktionskonflikten der Stadtparteien herausgehalten wird. In Winfried Kuckenberger, dem Leiter des Kulturbüros haben wir zudem einen höchst professionellen Kooperationspartner.

Nach der Bewerbung für die Regionale 08 ist jetzt kunst O.ST entstanden. Was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Titel?
Krusche: Primär treffen sich dabei Kunstschaffende der Region regelmäßig an jeweils wechselnden Orten. Die Arbeit dient dazu, unsere Bedingungen zu verbessern und neue Projekte zu entwickeln. Durch die Konzentration ergibt sich auch ein repräsentatives Abbild der Region.
Kratner: Mit der Ausstellung "next code: flow" im Kulturkeller am Weizberg wurde ein erster Schritt in diese Richtung getan, wobei es vor allem um eine künstlerische Positionierung in einem größeren Kontext ging. Für April 2008 ist eine gemeinsame Kunstaktion geplant, die an verschiedenen Orten der Region stattfinden wird. Kunst O.ST zeigt sozusagen erste Früchte und ich denke, dass wir uns noch einiges erwarten dürfen.

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["Weizer Zeitung" und "Woche Gleisdorf" v. 19.12.07]


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