intro #3: dagmar eberhardt "Die Erotik Kants"
(Vom Sublimen zwischen Ortlosigkeiten und präformatierten Gefühlen)
Der paradoxe Zwischenraum, das Schweben in einem
vorexistenten Zustand erschüttert die klassischen RaumZeitKategorien, und
versucht, einen gefühlsorientierten Ansatz, um dem Staunen ob dieser Unvernunft, näher
zu kommen. ORTLOS wird zur Bezeichnung eines unvordenklichen
Ereignisses: jener Grenze zwischen Erfahrung und Vernehmung (aisthetos) wird hier
berührt, an der sich die Form zugunsten der Erscheinung suspendiert.
Das ES GIBT (als unvordenkliche
Ereignis) bleibt vor dem RaumZeitSatz unbekannt; es ist nur in einer
unbestimmbaren Weise fühlbar
Die Beschreibung dieses Gefühls findet sich im
zweckwidrigen Gefühl des Erhabenen wieder, das über das ZeitRaumSchema
hinausgehend, auf die ursprüngliche Empfindung hinweist.
Die Form verschwindet und löst sich zugunsten des
Urgetüms Materie auf. Übrig bleibt das blosse, nackte Gefühl von Angst und Schaudern
oder auch Bewunderung. Und wiederum die Frage: wo sind wir hier: vor allem SEIN? in einem
vorontologischer Zustand ? Lyotard meint dazu: Es ist die Frage des Seins /
NichtSeins (Widerstreit, 133), jedoch nicht im Sinne einer Ursprungserfahrung,
sondern nach einem Zuvorkommenden. (d.e.) Die Zeit ist durchaus eine Kategorie des
Seinenden. Das Sein ist nicht Zeit . (Widerstreit, ebda.)
Und wo bleibt die EROTIK?
Man lege sich gemäß der Angewohnheit vieler LeserInnnen
mit kantianischer Lektüre ins Bett und versucht die "Monstren der Vernunft" im
Traum zu erschrecken um endlich, gebettet auf Rosen der Fantasie, sich der
Sinnlichkeit hingeben zu können. Der Forderung nach Kontinuität, dem ständigen Zwang,
"es" müsse fortgesetzt werden, liegt eine biologisch zugrunde; letzlich sollte
dieser Obliegenschaft der Menschheit nur unter erotischen Bedingungen folge geleistet
werden. Wider dem Kalkül!
Conclusio
Dem Pardoxon des Ortsende von Ortlos wurde im
Zuge unserer Diskussionen auf recht kohärente Weise (die "trainliste" besteht
aus 27 Personen aus unterschiedlichsten Fachgebieten) begegnet.Wesentliche
Annäherungemethoden waren die nochmalige bewußte Koppelung von Raum und Zeit auf einer
Gefühlsebene, die letzlich das Individuum in den globalen, vernetzten Raum zurückführt.
Wurde in der Anfangseuphorie des Internet (www) vorwiegend
die Öffentlichkeit des Netzes, die ubiquitäre Globalisierung euphorisiert,
so musste zugleich auch festgestellt werden, dass zur res publica kein Gegenpol als res
privata gesetzt wurde. Im Zuge der Pluralisierung von Welten kam es bedingt durch
die Chips-Halbleiterelektonik wieder zu einer Individualisierung. Dies beschreibt
einen grundlegenden Wandel seit Mitte der achtziger Jahre: der Schritt geht von der
Exkarnation , dem Auslagern von Innerem nach außen, zur Re-Inkarnation. Dabei haben sich
die Beziehungen zwischen Individuen und Kollektiv verändert.
Im Bett mit Kant zu liegen, kann eine solche
Beziehung visualisieren, es ist eine kleine Utopie, oder mit Lyotard
gesprochen: eine Mikrologie. Die Große Erzählung der Aufklärung wird privatisiert,
bleibt aber dennoch durch die Diskussion via Net beobachtbar.
Die pluralistische Welt kennt keine metaphysische
Einheit mehr, kein Streben nach Prinzipien und Transzendenz. Die Gesellschaft definiert
sich nicht als politisches Gemeinwesen; sie existiert als eine große kybernetische
Maschine. (Arno Bammé) In der Kombination mit der Ortsende von Ortlos-Tafel wird
das kantianische Bett, (ein Regelwerk) in ein unendliches Nichts/Alles projiziert, und
spiegelt so die Struktur von technischen Bildern (gemäß Flusser) wider: i.e. technische
Bilder gehen aus Texten hervor und sind aus dimensionslosen, weder faßbaren noch
vorstellbaren Punktelementen zusammengesetzte Mosaike, die im Modus der Möglichkeitsform
leben.
Die Dialektiken zw. Sein Nicht/Sein, öffentlich
privat, Bild Text, Grenze Freiraum werden zum Paradoxon erklärt, die
sich im kantianischen Bett, als möglichen meditativen Ort, potenzieren können. Als eine
zunächst ausgelagerte Intimität unterliegt das Bett einer permanenten
Positionsveränderung zwischen privat und global, das letzlich durch das Visier des nicht
zu bestimmenden Ortsende von Ortlos, einer transit-ZONE, beobachtet werden
muss.
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