(marienkirchenschokolade) seite #2

Marienkirche: Zur Geschichte

Die Kirche Mariä Reinigung war in vergangenen Jahrhunderten eine vielbesuchte Wallfahrtsstätte. Der spätgotischen Marienstatue sagte man Heilkräfte nach. Als Piaristenpatres nach Gleisdorf kamen, begannen sie alle ihnen gemeldeten Gebetserhörungen (Wunder) aufzuzeichnen. Das im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz verwahrte „Mirakelbuch" überliefert fast 600 Wunder, die einen interessanten Einblick in die Religiosität und die sozialen Verhältnisse der Region im 17. und 18. Jahrhundert bieten. Die Schrift hebt auch hervor, dass in Gleisdorf noch Heilungen stattfanden, wenn in Maria Trost oder am Weizberg nicht mehr geholfen wurde.

Die Mariä Reinigung (2. Februar) geweihte Kirche wurde spätestens in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet. 1628 wurden anlässlich einer bischöflichen Visitation ein Altar und zwei neue Glocken geweiht. Nach dem Tod des wohlhabenden Gleisdorfer Pfarrherrn Johannes Haller († 1664) wurde aufgrund einer Stiftung die Kirche neu erbaut oder doch zumindest wesentlich erweitert. Mit Sicherheit wurde ein neuer Hochaltar errichtet. 1681 begegnet uns die Kirche auf einem Schloss Freiberg gewidmeten Kupferstich Georg Matthäus Vischers. Bei der Kirche befand sich ein Bürgerspital der Herrschaft Freiberg, in dem neun, später zehn verarmte Untertanen eine Bleibe fanden.

Für den heutigen Kirchenbau konnte der Vogtherr der Kirche, der Wiener Kardinal Sigismund Graf von Kollonitsch, den erzbischöflichen und kaiserlichen Maurermeister Matthias Gerl als Baumeister gewinnen.

schoko02a.jpg (13096 Byte)

[GROSSE ANSICHT]

Gerl errichtete in den Jahren 1743 bis 1747 den imposanten spätbarocken Sakralbau an der Stelle der älteren Spitalskirche, wobei die Kirche nun gewestet wurde. Gerl präsentierte mit der Marienkirche eine für die Oststeiermark neue Kirchenbauweise, die Verschmelzung von Lang- und Zentralraum. Der Kirche angeschlossen wurde ein Piaristenkloster, in dem zwischen 1747 und 1777 die Patres ein lateinisches Gymnasium und danach bis zur Auflassung des Klosters im Jahr 1824 eine deutsche Hauptschule unterhielten. 1827 übernahm die Pfarre Gleisdorf die Marienkirche als Filialkirche.

Nach mehreren Renovierungen und Restaurierungen wurde die Marienkirche in den Jahren 1973 bis 1976 äußerst kunstsinnig renoviert. Mit der Restaurierung des alten Orgelgehäuses und der 1994 erfolgten Installierung eines völlig neuen Orgelwerkes kann der Sakralraum auch für Konzerte genutzt werden.

Die Einrichtung der Kirche stammt überwiegend aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Mehrfach findet sich der hl. Nepomuk. Die in Stein gehauene Nepomukstatue an der südlichen Außenfront wurde 1767 gestiftet und stand ursprünglich an der Straßenkreuzung vor der Kirche. Aus dieser Zeit stammt auch die lebensgroße Nepomukfigur in der hinteren Nische der Kirche, dem ehemaligen kirchseitigen Zugang zum Piaristenkloster.

Unter dem Chor befindet sich eine gemauerte Gruft, die ursprünglich für die gräfliche Familie Kollonitsch gedacht war, aber von den Piaristen belegt wurde. Insgesamt wurden hier 19 Geistliche bestattet. Unter dem Musikchor befindet sich eine weitere, 1894 vermauerte Gruft.

Der Hochaltar wird vom Betrachter als große Pforte empfunden, in dessen Zentrum die Muttergottes als Himmelskönigin mit dem Kinde thront. Der spätgotischen, größtenteils versilberten und vergoldeten Marienstatue (entstanden nach 1470) sagte man Heilkräfte nach. Maria hält in ihrer rechten Hand ein Szepter, in ihrer linken das den Reichsapfel haltende Jesuskind. Die Marienstatue war früher mit seidenen Gewändern bekleidet. Das zeigen auch die von Veit Kauperz vor 1770 geschaffenen Kupferstiche. Über der zentralen Nische findet sich das versilberte und vergoldete Wappen des Stifters, des Wiener Kardinals Sigismund Graf von Kollonitsch.

Die einfach gestalteten seitlichen Doppelaltäre zeigen über jeweils einfachen Steinmensen großflächige Ölbilder.

Die heute nur noch teilweise erhaltenen und mehrmals restaurierten Fresken der Eingangskapelle zur „Schmerzhaften Muttergottes" stammen vermutlich von dem Hofkammermaler Josef Adam von Mölck und zeigen Szenen aus dem Leben und Leiden Christi. Die gefasste, hölzerne Pietà vor einem schlichten Holzkreuz stammt von einem einheimischen Künstler aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert und zeigt Maria auf einem Hügel sitzend, den Leichnam ihres Sohnes haltend.

Die Rokokokanzel wurde von dem aus Augsburg stammenden Gleisdorfer Bildhauer und Maler Johann Conrad Schulz um 1770 geschaffen. Am Kanzelkorb finden sich Reliefkartuschen mit Allegorien auf die christlichen Tugenden (Glaube, Liebe, Hoffnung). Am Schalldach steht, auf den Marienaltar zeigend, der hl. Josef von Calasanza, der Gründer des Piaristenordens, umgeben von vier sitzenden Knabenfiguren. Zu Füßen des Heiligen liegen seine Attribute: Mitra, Kardinalshut, doppelter Kreuzstab und Abtstab.

Die Orgel wurde um 1774 von dem Grazer Orgelbauer Franz Xaver Schwarz erbaut und erhielt 1912 durch Konrad Hopferwieser ein neues, pneumatisches Orgelwerk. Der fünfachsige Orgelkasten und das dreiachsige Rückpositiv in der Brüstung wurden immer wieder renoviert, zuletzt 1993/94. Das heutige Orgelwerk wurde 1994 eingebaut und stammt von der deutschen Orgelbaufirma Georg Jann aus Allkofen bei Regensburg.

Robert F. Hausmann


core | reset | mail
16•09