kunst ost (2050) glosse #10Europa im Wandel
(Februar 2013)
Welche Unruhe! Seit Monaten. Alles scheint in Bewegung gekommen zu sein. Sind
wir aus den weltweiten Krisenereignissen von 2009 halbwegs heil davongekommen? Schaut so
aus. Aber die Gemeindezusammenlegungen. Und das mit dem Bundesheer. Dann auch
Korruptionsskandale, unterirdische Geldflüsse...
Meine Erinnerung besagt, daß ich die Zeit des Kalten
Krieges nicht so unruhig erlebt habe. Doch das kann täuschen. Heute bin ich sicher,
Europa erlebt gerade den größten Umbruch seit dem Fall der Berliner Mauer. Falls das
zutrifft, werden wir alle an unseren vertrauten Ansichten arbeiten müssen.
Das heißt auch, die Mentalität von Nesthockern ist
hinfällig. Wer beklagt, daß unser Österreich nicht mehr ist was es war, hat Jahrzehnte
verschlafen. Wie viele unter uns haben gerne angenommen, der Wohlstand Österreichs sei
bloß eigenen Verdiensten zu danken?
So ist die Welt aber nicht. Auch Österreich hat Hypotheken
genossen. Außerdem haben wir im 20. Jahrhundert von allerhand Raub und Diebstahl
profitiert. Manche können sich das anscheinend bis heute nicht abgewöhnen.
Es hat uns materiell genützt, hart am Eisernen Vorhang,
also an der Grenze zwischen NATO und Warschauer Pakt, zu leben. Diese alten Vorteile sind
verschwunden. Mehr noch, Europas einstige Vormacht ist Geschichte. Wir müssen uns auf
vielfache Arten neu orientieren.
Ich kenne Leute, die sich diesen Tatsachen verweigern.
Macht fast nichts, der Lauf der Dinge wird über sie hinwegfegen. Wir sollten doch
kulturelle und politische Erfahrungen im Rücken haben, die uns für so spannende Zeiten
und eine ungewisse Zukunft stärken. Denn so heißt es -- das Einzige, was sich
nicht ändert, ist die Tatsache, daß sich stets alles ändert.
Martin Krusche
Publiziert in:
Die Oststeirische, Februar 2013
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