Es hat so seine Lustigkeit, wenn ich in
Graz am Mur-Ufer spaziere und dabei dieses Plakat entdecke. Da vermarktet eine Bank den
Traum vom sagenhaften Aufstieg, als hätte nicht eben die Weltwirtschaft eine Serie von
brutalen Schlägen erhalten, weil genau der hier so klischeehaft inszenierte Traum derart
populär ist. Nein, es ist eigentlich nicht lustig, sondern obszön.
Ein Stück südlich davon hatte ich dieses
Motiv entdeckt. Die Regierung "abschalten"? Lieber nicht! Welche Instanz hätten
wir sonst noch, um die Realwirtschaft und unser aller Leben vor einem System zu schützen,
in dem Profitjäger ganze Nationen ins Unglück stürzen?
Aber hoppla! Schützt uns die Regierung in
diesem Sinn? Schafft sie eine Situation, in der auf gerechte Verteilung geachtet wird und
man den Reichen in den Arm fällt, falls sie ihren Beitrag zum Gemeinswesen zu
hinterziehen versuchen?
Zwischenfrage: Wofür genau hat die
"Bank Austria" einen Firmensitz im "Steuerparadies" auf den Cayman
Islands? [link] Und: War nicht
etwa der österreichische BAWAG- Skandal geradezu ein Modellfall dessen, was uns
inzwischen weltweit kalt erwischt hat?
Sind wir während des jüngsten
Wahlkampfes über die realen Bedrohungen des Wohlergehens der Menschen in diesem Land
informiert worden? Ich kann mich nicht erinnern, daß man uns "reinen Wein"
eingeschenkt hätte. Statt dessen war es mehr denn je ein Wahlkampf mit sogenannten
"Ausländerthemen".
Etwas nördlicher des oben gezeigten
Plakates fand ich dann diese lapidare Botschaft eines Menschen, der zu was auch immer NEIN
sagen mochte. Ich kann das irgendwie nachfühlen.
Bei den letzten Treffen auf Einladung der
"Solidarregion Weiz" hörte ich mehrfach, es sei keine gar so neue Entdeckung,
daß wir belogen würden. Es wäre doch klar und offensichtlich, daß es bei vielen
Instanzen dieser Gesellschaft an Redlichkeit mangle.
Gut!
Aber habe ich wenigstens in dieser Region
(zwischen Weiz und Gleisdorf) genau DAS von regionalen Autoritäten, von Opinion Leaders,
auch öffentlich ausgesprochen gehört? NEIN! Blöde Sache! Denn was nicht in öffentliche
Diskurse eingeht, bleibt im Rang von Plaudereien und "Wirtshausgesprächen" und
wird daher kaum Wirkung entfalten.
Es läßt sich ja belegen und darstellen,
wie politisches Personal längst alltäglich den Menschen Sand in die Augen streut. Oder
wie eine Milliardenschwere Profiliga in Sachen Werbung uns fast überall in unserem Alltag
erreicht, um uns mit feinen Methoden zu bearbeiten.
Wie komme ich eigentlich dazu, daß mir
mein Lebensalltag ständig mit sexuellen Motiven aufgeladen und mit Luxusphantasien
angereichert wird? Wieso muß ich es hinnehmen, daß man mir Wertigkeiten und Sicherheiten
suggeriert, die über den Konsum dieser und jener Güter wie Dienstleistungen natürlich
niemals zu erreichen sind?
Wie und wodurch kann ich mich dagegen
wehren?
Und sei es bloß, daß ich gelegentlich
wenigstens ETWAS an STILLE erleben möchte, auf daß mir nicht immer und überall
Plapper-Pop und Trallala in die Ohren geblasen wird, mir nicht dauernd die Augen mit
billigen Klischees ausgewischt werden. Dort wo ich lebe und bin, wünsche ich mir das
Hören und Sehen wieder einmal beruhigt, sanfter, auch wenn ich gerade nicht aus der
"Zivilisation" fliehe.
Falls es um solche Bedürfnisse geht, auch
um mehr Redlichkeit der "Deutungseliten", der "meinungsbildenden
Schichten", haben wir einige kulturelle Aufgaben vor uns, die sich vielleicht nicht
auf "die Welt" anwenden lassen, aber sicherlich innerhalb dieser Region.
Martin Krusche