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Gleisdorfer Stadtjournal: "Stimmen" #20 Nestor Loridas Der Nachbar kann einem fremder sein, als ein Mensch aus weiter Ferne. Das ist eine Frage des Umgangs miteinander. Dennoch ahnen wir alle, daß andere Kulturen eines Menschen Mentalität prägen, so daß daraus sehr spannende Kontraste entstehen können. In der Begegnung. Was bei uns als Phantasie vom Süden gilt, war in den frühen Jahren von Nestor Loridas alltägliche Lebensrealität. Er ist am Meer aufgewachsen. Im Dorf Pigadion, am Pelion, unweit der Stadt Volos. Daß er heute in Gleisdorf ein griechisches Lokal führt, geht auf eine Herzensgeschichte zurück. Loridas hatte in Pigadion eine Österreicherin kennen gelernt und schließlich geheiratet. Ein Leben im Kontrast? Ja und nein. Der Wirt sagt, er könne in jedem Klima gedeihen. Aber er hat seine Eigenheiten, die er auch hier pflegen will. Sein Betrieb im alten Zentrum der Stadt hat sehr überschaubare Größe. Von Expansion hält der Grieche nichts. Viele Wirte denken an ein zweites Lokal. Oder sogar mehrere Restaurants. Bei uns sagt man, ein großes Schiff braucht einen sehr erfahrenen Kapitän. Mehr Fläche, mehr Personal, mehr Streß. So wäre das. Streß schätzt Loridas nicht. Seine Lebensweise hat einen anderen Takt. Er hatte in seiner Heimat mit 14 Jahren bei einer Baufirma zu arbeiten begonnen. Später war er als LKW-Fahrer unterwegs gewesen. Um sich ein kleines Lokal in seinem Dorf zu erwirtschaften. Dort holte er sich ab 1987 die Kompetenzen, auf die er sich heute stützt. Meine Mutter hat gekocht. Ich hab ihr dabei sehr genau zugeschaut. Von ihr hab ich viel gelernt. Loridas zog nie in eine große Stadt. Sei es in Griechenland, sei es in Österreich. Er will den Menschen auf der Straße in vertrauter Weise begegnen können. Wie er es aus seinem Dorf kennt. Ohne ein Guten Morgen! und Wie gehts? fühle ich mich nicht wohl. Das gefällt ihm an Gleisdorf, an dem er auch das Städtische schätzt. Es hat für ihn die richtige Dimension. Eine große Stadt, das heißt immer: mehr Streß. In Griechenland ist er heute bloß noch auf Urlaub. Aber: Das Meer geht mir nicht ab. Er war etwa bis zu seinem 26. Lebensjahr ohnehin fast jeden Tag bei Badewetter im Wasser. Das genügt, sagt er und lacht. Anderes hat er sich bewahrt. Wer die Kultur des Kaffeetrinkens auf griechischen Dorfplätzen kennt, wird seine diesbezügliche Leidenschaft verstehen. Loridas: Hier läuft alles nach Plan. Mit Terminen. Einkaufen, Kaffee trinken, schnell, schnell! Kaffe muß man doch genießen. Es kommen Leute dazu, man redet, man geht nicht nach Hause. Diese entspannte Haltung mag seiner Mentalität entspringen. Er leitet sie aber auch aus Erfahrungen ab. Ich hab ja früher einen großen Plan gehabt. Eineinhalb Jahre lang. Das war sehr anstrengend. Er sagt mit Augenzwinkern: Vielleicht lebe ich morgen nicht mehr. Wozu brauche ich dann einen Plan? Was kommt, kommt. Das mag hierzulande als ungewöhnliche Orientierung erscheinen. Und ist doch offenbar etwas völlig anderes als Schicksalsergebenheit. Es ist eine sehr eigenwillige Art, sein Geschäft zu betreiben und sein Leben zu leben. |
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