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[52•03]

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Gleisdorfer Stadtjournal:  "Stimmen" #25

Hannelore Pircher
Von Martin Krusche

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Die Gleisdorfer Stadtbücherei ist mit diesem Namen untrennbar verbunden. Das Leben der gebürtigen Grazerin war schon früh mit Büchern verknüpft. Ihre Eltern hatten sie bei einer Gewerkschaftsbücherei eingeschrieben. Man suchte sich damals alles aus Karteikästen aus. „Die Handbücherei hatte es da noch nicht gegeben.“ Pircher sagt: „Ich was als Kind mit Büchern wahnsinnig glücklich.“ Eine Haltung, die ihr geblieben ist. Dabei zeigt sie sich völlig frei von gängigen Bildungsdünkeln. Die Unterhaltungsliteratur hat ihren Bestand neben anspruchsvolleren Werken und Sachbüchern. „Es ist doch egal was man liest, wenn man weiß was man liest.“ Das ist eine äußerst präzise bildungspolitische Annahme, die wachsende Kenntnis, Vergnügen und individuelle Schwerpunktsetzungen beisammen sein läßt.

Die Stadtbücherei besteht nun seit 30 Jahren. Sie wurzelt in einer kleinen Pfarrbücherei und dem Anliegen der Stadt, eine solide kulturelle Einrichtung zu etablieren. Anfang der Siebzigerjahre wurden Bibliotheken quer durchs Land von unbezahlten Kräften betreut. Die Steiermark erwies sich als österreichischer Vorreiter im Aufbau eines Büchereiwesens, in dem das Ehrenamt durch gut ausgebildete, bezahlte Kräfte verstärkt wurde.

Das war dann Pirchers Weg. Kompetenzgewinn durch Professionalisierung. Der Aufbau eines interessanten Angebotes durch qualitativen Ankauf. In den Anfängen noch durch eine „Wanderbibliothek“ des Landes Steiermark ergänzt, aus der man spezielle Buchwünsche abdecken konnte. Pircher erzählt, es gebe trotz des ständig wachsenden Angebotes auf dem Buchmarkt Werke, die über Generationen hinweg attraktiv bleiben. Sie weiß, daß sich das „Medium Buch“ letztlich neben jeder Neuerung behaupten konnte. Weder Comic-Hefte noch TV und Video schwächten diese Position. Auch Computer und Internet nicht. Seit Ende der 80er-Jahre bietet die Stadtbücherei zusätzlich Gesellschaftsspiele an, die gegenwärtig wieder wachsenden Anklang finden. Pircher: „Das war schon damals ein guter Weg, daß man auch Buben interessieren konnte, die man sonst vielleicht verloren hätte.“ Anforderungen ändern sich ständig. War Ende der 70er einer zeitgenössischen österreichischen Literatur zur Akzeptanz zu verhelfen, so hat inzwischen das „Hörbuch“, also Gelesenes auf Tonträgern, ein vor allem junges Publikum gewonnen, das speziell klassische Literaturen und Lyrik auf diesem Weg schätzt.

Assoziationen. Verbindungen zum Alltagsleben, aber auch zu Phantasiewelten. „Das Buch bietet sehr viele Möglichkeiten, läßt Raum für weiterführendes Tun.“ Die Bibliothekarin ist überzeugt, dieses Kulturgut sei auf ganz konkurrenzlose Art Anlaß und Gelegenheit für reale soziale Begegnungen. „Es bietet Anknüpfungspunkte zu so vielen Lebenslagen.“ Und: „Wenn man ein Buch liest, beschäftigt man sich immer auch sehr intensiv mit sich selbst.“ Was günstige Konsequenzen für ein Leben in Gemeinschaft hat.

Nach Pirchers Einschätzung ist das Buch auf wohltuende Art weitgehend geschützt, für konsumorientierte Unarten vereinnahmt zu werden. Denn ganz allgemein könne man ja mit dem Lesen niemanden beeindrucken, man schmücke sich nicht mit Büchern. Hier liegen also andere Gewichtungen nahe. Dieser Orientierung auf Inhalte gibt Pircher optimistische Perspektiven: „Wenn die Schnellebigkeit nicht zur Oberflächlichkeit wird, muß man sich um die Zukunft des Büchereiwesens keine Sorgen machen.“



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