the long distance howl / konsortium 18
/ tesserakt III / seite #24
Eine Frage der Semantik?
Die Republik Österreich ist eine Res publica, eine
„öffentliche Sache“. Es besteht ein breiter Konsens, daß
eine repräsentative Demokratie anderen Varianten vorzuziehen
sei. Das heißt, der Souverän, das Volk, ist durch Abgeordnete
vertreten, die miteinander um Entscheidungen ringen.
Diese Abgeordneten vertreten in der Mehrzahl politische
Parteien. Um Macht zu kontrollieren, hat sich die
Gewaltenteilung bewährt. Das heißt, Legislative, Exekutive und
Judikative sind getrennte Instanzen des Staates. Dazu wird der
Journalismus als „Vierte Gewalt“ verstanden, was darauf
hinweist, daß wir öffentliche Diskurse bevorzugen, die eine
kritische Berichterstattung einschließen.
In meiner regionalen Anfrage [Übersicht] bei den Gleisdorfer Fraktionen
betreffs politischer Positionen erfuhr ich sinngemäß, daß man
hier praktische Arbeit zu machen habe und Ideologie keine
vorrangige Bedeutung habe. Es äußerten sich alle Fraktionen
außer der FPÖ. (Solches Schweigen ist sehr problematisch, weil
ein Mandat in der Res publica verdeckte Intentionen eigentlich
verbietet.)
Katharina Schellnegger, Fraktionsvorsitzende
Die Grünen Gleisdorf, antwortete exemplarisch: „Unsere Inhalte
und Ziele geben nämlich in der täglichen Arbeit, in der
Gestaltung unseres Zusammenlebens und in der Beurteilung durch
die Wählerinnen und Wähler mehr Ausschlag, als die
Begrifflichkeit zur politischen Ausrichtung.“
Die Passage
„die Begrifflichkeit zur politischen Ausrichtung“ erweckt
freilich den Eindruck, als ginge es bloß um Semantik und nicht
um das, wonach ich gefragt habe; nämlich was an Weltanschauung
hinter dem Mandat stünde.
Bürgermeister Christoph Stark
hat wenigstens angedeutet, daß die Mandatstragenden einer Partei
weltanschaulich und bezüglich politischer Inhalte mit der Partei
in Einklang stehen müssen, indem er schrieb: „Links, Mitte,
Rechts spielen bei ganz anderen Fragestellungen eine Rolle.“
Soll ich nun annehmen, daß eine Ortsgruppe sich nicht gar so
sehr mit den Positionen der Landespartei und der Bundespartei
assoziieren muß oder will? Das halte ich für unwahrscheinlich.
Gerade weil die ÖVP mit ihrem
oberflächlichen Umfärben auf Türkis sowie mit forcierter Message
Control und mit PR-Offensiven die Transparenz der Res publica
massiv vermindert hat, weil so Politik mit verdeckten
Intentionen gemacht wird, sind Fragen nötig, sollte geantwortet
werden.
Noch einmal: Darf ich annehmen, daß sich Ortsparteien weit von
Inhalten der Landes- und Bundesparteien abkoppeln dürfen? Nein,
das hielte ich nicht für plausibel. Wo stehen also diese
Formationen? Was kommunizieren sie nach außen?
Da
demnächst in Wien gewählt wird, habe ich hier zusammengestellt,
was mir via Facebook von den Parteien aktuell auf den
Tisch kam. Klar, das sind nun keine Gleisdorfer Botschaften.
Aber diese Memes drücken einen Status quo politischer Diskurse
in Österreich aus: Die
Memes
Wir leben in einer weltumspannenden
Infosphäre. Die ist technisch durch das Internet als Netz der
Netze konstituiert. Das wurde ein neues Phänomen auf Massenbasis
in der Medienkonvergenz digitaler Techniken seit den 1990ern.
Daraus folgt, daß alte Denkmuster bezüglich Zentrum/Provinz
aufgebrochen wurden und selbst im hintersten Winkel des Landes
nicht mehr ohne Bezug zu den Landeszentren agiert werden kann,
selbst gesamteuropäische Kräftespiele überall ihre Effekte
zeigen.
In diesem Sinn sollten wir auch auf lokaler und
regionaler Ebene einen politischen Diskurs erleben können, der
die Offenlegung weltanschaulicher Positionen beinhaltet; als
Referenz an die Res publica. | |