Das Gespenst der Freiheit
(Juni 2012)
Den Titel habe ich von Luis Buñuel entliehen, der einen sehr komplexer Film so benannt
hat: Das Gespenst der Freiheit". Viele Menschen ahnen natürlich, weshalb sie
Freiheit meiden. Sie bürdet einem allerhand Eigenverantwortung auf. Freiheit handelt
schließlich nicht davon, daß alles egal wäre und einzelne Leute auf Kosten anderer
beliebig expandieren könnten, sich einfach nehmen, was ihnen gerade paßt.
Manche berufen sich dem gegenüber gerne auf Grenzen der Freiheit". Ich
unterhalte mich lieber über Bedingungen der Freiheit. Wenn wir über Freiheit reden, dann
reden wir vor allem über Selbstbestimmung. Wenn ich aber über mich selbst zu bestimmen
habe, dann können nicht stets andere schuld sein, falls mir etwas nicht paßt. Das ist
knifflig. Speziell auch, weil wir Menschen laufend von Wünschen bewegt werden, die oft
genug unseren selbstgewählten Regeln widersprechen.
Ich denke, es ist ein Ausdruck von Freiheit, wenn ich mich entscheide, das zu
unterlassen, was ich selbst für falsch halte, obwohl es mir gefallen würde. Das handelt
auch von einem anderen, sehr brisanten Thema. Ich muß immer neu entscheiden, welche
Balance ich zwischen Eigennutz und Gemeinnutz herstellen möchte.
Österreich erlebt etwa im Bereich seiner Spitzenpolitik gerade eine merkwürdige
Superschau der Nehmer, Trickser, Abzocker. Leute, die offenbar keine Scheu haben, diese
Republik auszuplündern. Es ist verlockend, sich darüber laut zu empören. Aber mir
scheint, die wirkungsvollste Antwort auf solche Unsitten ist, es selbst ganz anders zu
machen. Denn über das, was ich tun werde, hab ich ja jederzeit selbst zu bestimmen.
Martin Krusche
Publiziert in:
Die Oststeirische, Juni 2012