intro #2: martin krusche

„Gebettet“
(Das Eingehen des Körpers in die Projektion)
art under net conditions: eine „Kant-Station“ von Martin Krusche und Jörg Vogeltanz

Daß wir sind. Wodurch? Descartes hatte uns in ein Kräftespiel erheblicher Konsequenzen gewiesen, als er dem Denken einen derart hohen Rang beimaß, daß der Leib dabei in einen Schatten fiel, in ein Zwielicht, unter dem seither viele Ungeheuerlichkeiten zu verbergen waren.

Was wären wir ohne den Leib? Und vor allem: wo wären wir? Leibliche Anwesenheit ist eine politische Kategorie, die bisher auch von EDV-gestützter Telepräsenz nicht suspendiert wurde.

Kant warf dem Denken Kriterien zu, die nahelegten, den Rang des Geistes und das Zwielicht über dem Leib neu zu ordnen. Heute wissen wir, wie sehr das Fleisch am Kognitionsgeschäft beteiligt ist. Die Folgen des Descartes für unsere Leiblichkeit sind aber noch längst nicht hinreichend bearbeitet.

Kant. Aufklärung. Resistance. In welche Projektionen findet sich der Leib gebettet?

Ich übertrage verschiedene Motive aus diesen Zusammenhängen auf die Ereignisorte eines mehrjährigen Prozesses: „the long distance howl“. Dieses Netzkulturprojekt entfaltet sich in Progress auf verschiedenen Ebenen des analogen und des virtuellen Raumes. Ich beziehe regelmäßig andere Menschen in diese Verläufe ein. Auf diesem „CyberTrail“ wechseln Telepräsenz und reale soziale Begegnung einander ab.

Nach mehreren „Kant-Momenten“ habe ich das „Symposion im fahrenden Zug“ initiiert, an dem Dagmar Eberhardt, Stefan Lutschinger, Ivan Redi und Jörg Vogeltanz teilnahmen. Was in der Folge zu den Grundlagen dieser Station beim „ncc“ führte. Durch eine Debatte über „Die Erotik Kants“.

Die nächsten Schritte im Wechsespiel unter den Aktiven dieser Linie ... Mein Beitrag zur Station im „Dom im Berg“ kombiniert drei Motive, die miteinander in Korrespondenz stehn:

a) Das duftende Bett [LINK]
b) Das eiserne Bettgestell [LINK]
c) Das Erdloch [LINK]

Das duftende Bett, wie es die Körper zweier Liebender aufnehmen mag, einen vergnügt Schlafenden, eine Frau die gebären wird ... Das eiserne Bettgestell, wie man es in den Kellern der SS und in den Folterzimmern der Roten Khmer finden konnte, wie es noch heute in abgelegen Räumen an Stromleitungen geknüpft und mit Wasser übergossen wird ... Das Erdloch, da die flüchtig Verscharrten und die ewig Ruhenden der gleichen Erde anvertraut sind ...

Für die Umsetzung der ersten zwei Motive hab ich den Graphic Novelist Jörg Vogeltanz gewonnen. Das dritte Motiv grabe ich, als kleine Referenz an Chris Burdens „Honest Labor“ (1979), im realen Boden an einer Stelle entlang des Trails.

Der für diese Arbeit angeschaffte Spaten wird als Artefakt in die Station im „Dom im Berg“ eingebracht. Die drei Motive werden (aus Bilddateien) von der Decke in wechselnder Abfolge auf ein weiß ausgestattetes Stück des Bodens projiziert.

Besuchende werden eingeladen, sich auf diese Projektion zu legen und fotografieren zu lassen.

Diese Station führt zu weiteren Kant-Situationen im Rahmen des „CyberTrail“ ...

Relevante Links:
+) Die Erotik Kants
+) Kant-Situation #1
+) Kant-Situation #2
+) Kant-Situation #3
+) Symposion im fahrenden Zug
+) the long distance howl

+) Chris Burden "Honest Labor"
+) Jörg Vogeltanz

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