Log #18

Eine meiner Lieblingsthesen besagt, daß man durch Medienanwendung Realität erzeugt. Was erstens meint, daß "Realität" eine kulturelle Leistung ist. Etwas von Menschen Gemachtes. Zweitens meint es, daß man durch den Einsatz von Medien jene "Erweiterung des Menschen" erreicht, durch die hauptsächlich möglich wird, was wir unter "Öffentlichkeit" zu verstehen gewohnt sind. Das hat kulturell und politisch große Bedeutung.

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Monika Bertsch, die man für eine sehr fröhliche Person halten darf, was sich nicht bloß in diesem Outfit vom letzten Dienstag im Februar ausdrückt, ist Journalistin. Zuständig für die "Gleisdorfer Woche". Sie verwaltet also ein Stück dieser Öffentlichkeit, von der man feststellen muß: Was in den Medien nicht vorkommt, ist gewissermaßen nicht existent.

Es existiert natürlich dennoch. Aber was als von den Medien vermittelt wahrgenommen wird, hat sozusagen einen ganz anderen "Realitäts-Rang". Weshalb es ja auch interessant ist, in welchen Rollen man den honorigen Gleisdorfer Citymanager Wolfgang Lidl erleben kann. Daß er im traditionellen Zentrum Gleisdorfs ausgerechnet als "Exekutivorgan" auftritt, ist natürlich für ein Schmunzeln gut. Wie angedeutet: Realität ist Konstruktion.

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Anders ausgedrückt: wir inszenieren Realität. Mal im Spaß, mal im Ernst ... Meine Lieblingsbeute von jenem Gleisdorf-Rundgang am Faschingsdienstag illustriert das Thema noch markanter. Wie knapp verschiedene Inszenierungs-Aspekte von Realität bei einander liegen können.

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Wenn man etwa weiß, daß die Faschingsvariante neben dem diensttuenden Polizisten ein pensionierter Polizist ist. Was vor allem bedeutet: hinter dem, was sichtbar ist, liegen stets Zusammenhänge, die uns überraschen können. Genau das ist übrigens, verkürzt ausgedrückt, das Wesen des griechischen Dramas. Wir sind mit diesen Umständen also seit über zweitausend Jahren vertraut und intensiv befaßt.

Cut!

Horst Hönig, Architekt und einer der Geschäftsführer von "ingenos", verschafft mir gerade Gelegenheit, einiges über seine Profession herauszufinden. Das einem als Außenstehender üblicherweise verborgen bleibt. Was sich quasi im "Bauch des Planungsgeschäftes" so tun kann.

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Wir sind ja so sehr gewohnt, gestalteten, strukturierten Raum vorzufinden, zu bewohnen, zu beleben. Nur wenige sehen sich mal an: wie kommt es dazu? Was vollzieht sich, BEVOR solche Konzepte umgesetzt wurden? Dabei ist mir, für den größeren denkbaren raum, ein sehr anregender Satz von Hönig hängen geblieben:

"Eine Region braucht Wurzeln und Flügel, um in der Globalisierung der Kultur und der Wirtschaft Europas zu bestehen."

Was mich auch daran denken läßt: Globalisierung, das handelt ganz eminent von Fragen nach Exklusion und Inklusion. Also: wer ist drinnen, wer ist draußen? Wer gehört dazu, wer nicht? Das knüpft an die oben erwähnte "Realitätskonstruktion durch Medienanwendung". Es berührt Fragen des Kulturellen, seiner Vermittlung, also Fragen nach Kommunikation und Medienzugängen.

Cut!

Dazu noch eine kleine Schnurre. Ich hatte mich dieser Tage mit Georg Kurtz über das Thema Medienpräsenz unterhalten wollen. Doch wenn man mit einem Arzt verabredet ist, passiert es eben leicht, daß jemand in Not gerät, schon ist man seine Verabredung los. Denn ein Plauderstündchen bei Kaffee schafft selbstverständlich nicht jenes Prioritätenlevel, das ein leidender Mensch ansatzlos hat.

Aber Kurtz entschädigte mich mit einer kleinen Episode, die einen allerhand über die "Conditio humana" erahnen läßt:

Nette Dame sitzt bei mir im Sprechzimmer, das Gespräch entwickelt sich, irgendwann besprechen wir auch die familiäre Situation, plötzlich fragt die Patientin, ob ich ihrem Mann nicht zu einer Kur verhelfen könne, er wäre auch noch nie gewesen. Ich schau seine Kartei durch und stelle fest, dass er eigentlich genug Diagnosen und Beschwerden aufwies, die einen Antrag rechtfertigen könnten, worauf die Frau nachsetzte: "Mei, geht des wirkli?, möglichst glei, möglichst lang und möglichst weit weg?"

Baff! 1:0 für die Patientin!


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10•06