the long distance
howl | koexistenz in konvergenz (die quest) | seite #1Quest: Intro
18. August 2016. Vier unruhige Seelen auf einem Fleck. Der
unebene Steinboden von Groznjan. Hier finden vier grundverschiedene Lebenswege kurz einen
Schnittpunkt, an dem sich nun eine Erzählung entzunden hat, die aufzublättern vor uns
liegt. Das handelt auch von einer Quest.
Wir werden in den nächsten Monaten ein Stück
Telekommunikation entfalten, womit sich eine erste Linie von biographischen Momenten und
aktuellen Reflexionen greifbar machen läßt. Zu nennen sind da augenblicklich: Marko
Brajkovic, Martin Krusche, Winfried Lehmann und Helmut Oberbichler.
Winfried Lehmann (links) und Marko
Brajkovic
Für diese Erzählung ist es relevant unsere Geburtsjahre
zu nennen, denn daraus ergibt sich eine spezielle Schichtung dieser Erzählung, weil quasi
der individuelle Einstieg in die Zustände Europas (die Geburt) unterschiedliche
Schwerpunkte betont.
Damit meine ich, daß diese Jahre für uns später, im Verlauf
dieses Prozesses, ein paar nützliche Markierungen ergeben werden. Dieses
Markierungs-Schema sieht vorerst einmal so aus:
+) Lehmann: 1934
+) Oberbichler: 1948
+) Krusche: 1956
+) Brajkovic: 1966
Für mich ist die Quest zuerst ein kulturelles
Phänomen, das ich in der Literatur kennengelernt habe. Die Heldenreise gehört
zu den fundamentalen Narrativen Europas. Dann sehe ich aber sofort die biographischen
Momente in vier ganz unterschiedlichen Leben, von denen wir einander auf dieser kleinen
Reise erzählt haben.
Dem geht als Motiv voraus, was uns als Grundmuster der Initiation
überliefert ist. Ritueller Tod, Abstieg in die Unterwelt und Rückkehr. Die Rückkehr
ist dann auch ein sehr wichtiges Element in einem Künstlerleben.
In der platten, spießbürgerlichen Deutung hören wir
gelegentlich, ein Künstler müsse leiden, müsse darben, um sich "wahrer
Kunst" anzunähern. Das ist populärer Mumpitz. Es sind aber oft radikale
Erfahrungen, von denen man zurückkehren konnte, manchmal auch als Überlebender, die
einem jene inneren Bewegungen bieten, von denen die Kunstpraxis profitieren kann. (Kann,
nicht muß.)
Winfried Lehmann (links) und Helmut
Oberbichler
Das ist eigentlich ganz unspektakulär, zumal uns aus der
Antike die Ansicht überliefert wurde, daß es ohne Krisis keine Katharsis geben könne.
Aus der Poetik des Aristoteles beziehen wir den Hinweis, daß es der Erfahrung des Jammers
und des Schreckens bedürfe, um eine Katharsis erleben zu können.
Das ist also keine den Kunstschaffenden vorbehaltene
Möglichkeit, seinem Inneren nächste Klarheiten zu verschaffen, es ist den Menschen
generell empfohlen.
Heldenfahrt, Pilgerreise, radikale Ausritte,
konsequente Kontemplation, wir kennen viele Arten, die Grenzen von vertrautem
Terrain zu überschreiten. Die Geburtsjahre 1934, 1948, 1956 und 1966 deuten allein schon
an, daß schließlich Leben, die in jenen Jahren begannen, auf höchst unterschiedliche
Reisen hinausliefen.
Was mag sich daraus ergeben, wo nun dieser
Verständigungsschritt in Groznjan stattgefunden hat? Die Werke von Brajkovic
haben für uns einen Ansatzpunkt und Angelpunkt ergeben. Wir gehen
momentan von der Betrachtung dieser Arbeiten aus.
Die Reise selbst, dieses kurze Erlebnis gemeinsamer
Raumüberwindung, ergab eine Reihe weiterer Schnittpunkte, zeigte uns Querverbindungen
auf, die wir nun in einem kollektiven kulturellen Prozeß überprüfen möchten.
Sie können hier den weiteren Verlauf dieser Geschichte
verfolgen...
Martin Krusche
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