Next Code: Passion / Warum ein Roman?
Daß ein Autor nicht abbildet, sondern Imagination bevölkert und dann erzählt, was er
dort gesehen hat, ist eine ganz konventionelle Verfahrensweise. In der
Tradition alter Mnemotechniken, als dies noch eine orale und keine Schriftkultur gewesen
ist. Medienanwendung ist Realitätserzeugung. Als Autor imitiere ich nicht, ich simuliere.
Geschehen. Welten. (Kennt das Erinnern einen essenziellen Unterschied zwischen Geschehen
aus der Lektüre eines Buches und Erlebtem aus Augenzeugenschaft?)
Die Simulation ist, im Gegensatz zur Imitation, das Verwenden eines Modelles, um etwas
über reale Systeme herauszufinden. Anders ausgedrückt: Imitation täuscht die
Anwesenheit einer Realität vor, die in Wahrheit abwesend ist. Simulation ist der Gegenpol
zur Imitation. Sie täuscht die Abwesenheit einer Realität vor, die in Wahrheit anwesend
ist. (Mirjana Selakov in einem Aufsatz über Andrea van der Straeten.)
Wenn (nach Aristoteles) das Virtuelle dem Aktuellen voransteht, dann ist das Simulierte
ein Ereignis an beider Nahtstelle. Diesen Zusammenhang nutzt das SPLITTERWERK,
nutze ich; das ermöglicht uns, Mittel der Literatur für ein flüchtiges Gemeinsames
einzusetzen.
Ich bediene mich der Arbeit des SPLITTERWERKS, dabei am Geringsten ihrer
Visualisierungen. Ihre theoretischen Beiträge, aber freilich auch das, was man von ihren
Werken gelegentlich erblicken kann, ist für mich die Ausstattung des Raumes, des
Kontinents, den ich mit meiner Geschichte belebe, meinen Figuren bevölkere. In der Folge
sehen wir gemeinsam nach, was dort zu bemerken ist. Woraus sich manche
Anregung zu dem ergibt, wovon die Arbeit des SPLITTERWERKS inhaltlich handelt.
Martin Krusche
+) Foto: Edith Hemmrich (SPLITTERWERK)
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