Gleisdorfer
Stadtjournal
[22•02]

Features
und Reportagen

Gleisdorfer Stadtjournal: "Stimmen" #14

Helmut F. Rosenberger
Von Martin Krusche

rberger.jpg (12567 Byte)

Einst hieß das Rauchen "Tabaktrinken". Kakao war nur wohlhabenden Menschen vorbehalten. Kaffee ebenso. Aber das ist längst Geschichte. Diese Genüsse sind bei uns allgemein verfügbar. Doch im Zeitenlauf ändern sich Bedürfnisse der Menschen ständig. Das Café als nobler Salon oder als das bessere Wohnzimmer? Nein. Die Idylle findet anderswo statt. Helmut Franz Rosenberger meint, die Menschen hätten merklich weniger Zeit für solche Vergnügungen. Das Tempo nehme ständig zu. Mit dem Standort Weizerstraße befindet sich sein Café "s’ Torterl" auf heiklem Terrain. Hier ist das Kräftespiel zwischen altem Stadtzentrum und neu belebter Peripherie besonders stark zu spüren. "Wir sind auf die Leute ohne Auto angewiesen. Für einen Kaffee zahlt ja keiner extra Parkgebühr."

Vor fast neun Jahren hat Rosenberger hier begonnen. Das bedeutet: "Ich verbring rund zwei Drittel meiner Zeit im Betrieb. Schlafen, Essen und ein bißl Freizeit machen den Rest aus." Zwischen 6:30 und 9:00 Uhr sei das Lokal in der Regel voll. "In der Früh werden die Neuigkeiten ausgetauscht." Gegen 11:00 Uhr ginge es wieder los. Keineswegs in Beschaulichkeit. Das gemütliche Kartenspiel sei weg. Die Gewohnheiten der Menschen verschieben sich. "Es wird laufend hektischer."

Die Standardbestellung lautet heute: "Schnell, einen Kaffee!" Schnell. Und das meint eine Vielfalt von Möglichkeiten. "Es gibt fünf bis zehn Varianten des Kleinen Braunen", sagt Rosenberger. Extrawünsche seien das Übliche. Aber man müsse auch in der Mittagszeit mit neuen Angeboten bestehen. Es gibt im Café längst ein Menü. Damit die Leute aus der Gasse hierbleiben, wie Rosenberger betont. "Früher haben uns die Gasthäuser Bereiche abgenommen, jetzt übernehemen wir was von ihrer Schiene."

Mütter mit Kleinkindern brauchen andere Angebote als Geschäftsleute oder Schüler. "Ich hab auch einen Getränkeautomaten vor der Tür. Die Jugendlichen dürfen da unseren Gastgarten benützen. Die müssen sich das ja leisten können." Es zählt nach wie vor der persönliche Kontakt. Der Cafetier ist hinter dem Tresen ... ansprechbar. "Die Leute kommen mit ihren Sorgen. Man ist wie der zweite Pfarrer."

Was zählt also in diesen Zeiten, an so einem Standort? Rosenberger: "Gleichbleibende Qualität." Zu Beginn sei stets Neugier auf was Neues festzustellen. "Die ist zuerst immer da. Das vergeht aber bald." Er erinnert sich an zwei Jahre intensiver und konsequenter Aufbauarbeit. "Man kriegt meistens keine zweite Chance, wenn die Qualität einmal nicht stimmt." Rosenberger spricht sich für kritische Kunden aus, die es einem auch sagen, wenn etwas nicht paßt. "Wir können nur korrigieren, wenn wir wissen, was nicht gut ist."

Qualität, das heißt heute auch: möglichst viel selbst machen, frisch zubereiten. Abgepackte Fertigware bringt kein Renommee. Außerdem muß man Trends folgen. Jugendliche bevorzugen immer wieder andere Mischgetränke. Wie zur Zeit etwa "Diesel", einen Mix aus Cola und Bier. Wer es also nicht über Masse macht, muß laufend den persönlichen Einsatz bringen. "Da braucht man natürlich auch den Rückhalt der Familie." Der Aufbau des Stammpublikums bleibt zentrales Anliegen. Deshalb hält Rosenberger auch am Platz fest. "Ich kann ja weder die Einrichtung noch meine Stammgäste einfach mitnehmen."

In der Innenstadt, das sagt er ungeschminkt, gehe es durchaus ums Überleben. Die Mieten seien enorm hoch. Gäste wollen eigentlich kaum auf ihr Auto verzichten. Dadurch sei das Parkplatzproblem ein ständiges Thema. Zugleich weiß Rosenberger: "Ich bräuchte etwas Platz, um für Kinder was machen zu können."



[Andere Portraits] [Martin Krusche: Home]
[core] [kontakt] [reset] [home]