Log #9 Wenn in
der Stadtapotheke
Weihnachtspunsch kreiert wird, geht das mit einer Art von Professionalität zu, die mir
völlig neu erschien. Hier waren gerade mehrere Sorten in Arbeit. Als Nachbar hatte ich
den Vorzug, zu einer ersten Verkostung in jenen Raum geladen zu werden, den Kunden für
gewöhnlich nicht betreten. Hausherr Richard Mayr erwies sich als normative Instanz bei
den Geschmacksfragen.
Die Einladung zu einer weiteren Testserie mußte ich
ausschlagen, weil ich noch Arbeit vor mir hatte und die vorliegenden Proben mich ahnen
ließen, ich würde die Treppe in den ersten Stock nicht mehr schaffen, wenn ich dabei
bliebe.
Ich erfuhr, daß die Punsch-Geschichte zur Ausschank im
begehbaren Christbaum im Stadtzentrum gedacht sei. Worunter ich mir nichts vorstellen
konnte. Anderntags sah ich, was gemeint war:
In diesem Stadium hat mich der Bau verblüfft. Das Motiv
ähnelt zwar nicht in den Details, doch im Gesamteindruck einem der berühmtesten Türme
der abendländischen Kunstgeschichte. Jenem Turm zu Babel, den Pieter Bruegel der Ältere
im 16. Jahrhundert gemalt und dabei den technischen Status quo seiner Zeit und seines
Lebensraumes gezeigt hatte.
Daran interessieren mich weniger die biblischen, vielmehr
die sozialgeschichtlichen Aspekte. Bruegel lebte in Antwerpen, das damals Antorff hieß.
Die Stadt erfuhr zu der Zeit einen enormen Boom. Sie soll damals "ob die dreizehen
tausend unnd fünffhundert Häuser" gehabt haben, war somit "unter die völlste
Stätt Europa" einzureihen. Was mit der blühenden Seefahrt und dem aufstrebenden
Welthandel zusammenhing. Antwerpen wurde zur führenden Handelsmetropole Europas.
Warum ich das erzähle? Weil es ein wuchtiges Beispiel
dafür ist, was unsere Vorstellungen von einer europäischen Stadt geprägt hat. Ein
Europa, das damals, gestützt auf kühne Kapitäne und fähige Navigatoren, begonnen
hatte, sich die Welt unter den Nagel zu reißen.
Wenn sich solche Prozesse in den Städten abbilden, was
also bedeutet es für uns, wenn nun China erwacht und Indien sich räkelt?
Cut!
Ich hatte gehofft, das Medienkunst-Duo "machfeld", Sabine Maier und
Michael Mastrototaro, für das kommende Herbstprojekt in Gleisdorf interessieren zu
können. Hat geklappt.
"... (wir schneiden gerade unsere guatemala -
dokumentationen ... hechel...!) und....... wir finden darin liegt ein sehr spannendes
feld, welches wir gerne mit multimedialen, interaktiven inhalten füllen möchten."
Da wird es um EDV-gestützte Arbeiten gehen, in die
Passanten eingreifen können. Eine sehr spannende Option ...
Cut!
Ich habe gehört, Raumplaner würden amüsiert erzählen,
man könne vom Flugzeug aus genau erkennen, wo Bayern endet und Österreich beginnt.
Österreich sei erschreckend zersiedelt, weil der noble Wunsch nach dem Eigenheim auf der
eigenen Parzelle hier viel leichter in Erfüllung gehe als sonst wo. Das verändert
natürlich auch die Situation in den Städten radikal.
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