(kunst ost: agrarische welt) seite #3

Zwei Emails vom 17.11.12

Erstens:

Sehr geehrter Herr Krusche.

Ich möchte unsere, anfänglich von mir als privaten Informationsaustausch verstandene, von Ihnen ev. als Manipulationsversuch verstandene, Konversation völlig öffentlich machen. Die gesamte, von uns geführte, Mailkonversation sollte allen, unverändert, zugänglich gemacht werden.

Ich erbitte Ihre Freigabe dafür. Ohne Herr X. Das brauche ich nicht. Meine Stellungnahmen können (sollen) alle erfahren. Es ist meine Meinung. Zu dieser stehe ich.

LG
Herr X


"Herr X" bezieht sich auf meine Notiz
"Bad Blumau: Privat mauscheln oder öffentlich debattieren?",
siehe dazu: [link]

Ich halte es NICHT für angemessen, zu einer heiklen Themenstellung öffentlichen Diskurs zu generieren, indem man private Post publiziert. Dabei geht es mir auch darum, zu betonen, daß ich eine PROFESSION ausübe, die auf dem Boulevard inzwischen mehr und mehr versenkt wird, um durch die kostenlosen Brieflein von "Leserreportern" bzw. "Bürgerreportern" ersetzt zu werden.

Die sind aber, wie auch dieser Fall zeigt, mehrheitlich nicht in der Lage, das zu tun, was erfahrene Publizisten gegen angemessenes Entgelt tun sollten. Recherchieren, berichten, kommentieren, wobei unterscheidbar sein sollte, was recherchierter Bericht ist und was persönlicher Kommentar.

Die zunehmende Boulevardiesierung ziviler Öffentlichkeit bei progressiver Abwertung von Wissensarbeit hat für jede Demokratie Konsequenzen. Aber das ist ein anderes Thema.

Martin Krusche


Zweitens war also zu antworten:

ich schlage vor, sie verwenden NICHT unsere korrespondenz, um IHRE meinung zu publizieren, sondern wenden sich an ihre öffentlichkeit mit ihren ganz EIGENEN mitteln.

es wäre sonst bloß ein weiterer schritt, leute wie mich zu funktionalisieren.

es hat ja seine vorteile, daß es eine berichterstattung von jemandem gibt, der weder ihren reihen zuzuzählen ist noch denen von frutura oder spar.

was das inhaltlich ergibt und hier zusammengefaßt ist: [link] ...sollte ihnen ja nützlicher sein als unsere korrespondenz.

ich vermute, daß ihnen meine position auf anhieb nicht gleich einleuchten wird.

wir sind teil der gleichen gesellschaft, die nun seit vielen jahren WISSENSARBEIT radikal abwertet. obwohl der bedarf an content steigt wie nie zuvor, gehen die preise dafür in tiefste keller.

was nun eigentlich an unser beider begegnung so kurios ist, zeigt sich in diesem augenblick. es geht eigentlich nicht um unsere emails, sondern
a) um den content und
b) um die publikation,
also um das herstellen von öffentlichkeit.

das ist teil der strukturen, in denen einer wie ich sein brot verdient. dazu gehört natürlich die zeit und arbeit, um sich die faktischen grundlagen der eigenen meinung zu erarbeiten... kurz: recherche.

sie können mich also für ihre anliegen aus dem zitieren, was ich veröffentlicht habe, das ist klar, während ihnen unsere private korrespondenz dafür NICHT zur verfügung steht.

das heißt auch:
sie können von meiner contentARBEIT für IHRE öffentlichkeitsarbeit nur das nutzen, was formell publiziert wurde, entsprechend den geltenden reglements des zitierens.

wo ihnen die zeit fehlen sollte, aus ihren emails eine publikationsreife darstellung zu exzerpieren, wird wohl jemand ehrenamtlich oder bezahlt diese arbeit tun müssen.

ich würde an ihrer stelle übrigens eher davon abstand nehmen, das meiste, was sie mir gemailt haben, zu publizieren wie es ist.

es ist an ihren mails viel zu wenig, was einer sachlichen prüfung standhalten würde. es ist eben mehr emotion als sachbeitrag.

aber sie werden vermutlich auf meinen rat nicht angewiesen sein.

ich habe nicht nur sachliche einwände gegen ein publizieren unserer korrespondenz.

es widerstrebt mir auch emotional, daß ein privater plauderton eine fundierte arbeit an brisanten themen ersetzen soll.

daher mein ausdrückliches nein.

:-/
martin krusche

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