the long distance howl / konsortium 18 / tesserakt II / seite #11

Italianità

Zur Arbeit gehört die Muße. Dieser Zusammenhang wurde in unserer Kultur ein wenig korrumpiert. Die Muße (Otium) ist als „Müßiggang“ denunziert worden. Arbeit (Negotium) wurde einseitig aufgewertet und funktionalisiert.

Aber damit möchte ich mich hier gar nicht weiter befassen. Gerade endet die 13. Woche im Lockdown und über Social Media erreichen mich schon erste Urlaubsgrüße von Menschen, die ich teils gar nicht kenne.

Das fiel mir heute auf, da ich um 4:00 Uhr morgens einen Kübel Kaffee gebraut hab und mich an den Schreibtisch setzte. Diese Stille zur Arbeit, in der dann langsam mehr und mehr Vögel anklingen.

Danach war ich sehr zeitig in der Stadt unterwegs, um meine Vorräte zu ergänzen. Am Hinweg noch eine ganz ruhige Verkehrslage, die sich beim Rückweg völlig verändert hatte. Im Gehen war ich von dieser sommerlichen Milde solcher Morgen eingehüllt, als wäre die Luft fröhlich; zum ersten Mal in diesem Jahr.

Also beschloß ich, mir zu Hause ein Stück Sommerurlaub zu bauen, da meine Reisekasse nicht bloß leer ist, ich weiß nimmer, wo ich sie gelassen hab. Es war ansatzlos klar, daß ich auf Italianità setzen würde. Diesem Thema war ich schon in den letzten Wochen über allerhand Küchenfragen sehr verbunden.

Also besorgte ich mir öligen Kleinkram. Dazu ein große Stück Weißbrot der italienischen Art. Vom Wermutstropfen brauch ich eine ganze Flasche. Zitronen sind unverzichtbar. Höchste Zeit für neue Eiswürfel.

Inzwischen war ich von der Wärme des Tages eingehüllt, hatte die Fensterbalken geschlossen, um dieses schöne Zwielicht zu bekommen. Dann bin ich für Stunden eingeschlafen, nachdem ich bloß dagelegen hatte, nichts denkend, lauschend…

In diese Situation kam ein freundliche Traum herein. Ich sollte meine alte CB 500 zurückbekommen. Das blaue Teil. Vier Zylinder, Doppelscheibe am Vorderrad, dennoch keine hinreichende Bremse. Da überlegte ich unterm Träumen, wo ich nun das Budget für ein Service der Maschine und die Anmeldung herbekommen würde, für einen neuen Helm und robuste Stiefel.

Naja, Träumereien. Was Motorräder angeht, hab ich abgeschworen. Daran wird nicht zu rütteln sein. Was die Muße betrifft, die wird von Jahr zu Jahr wichtiger. Ich hab keine Urlaubsgrüße auszurichten. Es ist bloß das Leben.

-- [Notizen] [Lockdown] --


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