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(Bauernleben, Österreich, Steiermark, Bezirk Weiz, Gleisdorf) Portrait: Maria Friedl /
Bäuerin Wer das Landleben für idyllisch hält, hat keine Ahnung vom Lauf der Dinge. Maria Friedl war Bäuerin, lebte in einer Keuschn, die haben wir mit Taschengeld gebaut. Wie die Schwalben. Immer was dazu. Heute lebt sie in einer kleinen Stadtwohnung: Ich hätte mir nie träumen lassen, daß es mir einmal so gut geht wie jetzt. Friedl war eines von sechs Kindern, der Vater ist eingerückt gewesen, die Mutter hat es nicht leicht gehabt. Sie sagt: Man ist zur Arbeit geboren, läßt keinen Zweifel, daß Pflicht und Mühe ihr Leben bestimmt haben. Freizeit hat man nicht gekannt. Keineswegs ein Einzelschicksal: Das war so. Maria Friedls Lebenserfahrung: Und: Ich hab zum Kranksein keine Zeit gehabt. Denn sie hatte selbst acht Kinder. Das war den ganzen Tag ein Kommen und Gehen. Zusätzliche Arbeit bei Bauern brachte kein Geld, sondern nur Essen. Man darf das Leben auf dem Lande ja nicht mit Urlaub auf dem Bauernhof verwechseln. Ich hab meine erste Waschmaschine nach 25 Jahren zur Silbernen Hochzeit bekommen. Sie lacht: Eh von den Kindern. Wenn in der Familie jemand krank war, bin ich eingesprungen. Sie schüttelt beim Erinnern den Kopf. Ich hab keine Ahnung, wie ich das geschafft hab. Friedl blickt heute auf 22 Enkelkinder. Sie ist zwar Teil einer großen Familie und hält guten Kontakt zu ihren Leuten. Das ist aber keine Großfamilie. Sie wüßte auch nicht, wo es die Regel gewesen sei, daß mehrere Generationen unter einem Dach lebten. Das hält sie eher für die Ausnahme. Rückblickend meint Friedl: Die Bauern im Vollerwerb waren schon familiärer. Da ist Leben und Arbeiten beieinander gewesen. Im Nebenerwerb ist einer die ganze Woche weg und wenn er heimkommt, geht er aus. Ändern sich die Arbeitsbedingungen, dann ändern sich eben auch die Lebensbedingungen. [Andere Portraits] [Martin Krusche: Home] |