Sechs Punkte zum Kulturgeschehen
Von Gerald Gigler
... vorgelegt anläßlich des "LEADER Kultur-Treffen" am 21.11.2008 im
Grazer "Kunsthaus". Gerald Gigler ist Leiter des "LEADER-Referates" in
der Abteilung 16 (Landes- und Gemeindeentwicklung).
+) 1. Aufbau von überregional wirksamen KulturNETZWERKEN im Sinne von soziokulturellen
Prozesssteuerungen (auch im Sinne von Organisationsentwicklung gedacht). Damit KANN im
LEADER Kontext das (überregionale) Kulturmanagementbüro auch gemeint sein, MUSS aber
nicht! Gemeint ist damit sicherlich nicht die Vermarktung von Kulturarbeit als
touristischer Angebotsbringer! Oder auch nicht kulturelle Veranstaltungsförderung.
+) 2. Kultur bzw. soziokulturelle Arbeit soll in diesem Kontext vielmehr eine Transmitter
und Katalysatorfunktion übernehmen, welche geeignet erscheint, regionalpolitische
Steuerungsfunktionen nicht zu übernehmen (wäre auch eine Einschränkung der freien
künstlerischen Arbeit), SONDERN über sprachlichen, bildnerischen etc. Aktionismus [...]
Informationstransfer etc. (im Sinne von "Wahrgenommen werden" [...] kann im
positiven Sinne auch Provokation mit einschließen) regionalpolitische Handlungsträger a)
in den jeweiligen (Regions)diskurs "als Akteure" mit einzubeziehen und b)
gleichzeitig damit auch ihre Entscheidungsparameter zu erweitern! Kulturarbeit im LEADER
Kontext muss eine Erweiterung der Handlungsoptionen zum Ziel haben >> für ALLE
Teilnehmer!
+) 3. Dies sollte in weiterer Folge dazu führen, dass regionalpolitische
Entscheidungsträger durch die verbesserte Argumentationsbasis (da sie in ihrer eigenen
erweiterten Wahrnehmung ja jetzt "Betroffene" = "Berührte" sind!), in
ihren Verhandlungen (z.b. LEADER Steuerungsgruppen der Regionen) IHRE VERANTWORTUNG in
diesem permanenten Diskurs tragen bzw. übernehmen und "Dinge" ermöglichen, die
nicht kurzfristigen marktorientierten Zielsetzungen unterworfen sind. Kulturpolitische
Entscheidungshilfe im LEADER Kontext MUSS auf die Realisierung langfristiger und
kontextorientierter Entwicklungsoptionen (z.b. kunst O.ST) ausgerichtet sein
>> offen für ALLE Teilnehmer innerhalb des jeweiligen Kontext! Eine gewisse
Modellhaftigkeit (heißt nicht Abkupfern!) wäre jedoch ein Ziel, ein offener, dynamischer
und kritisch evaluierter Entwicklungsprozess (gerade von der Seite der Künstler) dafür
die Voraussetzung.
+) 4. In bestmöglichem Sinne eröffnet sich durch diese LEADER Initiative in
unterschiedlichen "Kontextregionen" (die nicht mit einer einzelnen LEADER Region
ident sein müssen) etwas, das ich als "soziokulturellen open space Ansatz"
bezeichnen möchte. Wesentlich dabei ist die Übernahme bzw. Sicherstellung einer
Moderatorenfunktion, die im Sinne von "Open space" den Informationstransfer
zwischen den Partnern (Künstler als Akteure, Kunstvermittler, öffentliche Träger,
Wirtschaft, Bevölkerung etc.) ständig am Laufen hält. Dies soll nicht
"Beliebigkeit" zulassen, sondern im LEADER Kontext MUSS der angestrebte
"Entwicklungspfad" schon definiert sein = im Sinne von Entscheidungsoptionen
bzw.: wo ist die generelle Entwicklungsoption i.R. einer Kontextregion? Die Instrumente
der Umsetzung entwickeln sich in der Regel "spontan" in Reaktion auf das
gesellschaftspolitische Umfeld (REGION!).
+) 5. Es wurde bisher bewusst die Unterscheidung "Hochkultur versus Volkskultur"
unterdrückt. Liegt auch der förderpolitische "Auftrag" der Kulturabteilung A 9
in der "Vermittlung zeitgenössischer Kultur" (wie im LEADER Kontext), so hegt
die A 16 doch die Hoffnung, dass es bei der LEADER Kulturinitiative v.a. um
"Soziokulturelle Prozesse" geht. Da LEADER Regionen weitgehend im ländlichen
Raum befindlich sind, sollte damit -- bei Vorgabe von klaren Zielsetzungen durch die A 9
-- auch ein weiter gefasster kulturpolitischer Begriff möglich sein (auch im Sinne von
Volkskultur). Wobei für mich die Trennlinie ja eine sehr fließende ist >>
bäuerlicher Obertongesang der Gruppe "Les mystères des voix bulgares" ist
eindeutig Weltkulturerbe und Hochkultur, anderes, auch goldene Schallplatten
Produzierendes aus der Ecke Volkskultur dagegen ...
+) 6. Abschließend: Es handelt sich bewusst um die Unterstützung eines soziokulturellen
Experiments! Dies schließt auch ein etwaiges Scheitern mit ein! Anders als bei der
gegenwärtigen Finanzkrise (die aber als Chance zu einem gesellschaftspolitischen
Paradigmenwechsel führen sollte), soll das LEADER Schiff jedoch nicht "Augen zu und
durch" in den Abgrund manövriert werden, sondern es ist Aufgabe des Fördergebers (A
9 Kultur) eine laufende Selbstevaluierung einzufordern und im Sinne von "STOP and
GO" die Erreichung von "Milestones" vorzugeben. Der Nachweis liegt bei den
Regionen.
+) Land Steiermark, Abteilung 16 (Landes- und Gemeindeentwicklung)
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