+) Kaffetrinken in der Region der Orthodoxie ...
Goran war mein Gastgeber in den Türmen von Zemun,
hinter denen breit die Donau liegt. Dort habe ich jene Art Frühstück kennen gelernt,
wozu Burek und Kajmak gehören. Ein spezielles Gebäck und ein Käse, dessen Konsistenz
unserem Topfen gleicht. Sowie ein trinkbares Joghurt zu leichtem Gemüse, Paprika, Tomaten
...
Das Kaffeetrinken hat, so erzählte er mir, im Hochhaus eine erhebliche
soziale Funktion. Es ist Anlaß für Zusammenkünfte und Gespräche. Obwohl er selbst
eigentlich keinen Kaffee mag, hat Goran es doch seinen Leuten nie ausgeschlagen, sich auf
eine Tasse mit ihnen zusammenzusetzen.
Martin Krusche
Cut!
Kaffeelesen hat in meiner Familie eine lange Tradition. Vor allem wohl,
weil meine Verwandtschaft überwiegend weiblich war. So erklärt sich diese Vorliebe von
selbst. Meine Oma und ihre zwei Schwestern waren für die damalige Zeit überaus moderne
Frauen. In gut geschnittenen Hosen, Zigaretten rauchend, so habe ich sie in Erinnerung.
Das Ritual des Kaffeetrinkens war ihre allerliebste Art, sich vom
Alltag in eine Welt der Träume zu versetzen. Die Geschichten, die ich dabei zu hören
bekam, gaben mir erste Einblicke in die geheime Welt der Erwachsenen. Natürlich ging es
dabei um Liebe, Glück, Sorgen
Auf jeden Fall um große Gefühle. Die Gefühle sind
das Wesentliche, weshalb mich das Kaffeelesen interessiert.
Mirjana
Selakov
Cut!
Eine Gesellschaft, die sich nicht auf Schrift stützt, eine orale
Kultur hat sehr unterschiedliche Möglichkeiten, um Wissen zu bewahren und weiterzugeben.
Mnemotechniken, Überlieferungen, ritualisierte Kommunikationsformen
In der Arbeit am Thema Next Code sind für uns Optionen
interessant, die ohne konkrete Begegnung in leiblicher Anwesenheit nicht funktionieren.
Erzählen als grundlegender Anlaß für menschliche Zusammenkunft. Narrative
Verfahrensweisen, bevor Medienanwendung ins Spiel kommt.
Eine kuriose Variation dieses Themas ist das
Kaffeesudlesen. Eine Kommunikationssituation, die von realer sozialer
Begegnung bestimmt ist. (Kein esoterisches Konzept!) Es zählen dabei Inspiration und
Esprit. Deutung und Dialog sind zwar auf die Ahnung von einem Zeichensystem gestützt,
doch das Mediale (der Kaffesud) wird dabei nicht konkreter, unzweideutiger, als ein
Repertoire von Symbolen.
Was dabei zählt, sind das Gespräch und all seine paralinguistischen
Anteile ...
Martin Krusche
[Große Ansicht]