Gleisdorfer |
Features |
Gleisdorfer Stadtjournal: "Stimmen" #22 Gertraud Monsberger Muße. Freizeit. In wohltuenden Räumen. In nobler Distanz zum Arbeitsalltag. Das war ursprünglich der Aristokratie vorbehalten. Wir alle haben Fantasien von herrschaftlichen Gärten. In der Mythologie erscheint das Paradies ... als Garten. Wir ahnen also, was daran anziehend ist. Es biete sich nicht nur dem Schauen und dem Riechen. Man kann einen schönen Garten spüren. Und hören. Gertraud Monsberger, eine versierte Gartenarchitektin, stammt von einem Bergbauernhof. Sie wuchs damit auf, daß die Üppigkeit der Natur und pflegender Zugriff des Menschen besondere Verbindungen eingehen können. Für die agrarische Welt bedeutet das: Ohne die Bauern hätten wir nur eine Bewaldung. Landschaft ist aber ein anderes Thema. Im privaten Bereich waren ursprünglich die Nutzgärten dominierend. Gemüse macht viel Arbeit. Das liegt heute nicht jedem. Vor allem, wenn man sich nach der Arbeit erholen möchte. Praktischen Nutzen zieht man da vielleicht gerade noch aus einem Kräutergärtlein. Die gebürtige Kärntnerin hat Garten- und Landschaftsplanung an der HTL gelernt, ging ins Projektmanagement. Sie war für große Gartenausstellungen tätig, kam über Wien, die Schweiz und Oberösterreich schließlich nach Graz, um nun in Gleisdorf seßhaft zu sein. Wo man sich rund um ihr Haus schon einen Eindruck verschaffen kann, wovon die Rede ist. Es ist nicht so, daß man was hinstellt und das bleibt dann so. Die lebhafte Materie ändert sich ja praktisch wöchentlich, nicht bloß im Wechsel der vier Jahreszeiten. Man weiß nie genau, was auf einen zukommt, wie sich was entwickelt. Es gebe immer Faktoren, die sich nicht kontrollieren ließen. Kontrolle. Komplexitätsreduktion. Hecken und Zäune. Die Steiermark ist das Land der Hecken. sagt die leidenschaftlich Weltreisende augenzwinkernd. Es liegt eben ein qualitativer Unterschied zwischen schlicht und simpel. Es liegt Berauschendes im Üppigen. Es ist ihr Job, solche Möglichkeiten in Harmonie zueinander zu bringen. Monsberger: Österreich hat verlernt, Gärten zu bauen. Es gab noch eine Blüte der Jugendstilgärten. Mit dem Ersten Weltkrieg verschwindet das dann. Seit etwa zehn Jahren entwickelt sich wieder was. Oberösterreich führt da sicher. Die Steiermark, obwohl ein Architekturland, hinke bezüglich Gartenkultur hinterher. Die kleine Tradition der Blumenschmuckwettbewerbe, bei denen überladene Balkone zählen, Fülle des Zierrates, Masse als Leistungsergebnis, das hält Monsberger für wenig anregend. Der Garten als Ort von Gastfreundschaft und als Quelle der Regeneration, die sich aus funktionalen und ästhetischen Qualitäten schöpft, da geht es heute voran. Im Privaten. Mit seinen eigenen Kriterien. Im öffentlichen Raum, Monsberger wirkt an der Grünplanung der Gleisdorfer Innenstadt mit, gilt: Das ist eine ganz andere Kategorie. Zugleich Wirtschaftsraum, Wohnraum und Erholungsraum. Da ist die Interessensabstimmung ein sehr aufwendiger Prozeß. Freilich wollen bei privaten Gärten auch alle im Haushalt Lebenden mitreden. Und aus ihrer Praxis weiß die Planerin: Frauen wollen meist einen anderen Entwurf sehen als die Männer. Dabei fordert ihre Arbeit gelegentlich auch Sensibilität für Beziehungsfragen. Der Garten ist offenbar nichts für kühlen Pragmatismus. Emotionen statt Technik, sagt Monsberger. Sie habe gewissermaßen aus beruflichen Gründen Emotionen umzusetzen. Bezugnehmend auf den verstorbenen Dieter Kienast versteht sie den Garten als jenen Luxus, der vereint, was heute kostbar sei: Zeit, Zuwendung und Raum. |
|
|