Log #23 Was genau ist das eigentlich:
"bürgerlich"? Es ist auf jeden Fall nicht in zwei Sätzen darzulegen. Und es
handelt im Alltagsgebrauch oft viel weniger von einem bestimmten Status, mehr von einem
Verhältnis. Einer Beziehung verschiedener Personen oder Kreise zu einander.
Künstler Jörg Klauber hat dieses Thema als junger Mann
sehr intensiv abgearbeitet. An seinem Vater. Dem Lehrer und Mundartdichter Erwin Klauber.
(Man erkennt am Hintergrund, die informelle Gesprächsrunde zu "Next Code" hat
eine neue Station erreicht.)
Die künstlerische Arbeit des Vaters, quasi am Rande einer
soliden "bürgerlichen Existenz" entlang entfaltet, hat er damals als den
komfortablen Aufenthalt in einer "bürgerlichen Sänfte" bewertet. Später fand
er gute Gründe, seinen Blickwinkel nachzujustieren. Um einzubeziehen, daß dieser Mann
einen anstrengenden Weg, aus sehr bescheidenen Verhältnissen heraus, konsequent gegangen
war.
Wobei die ganze Familie damals beigesteuert hat, um eine
Ausbildung in Maribor zu finanzieren. Was während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
in der erfolgreichen Umsetzung ja bedeutete, über eine individuelle Bildungsanstrengung
der allgemeinen und permanenten Bedrohung durch Armut verläßlich zu entkommen. (Ein
enormes Ziel.)
Vielleicht wird in unseren Erörterungen ein wenig
deutlicher, was mit "bürgerlich" gemeint sein mag, wenn man beginnt,
Eigenschaften zu prüfen, die damit in Verbindung gebracht werden ...
Cut!
Ästhetik. Gilt allgemein als Befassung mit dem, was
"das Schöne" sei. Allerdings bedeutet das griechische "aisthesis"
eigentlich "Wahrnehmung". Für den Alltag darf einem das ja genügen: Schönes
wahrzunehmen. Was einem durch Zufall zukommen kann. Nicht bloß im Sinn glamouröser
Vorfälle.
Die Sperrmüll-Sammlung dieser Tage hat an den
Wegesrändern erstaunliche Schutthäufen entstehen lassen. Wobei sich zwischendurch
verblüffende Ensembles finden. Wie dieses:
[GROSSE ANSICHT]
Betrachtet man es näher, erstaunt sowohl die
Zusammenstellung der Dinge, deren Farben, die Kombination der Materialien, als auch die
Anordnung. Die zwar gewiß ganz zufälliger Natur ist, aber zugleich als Komposition
funktioniert.
Falls Sie meinen, dies sei eine müßige Art, die Welt zu
betrachten, unterschätzen Sie unsere Sinne, denen die Augen wie Jäger sind. Dahinter
pulsiert diese menschliche Eigenart, ständig mit "Sinnstiftung" befaßt zu
sein. Als Künstler ist man damit auf sehr konzentrierte Art beschäftigt. Aber jeder
Mensch hat damit alltäglich zu tun. Das wird leicht übersehn ...
Cut!
Wenig salonfähig. Aber sehr populär. Ist die Verknüpfung
oben berührter Fragestellungen (Ästhetik / Was das Schöne sei ...) mit dem Thema
"Automobil". Dabei ist Gleisdorf mit seiner Umgebung fast wie ein
Freilichtmuseum, in dem man ein dreiviertel Jahrhundert Automobilgeschichte vorfinden
kann. Auf jeden Fall über 70 Jahre Design- und Technologiegeschichte.
In der selben Gasse, die mir das oben gezeigte Gerümpel-Stilleben
geboten hatte, war ich wenige Augenblicke darauf zu langsam und zu schusselig, um diesen
rasanten Lamborghini Gallardo ordentlich zu erwischen. Die Fahrzeuge lassen sich
natürlich im Stehen besser drankriegen.
[GROSSE ANSICHT]
Wie dieser fulminante Ford Model A (samt
FPÖ-Vizebürgermeister). Der Wagen ist etwa Baujahr 1930. Die Stadt bieten den wachen
Augen also allerhand Kuriositäten. Die uns zwar flüchtig erscheinen, in Summe aber eine
darstellbare Geschichte repräsentieren. (Ja, ich bin ein Automobil-Paparazzo, ich jage
sie.)
Cut!
Südosteuropäische Kunst-Crew auf Kurzbesuch in Gleisdorf
... Auf dem Foto: Mihael
Milunovic und Irena Kelecevic:
Außerdem die Kunsthistorikerin Ksenija Marinkovic und der
Künstler Miodrag Krkobabic. Wir
beginnen gerad, kleine Themen-Akzente zu setzen, um in das kommende Jahr hinein das
prozeßhafte Arbeiten auf einigen Umsetzungspunkten zu haben ... in einer Verbindung quer
durch Europa: Beograd, Graz, Wien, Paris ... Gleisdorf einbezogen.
Siehe dazu: [Moment #11]
[Moment #12]
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