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[18•02]

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Gleisdorfer Stadtjournal: "Spuren" #17

Walter Perl
Von Martin Krusche

Der 75. Geburtstag ist eine beachtliche Markierung in einem Lebensbogen. Darin hat, neben all den persönlichen Dingen, auch ein erhebliches Stück Zeitgeschichte Gleisdorfs Platz. Walter Perl war das jüngste von drei Geschwistern. Mit gutem Geschäftssinn ausgestattet. Sein Bruder Otmar galt als der Tüftler und Mechaniker. Was heute einer der markantesten Betriebe im Stadtbild ist, begann in der Bürgergasse im Jahre 1907. Franz Perl hatte einen Handel mit Metallwaren eingeführt. Es wurde ein Spenglereibetrieb daraus. Mit einigen Besonderheiten. Da Obstbau in der Region eine tragende Rolle spielt, ist dies der Entstehungsort jener „Perl-Spritze“, die als tragbares Gerät zur Schädlingsbekämpfung später weltweit nachgefragt wurde. Und bis heute noch für gelegentliche Bestellungen sorgt.

Der Firmengründer hatte sich auch andere Patente gesichert. Etwa für eine „Süßmostglocke“ aus Aluminium. Zum Pasteurisieren dieses Getränks. Technische Innovation hat in Gleisdorf also einige Tradition.

Walter Perl gilt seit jeher als Mann, der keine großen Worte macht. „Wenn etwas gemacht werden muß, erledigt er das“, sind sich seine Söhne Robert und Walter einig. Sie halten ihn nach wie vor für jemanden, der spontane Problemlösungen einem breiten Weg der Sicherheit vorzieht. Ein wißbegieriger Mensch.

Die Arbeit in der Rohstoffknappheit zum Ende des Zweiten Weltkriegs habe ihm Spaß gemacht. Ein Leben ständiger Herausforderungen. Sein Faible für das Verwerten von Buntmetallen sei ihm bis heute geblieben. Wie jene alte Drehbank, die nach wie vor in der Firma stünde. Die habe er bei Kriegsende im Wald versteckt, damit sie von niemandem davongeschleppt würde. Damals kristallisierte sich eine neuer Geschäftsschwerpunkt heraus, der in einer Redensart überliefert ist: „Brauchst ein Röhrl, gehst zum Perl.“

Viele Häuser der Umgebung waren bis zum Zweiten Weltkrieg noch nicht elektrifiziert. Wasserleitungen mußten erst eingeleitet werden. Mit diesen Modernisierungsschritten stieg der Bedarf an neuen Heizungen. Walter setze diesen Strukturwandel unternehmerisch um. Das war praktisch sein Auftakt als Geschäftsmann.

1970 hatte er ein neues Haus gebaut, dem Betrieb einen passenden Rahmen gegeben. Ohne große Vorgeschichte und Planung. „Es fällt ihm was ein, das macht er.“ So kam es auch auf anderen Gebieten. Zum Beispiel Perl, der Feuerwehrmann: „Sieben Leute sagen: geh da bloß nicht mehr hinein. Also geht er rein.“ Perl richtet sich vorzugsweise nach der eigenen Einschätzung.

Der leidenschaftliche Reisende kannte, so heißt es, nur die Arbeit, rechnete nicht die Stunden, nur die Ergebnisse. Dazu engagierte er sich im Gleisdorfer Gemeinderat, bei den Feistritzwerken und im Wirtschaftsbund. Dem „Zweckbau“ in Gleisdorf stellte Perl schließlich ein Haus in Ludersdorf gegenüber, das er als „Treffpunk der Familie“ verstand.

Mitte der 80er-Jahre hatte sich Sohn Harald bewegen lassen heimzukehren, sich in den Betrieb einzubringen. Die zweite Hälfte der 80er war eine Zeit des Umbruchs. Der Neuorientierungen. Gleich seinem Vater übernahm Harald schließlich als jüngstes der Geschwister die Firma. Da waren Weichen neu gestellt. Das führte 1997 zur Eröffnung des „Perl-Centers“, wie man es heute vorfindet. Robert und Walter übereinstimmend: „Das war nicht mehr die Welt unseres Vaters. Heute zählt vor allem der Preis. Die alten Bindungen sind weitgehend bedeutungslos.“ Und über den Jubilar sagen sie: „Er redet nie lang. Er geht’s lieber an.“



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