MKL Journal #18 | 17. April 2009[übersicht]
Ich hab im vorigen
Eintrag "romantische Literatur", genauer "Cyber-Punk", als Quelle
von Anregungen und Ansichten genannt. Und Platons "Höhlengleichnis". Das ist
ein reichlich älteres Textbeispiel im Umbruch von oraler zu schriftgestützter Kultur.
In diesem Text, "Der Staat", spricht
Sokrates, der sich ja geweigert hatte, etwas aufzuschreiben. Das
"Höhlengleichnis" kann ganz gut als Medienkritik gedeutet werden. Im
"Siebten Buch" heißt es:
Dieses Setup und seine Konsequenzen kann
leicht verstanden werden, wenn man in einer TV-Kultur aufgewachsen ist. Das wirkt doch
einigermaßen vertraut ...
Wer nun dieses Schattentheater für die Welt
hielte, ohne die Welt "draußen" je gesehen zu haben ... Klar? Das ist also eine
kuriose "Mediensituation". Aber die MedienKUNST setzt letztlich ungefähr auf
die gleichen Effekte und menschlichen Möglichkeiten, nur gewissermaßen
"umgekehrt".
Gut, das ist jetzt natürlich eine polemische
Verkürzung. Und außerdem habe ich dringend etwas nachzuholen, denn es war hier schon
einige Male von Niki Passath
die Rede, ohne daß ich genauer darauf eingegangen wäre.
Der Medienkünstler vom "Institut für
Bildende und Mediale Kunst" in Wien hat im "MKL" Kindern Gelegenheit
gegeben, sich ein wenig mit Kybernetik vertraut zu machen. Kybernetik handelt von der
Steuerung, der Regelung von Systemen und der Kommunikation in ihnen. (Das hat übrigens auch
begrifflich seine Wurzeln in der griechischen Antike. "Kybernetes" ist
der Steuermann oder Lotse.)
EDV-gesteuerte Maschinchen werden hier
eingesetzt, um Zeichnungen zu generieren. Patterns. (Pardon für den gepixelten
Kinderkopf, aber die Kleinen können hier natürlich nicht unmaskiert vorgeführt werden.)
Das ist eine sehr interessante Anordnung, um begreifbar zu machen, wie sich etwa
Virtualität und Aktualität zu einander verhalten. Diese Themen sind, wie schon
angedeutet, keineswegs erst mit Computers in unserer Kultur gekommen.
So, und das ergibt nun einen interessanten
Fokus, nämlich: Passath, EDV-gesteuerte Maschinen, das Zeichnen und ein Text, genauer
noch: Weltliteratur ... mit einem Hauch von Blut. Das möchte ich hier kurz als kleines
Rätsel stehen lassen. Vielleicht erahnen Sie, worauf es verweist. Im Grunde auf einen
Text europäischer Literatur, der als ziemlich herausragend gilt.
Noch ein kurzer Schlankerer zu
"Virtualität und Aktualität". In Platons "Der Staat" fragt Sokrates:
"Welch ein Lehrgegenstand kann denn die Seele aus der Welt des Werdens in die des
Seins hinüberziehen, Glaukon?"
Werden und Sein. Virtualität und
Aktualität. Klar?
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