naechste horizonte: blatt #13

Mirjana Selakov

Im Jänner 1969 stand er in Dover. Im Hafen war windig, feucht. Wie immer um die Jahreszeit auf der Insel. Er wartete.

Im Mai 1949 hatte er sein Land verlassen müssen. War politisch unliebsam gewesen. „Schau daß du innnerhalb der nächsten 24 Stunden weg bist. Sonst hast du nicht viele Chancen hier. Verstanden?“ Seit dem war er da und dort gelandet. Überall. Und dann doch hier auf der Insel. Hatte den nötigen Abstand gefunden.

Die Kinder waren gerade drei und sechs Jahre alt gewesen. Es hatte sich keine Alternative gezeigt. Oder doch? Sein älterer Sohn hat ihm nie geglaubt. Hatte das nie gebilligt. Um dann doch die Kleine, die Enkelin, zu ihm zu schicken? Deshalb? Konnte der Sohn selbst wirklich nicht kommen?

Er sah sie, das kleine Wesen mit großen braunen Augen, das er schon von irgendwo kannte. Alle diese Jahre gingen ihm durch Kopf. Die Söhne, die Frau -- ihre zwanzig Jahre Ausreiseverbot. Und er, der später nie zurück wollte.

Die Kleine lief zu ihm, irgendwie wußte sie, daß er wegen ihr da war. Seine Frau kam hinter der Kleinen. Er wußte nicht wie und was und warum. Dann sagte das Mädchen zu ihm: „Stell dir vor, ich habe zu Hause eine Kaffeetasse zerbrochen und niemand war böse.“

Es war windig und feucht, wie immer um die Jahreszeit auf der Insel. Gut so. Seine Augen trockneten schneller.


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