the train: locomotion #13
hi martin!
hab mir so ein paar gedanken gemacht, ob unserer gemeinsamen reise...und seh grad (beim
nunjetzigen lesen der vielen mails) dass der zug schon losgefahren ist...
Das trajektierte wissen hat mit der einsicht zu tun, dass wir selbst als erscheinungsform
einer solchen trans-mutierenden eigenschaft unterworfen sind, die in unterschiedlichen
ausmaßen zu verlangsamungs- bis hin zu versuchsweise statischen fundamentierungen- oder
beschleunigungsprozessen führen. (altern allgemein, in seiner motivierten form des new
agings, faceliftings, etc. und diverser formen von lebensgeschwindigkeitsveränderungen,
burnout- effekten etc.)
Die seßhaftigkeit verweist auf einen selbstmythifizierungsgrad, der durch möglichst
dauerhafte schaffung zu einer permanenz der sicherheit führen soll. Dies heißt u.a. dass
bewußtheit bezüglich einer allumfassenden bewegung, mit ausnahme des (additiven)
wachstums (additiv deshalb weil bestimmte formen von dynamischen wachsen bereits wieder
auf ein schrumpfen und reduzieren, auf unwahrscheinliche einbrüche und unvorgesehene
ereignisse zu reagieren versuchen) aus dem gesichtsfeld gebunden wird. Die welt bewegt
sich um die kirche, die stadtmauern, etc. und mit der soziologischen eingebundenheit (in
jegliche) struktur ergibt sich ein fixplatz im universum, das in und um die einzelne
subjektivität in relation (zumeist unterordnung) einer "gemeinsam" anerkannten,
also "objektiven machtkonstellation das mögliche bewegungsfeld absteckt.
Ist die möglichkeit groß steigt nicht nur das potential der bewegungsfähigkeit, sondern
damit auch der relativen unsicherheit. (was wiederum zur bildung von meuten, horden, also
"reisegruppen" führt.) Als wesentlichste entwicklung einer instrumentalisierung
kann die navigation angesehen werden. Also der eigene subjektive einfluss auf den weg und
damit das geschehen durch ausrichtung. Eskimos orientieren sich an der farbe der
wolkendecke in der sich die wasserläufe zwischen den eisschollen unterschiedlich
spiegeln, polynesische steuermänner können exakt die position und entfernung ganzer
inselgruppen bestimmen. Das heißt: ein abstraktes ziel kann gesteckt und mittels wissen
auch angesteuert werden. Vorab wird eine auswahl mittels sicherheiten getroffen. In frage
des europäischen reisenden (also uns) heißt das jedoch nach der bestimmung der ursache
unserer mobilität zu fragen, den als pilgerfahrt wird die bundeshauptstadt wien uns wohl
kaum dienen? Das warum. Den der nomade zieht ja nicht ziellos und unbegründet seine
kreise..zudem hält er damit eine raum-zeitstruktur...
Unserer zugreise folgend (und im su.n-workout03 auf "body&space"
beschriebene verfahrensweise) ergibt sich dafür: nach dem traditionellen vermessen der
(nutzbaren) landschaft mittels historischer kartographie entwickelt sich ein dynamisches
ausloten des potenziellen raumes, wobei der körper selbst (teils mit hülle oder gerät)
zum vermessungsinstrument wird und die klassische kartometrie um multisensorische und
-mediale bereiche erweitert wird.
Allein der grund unserer erkundung bleibt offen, sei es nicht der selbstzweck des sich
bewegens (also einem präklassischen, dann klassisch biblisch, bis avant- und
touristischen verhalten) in der möglichst optimierten sphäre. Nachdem aber erkundung,
kartografie, und publikation in einem zusammenhang von machtpotentialen gesehen werden
können, stellt sich die weitere frage, warum den (sitz-)platz besetzen, den (wagon)raum
halten, die streckensituation vermeindlich kontrollieren. Sei es nun die
"selbstermächtigung der künstlerInnen", oder der auftrag zur beantwortung der
gestellten frage, das projekt. Also leben, beschäftigung oder rechtfertigung.
Das da-sein, bringt in dieser selbstermächtigung den gottesstatus mit sich als ein
"ich bin hier!"- jahwe. Das unwahrscheinliche zusammentreffen solcher
ergebenheiten impliziert beinahe ein weiteres "werden", die schöpfung. Und im
demokratisch mehrheitlichen kreis lässt es sich halt leichter held sein.
Nun aber das zusammentreffen der situationistisch geschulten und konzeptionell
vorbereiteten zug-symposiums-teilnehmer mit den völlig ahnungslosen alltäglichen
routinependlern, die den zug (ach wie einfaltslos) nur als transportmittel ihres welkbaren
körpers von A nach B (oder hier eher von F nach F) verwenden, oder der reinen reise- sei
der fall der unglaublichkeit der einzigartigkeit einer ersten reise eines kindes- wegen.
Will nun der reisende den mitreisenden zur geselligkeit seines tuns und denkens einladen,
da sich nun schon der geteilte raum so einverleibt, wo die einzeln additiven sich zu einem
gesamten im wagon vereinen, mit doch recht harter grenze zum aussen, weil eben jene
geschwindigkeitsdifferenz von innenleben und aussenwelt erheblich ist, die sicht über den
horizont des (zug)fensters beschränkt, oder sei es unbeteiligt vom lauf des aussen, da
sich ja denken nur im inneren tut, und ists dann die kommunikation zum aussen, also zu
(uns) anderen, den üblichen passagieren, passanten der passage, "passierten"
passers-bys. Wie sieht dann unser zug(fenster) aus?
Kommunikation bedeutet in gewissem sinn verkehr, also bahn auf fixer strecke (sicher wie
die eisenbahn drüberfährt) - wir mitten drin. Weder waschstrasse noch graffitidunst
werden wohl unsere ausdrucksmöglichkeit zur (lokal wahrnehmbaren) umwelt sein (wäre es
wohl ein großartiges als zu passagierender das passageinstrument- nein ich mein hier nur
tatsächlich den zug als meßinstrument und nicht wörlich den kreis, also meridiankreis
zur bestimmung der durchgangszeiten von sternen durch den meridian..wiewohl sich hier
schnell neue gedanken zu spinnen beginnen doch halt! zurück aufs gleis -- in seinem
aussehen zu gestalten und eine nette (quasi esoterische oder juridisch notwendige) geste,
als passagierter den zug hinterher zu waschen (vielleicht sinds aber auch die wunderbaren
schirme aus den fenstern von anja kaufmanns ruedigerstrasse1?)
Interessant ist freilich auch dass du den einfluss des arabischen (jetzt wohl nicht als
zigeunerhaft sondern eher als orientalischen, islamischen?) suchst, bei einer bahnfahrt an
den letzten ausläufern der alpen, wo seßhaftigkeit tief in die täler eingeschnitten
ist, und eine imaginäre grenze eines alten zusammentreffen zwischen katholischer und
muslimischer welt, in ihrer ankunft als nomadische, war.
Statt durch die berge durchzufahren, fahren wir an ihren ausläufern, den alten bayrischen
vogelweihdergrenzen entlang...wie früher die leuchtfeuerbotschaft vom anrücken von
hunnen, türken etc. - mit welcher botschaft? Da wir "nur" unsere körper (samt
lunchpacket) und der "nur" unseren geist (dann erheitert hoff ich)
transportiert, ists wohl eine geistreise, deren gedanken nun bereits vorauseilen, nicht
eben der strecke wegen, eher des zeitplans zur ermöglichung der gemeinsamen reise,
während der grund aus dem nichts kommend langsam sich dazugesellt...
»Was ist Philosophie?«
"Darauf wurde vielfach geantwortet; häufig durch eine neue Philosophie. Gilles
Deleuze' und Félix Guattaris Antwort will keine neue Philosophie sein, sondern die
Voraussetzungen, die Unbekannten der Frage benennen. Was also ist sie - und vor allem: Wie
arbeitet sie? Sie ist weder Kontemplation noch Reflexion, noch Kommunikation. Sie ist jene
Aktivität, die Begriffe erschafft, erfindet, formt und herstellt. Sie soll uns über den
schöpferischen Charakter der Begriffe Aufschluß geben und über die damit einhergehenden
Begleitumstände: reine Immanenz, Immanenzebene, Begriffspersonen. Dadurch unterscheidet
sie sich von der Wissenschaft wie von der Kunst. Auch diese sind schöpferisch, aber ihre
Elemente sind andere und auch die Ebene, auf der sie jeweils wirken: Alle drei Disziplinen
sind verschieden, können sich aber berühren, sich wechselseitig ein Echo geben."
(http://www.uni-online.de)
wenn's dem nach nun also beschränkt ist auf die reine immanenz (also eine einschränkung
des erkennens auf das bewußtsein oder auf erfahrung) - so packt die lunchpackete, es wird
ein opulentes mahl! (vielleicht sollten wir vor ort kochen und einen speisewagen ins
zugnetz infiltrieren...)
wir reisen länger, verlangsamen uns also. Wenn aber "die geschwindigkeit keinesfalls
ein phänomen ist, sondern lediglich das verhältnis zwischen den phänomenen", so
scheints wie in zitiertem virilio zum rasenden stillstand zu kommen, aber eben durch ein
zusammentreffen.
und wie geschieht es nun im system selbst?
Gorbachs "Stretchung"
Gorbach hatte in seiner Aussendung erklärt, der ÖBB-Rahmenplan werde jährlich
evaluiert. Das könne einerseits ein Vorziehen eines Projekts bedeuten, wenn neue
Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden, oder aber auch eine "Stretchung nach
hinten".
Eine "Stretchung" ist laut Gorbach nötig, wenn ein Projekt "noch nicht
baureif" sei oder ein Bürgerbeteiligungsverfahren Verzögerungen mit sich bringe.
Gleichzeitig betonte er, dass am strategischen Ausbauprogramm des GVP festgehalten werde.
http://orf.at/050213-83740/index.html
somit ist herr gorbach nun lt. Deleuze philosoph (oder künstler..). Geben wir der reise
einen sinn? Oder mit jules michelet: "jedes klima ist ein heilmittel, die zukünftige
medizin wird in der vorbeugenden emigration sein". Nach wien? Werden wir alle wieder
nomaden? (vielleicht sollten wir nach einer weidung unseres leibes und einer tränkung
unserer kehlen entlang der anderen strecke wieder zurück nach graz fahren und den kreis
schließen? Trajektierendes Trainingscamp? Als konzentrierung auf zukünftiges? Oder zur
steigerung der prinzipiellen produktivkraft des wissens nach lyotard (der da im
postmodernen wissen übrigens davon ausgeht dass sich die wissenschaft noch verstärkt und
der abstand zu den entwicklungsländern in zukunft nicht aufhören wird sich zu
verbreitern (schlecht für gleisdort), nun also die frage nach der muslimischen
aufklärung wieder auftaucht und die frage ob uns hier im grenzabschnitt beide kulturen
begegnen? Oder irgendeine. Und seis unsere eigene!
ho! was für (lange) worte, und nun schluss. dem monolog des briefes soll die direkte rede
folgen! das gastmahl wartet!
lga.
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