An Motoren schrauben und so
(Juli 2012)
Vielleicht haben Sie es schon einmal gehört, vielen ist es leider völlig egal. Fast
60 Prozent aller Mädchen wählen bei mehreren hundert Lehrberufen, die wir in Österreich
kennen, nur zwischen fünf, sechs Professionen. Friseurin, Einzelhandelskauffrau, solche
Sparten.
Das hat eine fatale Konsequenz. Die Volkswirtschaft verzichtet auf unzählige Talente,
die auch in anderen Berufssparten glänzen könnten. Das ist ein ganz realer Verlust für
unsere Wirtschaft, für unser Land. Ob es Sie nun schert oder nicht, unsere Mädchen haben
vielfältige Begabungen, die für weit mehr als bloß fünf, sechs Berufe reichen.
So betrachtet ist es Leichtsinn, vermutlich sogar eine Art von Dummheit, wenn wir durch
Ignoranz, Ressentiments, womöglich Engstirnigkeit diese Potentiale verkommen lassen.
Gleisdorfs Vizebürgermeisterin Christa Lang erzählte mir, ihr Vater habe eine
Autowerkstatt besessen und sie sei davon als Kind ebenso fasziniert wie mit all dem gut
vertraut gewesen. Aber die Umgebung habe sie schnell wissen lassen, daß sich sowas nicht
gehöre, wie das denn aussehe, wenn ein Mäderl so schmutzige Hände hat.
Speziell die Mäderl wissen ja, daß man sich Hände auch waschen kann. Und falls sie
darauf grade weniger Lust haben, könnten sie auch Diplom-Ingenieurinnen werden. Wie etwa
Heike Teichmann, mit der ich mich kürzlich über ihren Job unterhalten hab.
Sie arbeitet bei AVL List in der Automobilentwicklung und sagt: Daß ich
Ingenieurin bin, heißt ja nicht, ich muß an Motoren herumschrauben. Ich arbeite mit
Bildern." Das bedeutet, mit Abstraktionen und Rechenmodellen. Man verdient dabei auch
etwas besser als Mechanikerinnen. Schlecht? Na, sicher nicht!
Martin Krusche
Publiziert in:
Die Oststeirische, Juli 2012